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Mehr Lkw wegen neuer Kronospan-Pläne

Das beschäftigt nicht nur die Gemeindeverwaltung, sondern auch einen Mann, den man hier noch nie gesehen hat.

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© A. Hübschmann

Von Jörg Richter

Lampertswalde. Gemeinderatssitzung am Dienstagabend in Schönborn. Wieder mal nutzen einige Einwohner die Möglichkeit, dabei zu sein, um Fragen zu stellen. Zwei Stuhlreihen sind für sie reserviert. Doch in der hinteren Reihe sitzt ein großer, schlanker Mann, der allen unbekannt ist. Bernd Richter aus dem Gemeinderat fasst sich ein Herz, geht auf ihn zu und fragt ihn: „Und wer sind Sie?“

Der fremde Besucher antwortet, dass er sich für den Tagesordnungspunkt acht interessiere. Darin geht es um die Errichtung einer neuen Produktionsanlage für Grobspanplatten in der Firma Kronospan GmbH Lampertswalde. Doch nicht nur er ist enttäuscht, als wenig später Bürgermeister Wolfgang Hoffmann eben diesen Diskussionspunkt von der Tagesordnung nimmt. Hoffmanns Begründung: „… aufgrund der Fülle der Antragsunterlagen und einiger Dinge, die noch geklärt werden müssen.“

Eine Acht-Wochen-Frist

Der Unbekannte bleibt dennoch sitzen, hofft darauf, dass im Laufe der Gemeinderatssitzung das Gespräch noch einmal auf die neuen Kronospan-Pläne zurückkommt. Und tatsächlich: In einem späteren Tagesordnungspunkt erzählt der Bürgermeister davon, dass der Gemeinderat einen Beschluss zur neuen Kronospan-Produktionsanlage in der Sitzung am 26. April in Weißig fassen soll. „Wir haben Kronospan um eine Acht-Wochen-Frist gebeten“, sagt Hoffmann. Die Gemeinderäte sollen die Zeit erhalten, die umfangreichen Unterlagen einzusehen und sich über bestimmte Schwerpunkte Gedanken zu machen. Unter anderem fallen die Wörter „Verkehrslärm“ und „Immissionsschutz“.

Als der öffentliche Teil der Gemeinderatssitzung zu Ende ist, verlassen alle Besucher den Raum. Auch der fremde Mann. Draußen spricht die SZ ihn an, welches Interesse er direkt am Kronospan-Vorhaben hat. Er gibt sich als Betriebsleiter einer konkurrierenden Firma zu erkennen, ohne seinen Namen nennen zu wollen. Er habe davon erfahren, dass die Kronospan GmbH Lampertswalde eine Produktionsanlage für Grobspanplatten plane. Der Begriff „Grobspanplatte“ sei nicht ganz richtig, sagt er. In der holzverarbeitenden Industrie sei die Abkürzung OSB (Englisch: Oriented Strand Board) gebräuchlicher. OSB-Platten sind stabiler und feuchtigkeitsbeständiger als herkömmliche Spanplatten, werden auf dem Bau gebraucht.

OSB ist die Zukunft

„OSB ist die Zukunft“, sagt der Mann. SZ-Recherchen ergeben: Es handelt sich um den Betriebsleiter der Kronoply GmbH in Heiligengrabe, die zur „roten“ Swiss-Krono-Gruppe (Besitzer: der Österreicher Ernst Kaindl) gehört. Der Mann aus Heiligengrabe (Name ist der SZ bekannt) ist extra 220 Kilometer gefahren, um aus sicherer Quelle zu erfahren, ob der „blaue“ Kronospan-Konzern – Besitzer ist Ernst Kaindls Neffe Peter Kaindl – in Deutschland nun auch ins OSB-Geschäft einsteigt. Es sei lukrativ, habe jährliche Wachstumsraten von drei bis fünf Prozent.

Bisher gebe es nur drei deutsche OSB-Hersteller. In Europa insgesamt nur zehn. Wenn Kronospan Lampertswalde seine neue Produktionsanlage errichtet hat, wird der Markt neu aufgeteilt. Laut dem Internet-Lexikon Wikipedia wurden 2008 in Deutschland rund eine Million Kubikmeter OSB-Platten hergestellt. Alte Zahlen. „Denn unser Werk produziert schon alleine eine halbe Million pro Jahr“, sagt der Kronoply-Betriebsleiter. Er vermutet, dass für Lampertswalde eine ähnlich große Produktionsanlage wie in Heiligengrabe geplant ist. Wenn es so wäre, würden sicherlich 50 neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Maximal 100. Kronospan müsse auch kräftig investieren. Vermutlich im mittleren zweistelligen Millionen-Bereich. Allerdings steigt auch der Lkw-Verkehr. Der Konkurrent aus Heiligengrabe benötigt für seine OSB-Produktion rund 120 Lkw pro Tag.

Müssen auch die Lampertswalder und ihre Nachbarn, vor allem die an der B 98, mit mehr Lkw-Verkehr rechnen? Konkrete Angaben macht die Betriebsleitung des Lampertswalder Unternehmens auf mehrmalige SZ-Anfrage leider nicht. „Wir befinden uns erst mal im Genehmigungsverfahren. Alles andere müssen wir abwarten“, sagt Kronospan-Holding-Geschäftsführer Dr. Wolfgang Seifert.