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Abenteurer erzählen in Zittau: Als Wohnmobil-Guide in Lateinamerika

Zwei Meißner organisieren regelmäßig Wohnmobiltouren durch Lateinamerika. Klingt nach Urlaub, ist aber für sie keiner. Davon berichten sie jetzt im Zittauer Kino.

Von Andre Schramm
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Uwe Hamm organisiert Wohnmobiltouren durch Lateinamerika. Davon berichtet er jetzt im Zittauer Filmpalast.
Uwe Hamm organisiert Wohnmobiltouren durch Lateinamerika. Davon berichtet er jetzt im Zittauer Filmpalast. © Claudia Hübschmann

Wenn der Zittauer Filmpalast am kommenden Freitag um 19 Uhr zur Multivisionsshow "Panamericana – Traumstraße der Welt" von Uwe Hamm und Marion Kolbe einlädt, dann werden die beiden Meißner spektakuläre Fotoaufnahmen und Videos zeigen: die blauen Gletscher in Patagonien, gewaltige Bergmassive aus dem Torres del Paine, rauchende Vulkane, farbenprächtige Indio-Märkte und viele Regenwald-Aufnahmen. Beide organisieren Touren durch Lateinamerika für ein ganz spezielles Klientel: Ruheständler mit Wohnmobil (und Geld).

"Tatsächlich ist es so, dass die meisten unserer Kunden im Rentenalter sind. Etwa die Hälfte stammt aus der Schweiz", sagt Uwe Hamm. Der Vorteil: die älteren Herrschaften haben Zeit. Wenn man bedenkt, dass eine Tour 200 Tage dauert, kommen Arbeitstätige schnell an die Grenzen ihres Jahresurlaubes. Der Nachteil: "In der gehobenen Altersgruppe ist das Zeitfenster für diesen Ausflug sehr klein. Die Teilnehmer sind 65 bis Anfang 70 Jahre, der älteste war 76 Jahre", erinnert sich der 57-Jährige. Viele, so erzählt er weiter, würden sich die Wohnmobiltour (36.000 km / 16 Länder) allein nicht zutrauen. Geführt aber schon. "Wobei geführt gar nicht stimmt. Wir reden lieber von organisiert. Letztendlich fahren wir ja auch hinterher", lacht Hamm. Die Erfahrung hat das gelehrt. Stichwort: Panne.

87 Mal in der Werkstatt gewesen

"Marion hat auf der letzten Tour im Jahr 2019 Strichliste geführt. Damals ging die Tour noch 180 Tage und es standen am Ende 87 Werkstattbesuche zu Buche", erzählt Uwe Hamm. Die Anforderungen an die Fahrzeuge sind nicht ohne. Die Strecke führt auf rund 2.000 Kilometern über unbefestigte Straßen, teilweise in einer Höhe von bis zu 4.700 Metern. Manchmal liegt die Tagesleistung bei nur 60 Kilometern, weil das Terrain so anspruchsvoll ist. "Ein großes Problem sind die Diesel-Partikelfilter, die bereits ab 2.500 Metern Höhe Probleme machen", sagt Hamm. Vor der Reise müssen die Fahrzeuge entsprechend modifiziert werden, und zwar so, dass auch Kfz-steuerlich alles sauber bleibt.

In der Regel beginnen die Vorbereitungen für die Teilnehmer ein Jahr vor der Tour. Zum Programm gehört dann auch eine Wohnmobilkontrolle: Ist das Fahrzeug geeignet? Muss was verändert werden? Danach werden die Teile verschifft, in der Regel von Hamburg in Richtung Buenos Aires, der Hauptstadt von Argentinien. Die Überfahrt dauert zwischen 27 und 35 Tagen. Die Besitzer fliegen zeitnah hinterher. Von Buenos Aires geht es erstmal Richtung Süden nach Patagonien. Endstation ist Tombstone im Bundesstaat Arizona (USA). Aktuell laufen gerade zwei Touren mit jeweils 20 Fahrzeugen und 77 Teilnehmern. "Durchgeführt werden sie von unseren Partnern", so Hamm.

OP, Todesfall und Abbruch

Wohnmobil-Reisende schätzen eigentlich die Individualität, sind nun aber in einer Reisegruppe organisiert. Wie passt das zusammen? "Wir fahren nicht Kolonne, sondern haben Punkte, an denen wir uns wieder treffen. Manchmal klinken sich Teilnehmer für eine Woche aus, fahren abseits der geplanten Strecke", erzählt Hamm. In einem digitalen Roadbook ist alles zusammengestellt – vom Streckenverlauf über Sehenswürdigkeiten und Einkaufsmöglichkeiten bis hin zu Übernachtungsplätzen. Das Reglementierungs-Level ist niedrig. "Wir erklären natürlich die landestypischen Regeln", meint Hamm. Jedem sei selbst überlassen, inwiefern er sich daran halte, fügt er noch hinzu. Einmal sei ein Teilnehmer mit freiem Oberkörper auf dem Parkplatz herumgelaufen und wurde von der Polizei darauf hingewiesen, dass man sowas in Panama nicht macht.

Oder Handys bzw. Navis auf dem Armaturenbrett liegenlassen. Auch keine gute Idee. Abgesehen von kleineren Diebstählen wurde es bisher nie großartig kriminell, nicht einmal in Kolumbien. Dafür jedoch medizinisch akut. 2019 insgesamt 37 Mal. "Es handelt sich meistens um gesundheitliche Probleme, die auch zu Hause aufgetreten wären", sagt der Guide und erzählt bei der Gelegenheit von einer Darm-OP während der Tour. Einen Todesfall gab es leider auch. Eine Frau hatte in den Bergen einen Hirnschlag bekommen. Sie sei dann in ein Krankenhaus nach La Paz (Bolivien) gebracht worden und verstorben. "Später hatte man die Medikamente unter ihrer Matratze gefunden", erzählt der Veranstalter.

Marion Kolbe und Uwe Hamm an einer Pass-Straße in den Anden.
Marion Kolbe und Uwe Hamm an einer Pass-Straße in den Anden. © Foto: privat

Probleme nicht verschleppen

2006 hat er die erste Tour gemacht, damals mit acht Fahrzeugen. Zwei Jahre später waren schon 13 Wohnmobile am Start. Im Zweijahresrhythmus ging es weiter. Bis heute, so sagt Hamm, habe nur ein einziges Mal jemand abgebrochen. "Ein Mann. Er flog zurück, seine Frau fuhr weiter", sagt er. Sie habe ihm noch hinterhergerufen, dass er ihr schon die Hochzeitsreise versaut habe. "Ich glaube da lag auch beziehungstechnisch was im argen", meint der 57-Jährige. Wichtig sei, dass Probleme auf der Tour – egal welcher Art – sofort geklärt werden. "Das schlimmste ist, wenn sowas verschleppt wird", meint er. Ein weiblicher Ansprechpartner auf der Organisatoren-Seite sei deshalb wichtig. "Es gibt Dinge, die Frauen lieber Frauen erzählen", meint der Meißner.

Uwe Hamm könnte sicher ein Buch schreiben über seine Erlebnisse: den Bau einer Toilette für eine Schule in El Salvador, die Erdrutsch-Hilfe in La Paz, die Brillen-Verteilaktion eines Teilnehmers oder die vielen Begegnungen mit den Menschen vor Ort. "Wenn eine Oma aus Kolumbien vor dir steht und sich dermaßen freut, dass du ihr Land besuchst, obwohl es so einen schlechten Ruf hat. Dann kann man die Frau einfach nur drücken", sagt er. Natürlich sei Lateinamerika auch landschaftlich attraktiv, meint der Anden-Fan. "Du freust dich manchmal und denkst, gleich hinter der nächsten Ecke kommt das Etappen-Highlight, und dann klingelt das Telefon", schmunzelt Uwe Hamm. Dafür sei man aber schließlich da.

  • Termin: 24. Februar, 19 Uhr, Filmpalast Zittau.