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Meißen: Die Werke des „Menschenmalers“

In der Albrechtsburg Meißen wird die Ausstellung der Werke des Malers Christoph Wetzel eröffnet. Die SZ hatte die Möglichkeit, den Künstler vorab kennenzulernen.

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"Passion Mensch" heißt die neue Sonderausstellung auf der Albrechtsburg mit Werken des Dresdner Künstlers Christoph Wetzel.
"Passion Mensch" heißt die neue Sonderausstellung auf der Albrechtsburg mit Werken des Dresdner Künstlers Christoph Wetzel. © Claudia Hübschmann

Von Vincent Tiedemann

Meißen. Inmitten all dieser Porträts fühlt man sich beobachtet. So geht es auch dem Künstler selbst, gibt er preis. Der in diesem Jahr 75 Jahre alt gewordene Maler führt durch seine Ausstellung „Passion Mensch“. 60 Gemälde und 25 Zeichnungen und Skulpturen hängen und stehen an den Mauern des alten Gewölbes. Viele der Werke sind Jahrzehnte alt, an anderen hat der Künstler erst vor wenigen Wochen letzte Pinselstriche gesetzt. Welche Details er dabei verändert hat, verrät er nicht.

Als „Menschenmaler“ bezeichnet er sich selbst. Findet man in der Ausstellung auch ausschließlich Porträt- und Aktmalereien, abwechslungsarm ist sie deshalb nicht. Viele verschiedene Gesichter hat Wetzel verewigt, darunter u.a. den Historiker und Autor Matthias Donath mit seiner Familie, den Schauspieler Friedrich Wilhelm Junge und den Kunsthistoriker Harald Marx. Mit vielen Personen auf seinen Gemälden pflegt der Künstler bis heute innige Freundschaften. Ihm sei es wichtig, dass sich Maler und Model aufeinander einlassen.

Hoffnungsvolle und durchdringende Blicke, ernste Gesichtsausdrücke – ein Lächeln ist nicht zu finden. „Das Leben ist nicht drollig“, erklärt Wetzel. Seine Bilder strahlen weder Optimismus noch Pessimismus aus. Sie seien eine Bekundung zum Leben mit Hoffnung und Offenheit. Häufiges Model ist dem Maler seine jüngste Tochter gewesen. Er schwärmt von ihrem Blick: „Sie ist sensibel und kämpft mit ihrer eigenen Verletzlichkeit.“ „Es gibt so viele verletzliche Menschen“, bemerkt der Künstler.

"Mein Vermächtnis" nennt der 75 Jahre alte Künstler das Gemälde "Golgatha".
"Mein Vermächtnis" nennt der 75 Jahre alte Künstler das Gemälde "Golgatha". © Claudia Hübschmann

Mit seinen Werken bekundet Wetzel stets klare Position. Künstler, die nur vage Interpretationen zulassen, findet er „unanständig“. Dabei wählt der Maler oft das Motiv seines eigenen Glaubens. Das Bild „Golgatha“, aus dem der Ausschnitt für das Plakat zur Ausstellung stammt, zeigt den gekreuzigten Propheten in Lendenschurz mit Judenstern in einer Meute der Neuzeit. Links von ihm die Leiche einer Muslimin, an der ein Priester mit zugehaltenem Mund vorbeiläuft. Rechts daneben wird der Prophet mit Dekadenz und Desinteresse beobachtet. Auch der Maler selbst ist im Bild zu finden. „Ich stelle mich immer mit drunter“, erzählt Wetzel, der es ablehnt, seine Werke wie ein Intellektueller von oben herab zu betrachten.

„Ich leide immer mit, ich quäle mich.“ Wie ein Henker sei er sich vorgekommen, als er die Wunden Christi malte.

"Ich leide immer mit": Christoph Wetzel setzt sich auch mit dem aktuellen Zeitgeschehen auseinander.
"Ich leide immer mit": Christoph Wetzel setzt sich auch mit dem aktuellen Zeitgeschehen auseinander. © Claudia Hübschmann

Seine politischen Werke stießen in der Vergangenheit nicht nur auf Zuspruch. Das Gemälde des Propheten hing zunächst in der Gedenkstätte Sophienkirche in Dresden, wurde aber dort ohne Absprache mit dem Künstler abgehängt. Es soll der Architektur des Gebäudes nicht entsprochen haben. Wetzels Porträt des erschossenen Präsidenten Salvador Allende, der bei dem Militärputsch 1973 in Chile ums Leben kam, wurde schon zu DDR-Zeiten zensiert und eingezogen. Auch nach der Wende war es für ihn nicht möglich es wiederzuerlangen. Dadurch fühlte sich Wetzel in der Vergangenheit wie ein Einzelkämpfer, dem Porträt des Präsidenten trauert er aber nicht länger nach. „Alles hat seine Zeit.“

Die Eröffnung findet 18 Uhr im Dom statt. Gäste sind der Künstler selbst sowie Friedrich Wilhelm Junge, Harald Marx und der Violinist Albrecht Menzel, dessen Porträt den Eingang der Ausstellung ziert. Letzterer wird den Abend musikalisch begleiten. Weiter geht es 18.45 Uhr in der Großen Hofstube der Albrechtsburg. Ab Samstag ist die Sonderausstellung bis zum 19. März 2023 regulär geöffnet.

Eintrittspreise: Erwachsene 4 Euro, erm. 3 Euro.