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Inflation im Elbland: 37 Euro mehr im Monat für Lebensmittel

Die Kaufkraft im Kreis Meißen werde dieses Jahr um mehr als 100 Millionen Euro sinken, so eine Gewerkschaft. Die Politik müsse das abfedern.

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Der durchschnittliche Lebensmitteleinkauf im Supermarkt ist in diesem Jahr bereits 37 Euro teurer geworden, hat das Pestel-Institut aus Hannover errechnet.
Der durchschnittliche Lebensmitteleinkauf im Supermarkt ist in diesem Jahr bereits 37 Euro teurer geworden, hat das Pestel-Institut aus Hannover errechnet. © Claudia Hübschmann

Landkreis Meißen. Wegen rasant steigender Preise gehen den Haushalten im Landkreis Meißen in diesem Jahr rund 108 Millionen Euro an Kaufkraft verloren. Das teilt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) mit. Die NGG beruft sich dabei auf eine regionale Kaufkraftanalyse des Pestel-Instituts aus Hannover.

Allein bei Lebensmitteln müssten die Verbraucher demnach mit Mehrausgaben von 51,9 Millionen Euro rechnen. Menschen mit geringem Einkommen seien besonders betroffen: "In den 43.200 Haushalten, in denen im Kreis Meißen Alleinerziehende und Singles mit einem monatlichen Nettoeinkommen von weniger als 2.000 Euro leben, belaufen sich die hochgerechneten Kaufkraftverluste – vom Heizen bis zum Einkauf im Supermarkt – bis Jahresende auf 25,6 Millionen Euro", teilt die Gewerkschaft mit.

Lebensmittel- und Energiepreise steigen besonders stark

Laut Pestel-Institut sind die gestiegenen Lebensmittelpreise ein besonderer Inflationstreiber: Der durchschnittliche Haushalt im Kreis Meißen habe in der ersten Jahreshälfte allein bei Nahrungsmitteln eine Zusatzbelastung von 37 Euro im Monat zu tragen. Die Mehrausgaben für Energie beziffert das Institut auf monatlich 32 Euro, Mobilität habe sich um acht Euro verteuert.

Thomas Lißner - hier bei einem Streik auf dem Cargill-Gelände in Riesa - ist Geschäftsführer der Gewerkschaft Nahrung, Genuss Gaststätten (NGG)
Thomas Lißner - hier bei einem Streik auf dem Cargill-Gelände in Riesa - ist Geschäftsführer der Gewerkschaft Nahrung, Genuss Gaststätten (NGG) © Klaus-Dieter Brühl

NGG-Regionalgeschäftsführer Thomas Lißner spricht in diesem Zusammenhang von "alarmierenden Zahlen". Durch die Preissteigerungen drohten soziale Verwerfungen, wenn die Politik nicht durch weitere, gezielte Entlastungen gegensteuere. "Vom Kellner bis zur Bäckereifachverkäuferin – Beschäftigte, die keine Spitzenverdiener sind, müssen derzeit jeden Cent zweimal umdrehen. Wer ohnehin schauen muss, wie er bis zum Monatsende durchkommt, bei dem schlagen die aktuellen Mehrausgaben enorm zu Buche", so Lißner.

"Die Ampel muss nachlegen"

Die NGG vertritt bundesweit Mitarbeiter der Lebensmittelbranche, im Landkreis Meißen beispielsweise bei Frosta und den Teigwaren Riesa. Die Preissprünge im Supermarkt beträfen ausgerechnet diese Menschen besonders stark. Zwar sei es der Gewerkschaft in diesem Jahr gelungen, durch Tarifabschlüsse etwa im Gastgewerbe kräftige Lohnerhöhungen zu erzielen. Die Inflation drohe jedoch, diese zunichtezumachen. Gewerkschaftsgeschäftsführer Lißner fordert deshalb vor allem die politischen Entscheider dazu auf, Geringverdiener, Rentner, Studierende und Arbeitslose zu entlasten. "Die bisherigen Entlastungspakete der Bundesregierung reichen nicht aus. Die Ampel muss nachlegen."

Er spreche sich für einen "Energiepreisdeckel" aus, um Privathaushalte vor explodierenden Kosten für Gas und Strom zu schützen. Dabei müssten alle Entlastungen sozial ausgewogen sein. "Starke Schultern können mehr tragen als schwache. Deshalb wäre es auch konsequent, Reiche stärker an der Finanzierung der Krisenlasten zu beteiligen – zum Beispiel durch eine einmalige Vermögensabgabe." Wie sich die Inflation auf anstehende Tarifverhandlungen auswirken werden, lässt die Mitteilung der Gewerkschaft offen. So läuft bei den Teigwaren Riesa im August der 2021 vereinbarte Tarifvertrag aus. Eine Nachfrage dazu blieb am Donnerstag zunächst unbeantwortet. (SZ)