Technische Keramik: kratzfest und krisensicher

Meißen. Ceramaret? Nie gehört! Diese Antwort bekommt Geschäftsführer Andreas Ziegert häufig, wenn das Gespräch auf die Firma im Gewerbegebiet Meißen-Zaschendorf fällt. Dabei produziert sie schon über 20 Jahre dort. "Wir wurden vor vier Jahren von dem Schweizer Unternehmen Ceramaret SA gekauft und nennen uns seit 2020 als eigenständige deutsche GmbH auch so", sagt Ziegert. Davor hieß der Betrieb "MicroCeram GmbH". Jetzt klingelt doch etwas.
Das Unternehmen hat sich auf die Herstellung von Hochpräzisionsteilen aus technischen Keramiken spezialisiert. "Das reicht von Komponenten für die Medizintechnik und Analysegeräten bis hin zu Bauteilen für die Uhrenindustrie", erklärt der Geschäftsführer weiter. So werden in Meißen-Zaschendorf u. a. Aufsätze für Endoskope hergestellt, die bei der minimalinvasiven Chirurgie zum Einsatz kommen. Auch Isolatoren und Gehäuse für medizinische Instrumente sowie Sensoren entstehen in den Hallen an der Ziegelstraße. Daneben wird seit vielen Jahren die Uhrenindustrie beliefert – mit Keramikgehäusen, Lünetten (Umrandung des Ziffernblattes) und Kronen ("Aufziehknöpfe"). Unter den Kunden sind immer mehr Firmen im hochpreisigen Segment.
"Wir profitieren hier klar von unserem Mutterhaus in der
Schweiz", erzählt Andreas Ziegert. Der Sitz von Ceramaret SA befindet sich in Bôle, einem
Ort im französischsprachigen Teil der Schweiz. "Eben dort, wo auch die
meisten Luxusuhrenhersteller zu Hause sind", so Ziegert weiter. Namen
dürfe man keine nennen. Stillschweigen gehöre in dieser Branche einfach zum
Geschäft. Nur so viel: Kaum eine Uhr, die ein Made-In-Meißen-Gehäuse hat, ist
unter 5.000 Euro zu haben.

Die Produktion ist dementsprechend aufwendig. Pressen, fräsen, drehen, schleifen – bis aus dem Keramikpulver ein Nobel-Uhrengehäuse entsteht, sind etwa ein Dutzend Arbeitsschritte nötig. So kommt u. a. auch eine spezielle Presse zum Einsatz, die den Rohling unter Wasser einem Druck aussetzt, wie er 20 Kilometer unter der Meeresoberfläche herrschen würde. Zwischendurch muss das Keramik-Teil mehrere Stunden im Ofen gebrannt werden. "Die große Herausforderung besteht darin, vor dem Brennen möglichst genau zu arbeiten. Denn danach ist das Gehäuse merklich kleiner und die Bearbeitung wesentlich zeitaufwendiger", erklärt Ziegert, der früher Produktionsleiter war.
Doch warum eigentlich Keramik? Auf diese Frage fallen dem Chef gleich mehrere Gründe ein. So sei der Werkstoff extrem hart, kratzfest und gut bei hohen Temperaturen einsetzbar. "1.500 Grad Celsius und mehr sind für technische Keramik kein Problem, für Stahl allerdings schon", erklärt der Geschäftsführer. Hinzu käme die Tatsache, dass die Keramik sehr formstabil ist. Seine Unempfindlichkeit gegenüber Säuren und Basen und die lange Lebensdauer bei Verschleißanwendungen machen den Werkstoff vielseitig einsetzbar. Das breite Portfolio und der hohe Spezialisierungsgrad sind auch die Gründe, warum das Unternehmen bislang so gut durch die Pandemie gekommen ist.
Umsatz letztes Jahr gesteigert
Insgesamt 75 Mitarbeiter arbeiten am Meißner Standort. Kurzarbeit war für sie kein Thema. "Wir hatten im ersten Coronajahr eine kleine Delle, aber nichts Schlimmes. Letztes Jahr konnten wir den Umsatz sogar um 30 Prozent steigern", erzählt der Chef weiter. Investiert wird regelmäßig. Vor zwei Jahren ging eine neue Produktionshalle in Betrieb. Seither wird der Maschinenpark stetig erneuert. "Demnächst kommen drei neue Maschinen", sagt Ziegert. Der Platz wird schon wieder knapp.
Gegründet wurde der Betrieb im Jahr 1997 von Mathias Wilde. Damals noch unter dem Namen "MicroLaserTec". 2001 zog die Firma von Coswig ins Gewerbegebiet Meißen-Zaschendorf. Neben der Produktion besitzt der Meißner Standort heute auch eine eigene kleine Forschungsabteilung, in der man sich damit beschäftigt, den Werkstoff Keramik noch besser zu machen. Zudem werden regelmäßig junge Menschen ausgebildet – zum Zerspanungsmechaniker und Verfahrenstechniker.