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Meißner Porzellanmanufaktur präsentiert nach elf Jahren eine schwarze Null

Nach einem Minus von 1,4 Millionen Euro im Vorjahr, legt die Porzellanmanufaktur Meissen für 2022 erstmals wieder eine ausgeglichene Bilanz vor.

Von Ines Mallek-Klein
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Die Meißner Porzellanmanufaktur präsentierte elf Jahre in Folge rote Zahlen, nun kündigt sich die Trendwende an.
Die Meißner Porzellanmanufaktur präsentierte elf Jahre in Folge rote Zahlen, nun kündigt sich die Trendwende an. © hübschmann

Meißen. Zwei Jahre ist es her, da schlugen die Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young noch Alarm. Sie sagten ein „bestandsgefährdendes Risiko“ für die Porzellanmanufaktur Meissen voraus. Die über die Jahre angehäuften Millionenverluste hatte der Freistaat Sachsen als alleinige Anteilseigner zwar immer wieder brav ausgeglichen. Zu dem 2017 eingeläuteten Kurswechsel titelten die Kollegen der Neuen Züricher Zeitung damals „Die letzte Chance für Meissener Porzellan“. Alimentiert wurde die recht großzügig mit 28 Millionen Euro vom Freistaat Sachsen. Der hatte schon zuvor eine umstrittene Stiftung gegründet, die dem krisengebeutelten Unternehmen Museumsstücke im Wert von 15,6 Millionen Euro abgekauft hatte und so einmal mehr die Bilanz aufgebessert.

Der Henkelbecher, den Geschäftsführer Tillmann Blaschke hier zeigt, ist eines der beliebtesten Produkte der Meißner Porzellanmanufaktur. Mit einem Friedensdekor sammelte das Unternehmen vor einem Jahr Spendengelder für die Ukraine.
Der Henkelbecher, den Geschäftsführer Tillmann Blaschke hier zeigt, ist eines der beliebtesten Produkte der Meißner Porzellanmanufaktur. Mit einem Friedensdekor sammelte das Unternehmen vor einem Jahr Spendengelder für die Ukraine. © Claudia Hübschmann

Zielstellung 2017 war: Die Geschäftsführer Tillmann Blaschke und Georg Nussdorfer sollten das Unternehmen bis Ende 2021 in die schwarzen Zahlen führen: mit einem strikten Sparkurs und der Rückbesinnung auf das Kerngeschäft. Und ja, die 1710 gegründete Manufaktur dürfe in ihrem Auftritt und ihren Produkten etwas frischer, etwas moderner werden. Auch wenn heute nur noch einer der beiden Geschäftsführer an Bord ist und auch 200 Stellen gestrichen worden, der Plan ging auf. Es dauerte nur, coronabedingt, ein Jahr länger als geplant.

Man sei besser als erwartet durch die Krise gekommen, heißt es in der Pressemitteilung des Unternehmens. Das legt am heutigen Montag seine Bilanz für das Geschäftsjahr 2022 vor und überrascht. 2021 musste der Traditionsbetrieb noch ein Minus von 1,4 Millionen Euro ausweisen. Aber nun steht unter der Bilanz für 2022 eine schwarze Null. Damit nicht genug, es gibt auch eine Trendwende beim Umsatz. Der stieg 2022 trotz Krise um zehn Prozent auf 32,5 Millionen Euro.

Die Rückbesinnung auf das Kerngeschäft mit dem Porzellan und eine deutliche Verjüngung der Marke habe dazu geführt, dass der Umsatz steigen konnte, erklärt Geschäftsführer Tillmann Blaschke. Erstmals seit elf Jahren präsentiert die traditionsreiche Manufaktur damit wieder ein ausgeglichenes Ergebnis - und das in einem sehr schwierigen Marktumfeld mit den Auswirkungen von Corona, die vor allem das Asiengeschäft beeinflussten.

Der Ukrainekrieg brachte explodierende Energiepreise, Versorgungsunsicherheiten beim Gas, einen hohen Inflationsdruck und den kompletten Wegfall des Russlandgeschäfts. Auf dieser Basis sei eine Prognose für das laufende Geschäftsjahr schwierig, so Blaschke. Meissen trotzte den Widrigkeiten mit einem harten Sparkurs und deutlich mehr Sensibilität für die Kundenwünsche. In der Vergangenheit habe man häufig das hergestellt, was man gut konnte – und erst im Nachhinein festgestellt, dass es sich nicht gut verkaufe, hatte Geschäftsführer Blaschke in einem Interview eingeräumt. Allein 2016 musste die Manufaktur für mehrere Millionen Euro unverkäufliche Ware abschreiben. Sechs Jahre zuvor, da führte Blaschke-Vorgänger Christian Kurzke noch die Geschäfte, sorgte ein „Polterabend“ für reichlich Kritik. Porzellan im Wert von 2,6 Millionen Euro wurde zerschlagen, angeblich um der Marke ihren Wert nicht zu nehmen.

Mit dem sächsischen Hermès gescheitert

Christian Kurzke war es auch, der mit Rückendeckung des Aufsichtsrates Meissen als Lifestyle-Marke etablieren wollte. Seine Vision: ein sächsisches Hermès sollte entstehen. Neben Porzellan gab es plötzlich auch Schals, Krawatten, Taschen und selbst Möbel sowie Tapeten. Die Idee seines Vorgängers kritisiert Tillmann Blaschke nicht. Ihre Umsetzung aber schon, denn die in Mailand eigens etablierte "Villa Meissen" entpuppte sich als Millionengrab und die neuen Produkte begannen in ihrer Wahrnehmung das Porzellan, und damit den Markenkern, zu überstrahlen.

Meißen habe zu seinem Kerngeschäft zurückgefunden. Sein neues Dekor Cosmopolitan bewirbt die Manufaktur in einer Kooperation mit dem Schweizer Schokoladenhersteller Lindt & Sprüngli. 103.000 Pralinenverpackungen werden mit dem Dekor bedruckt und sind in über 5.000 Märkten bundesweit erhältlich. Das neue Service ist auf 18 Exemplare limitiert, drei davon werden über das Gewinnspiel an die Lindt-Käufer verlost. "Es ist wichtig für Meissen, dass wir die Kraft der Schwerter nach draußen in die Welt tragen", sagte Tillmann Blaschke. Auch deshalb wird es in diesem Jahr noch ein zweites neues Service mit den blauen Schwertern geben, das in Form und Dekor neue Akzente setzen soll. Mehr als die Hälfte seines Umsatzes realisiert Meissen Porzellan mit Tisch- und Tafelporzellan sowie Home-Deko bis zum mittelpreisigen Segment.

Eine Prognose für das laufende Geschäftsjahr sei schwierig, so Blaschke. Noch immer hätten die Exporte in die USA und in den so wichtigen asiatischen Raum nicht das Niveau der Vor-Coronazeit erreicht. „Und es sieht so aus, als werden wir länger brauchen als gedacht, dort alte Zahlen wieder zu erreichen“, so Blaschke. Er hofft auf zahlungsfähige Kunden, die als Touristen in die Region kommen, vor allem aus Asien und den USA. Wichtigste Botschaft des Tages sei für ihn, dass Meissen heute deutlich robuster und stabiler dastehe als noch vor einigen Jahren. Keiner könne aus heutiger Sicht sagen, ob die Manufaktur im laufenden Jahr Gewinne realisieren könnte. Sollten es aber Verluste sein, so werden die sich nicht auf dem Niveau der vergangenen Jahre bewegen. Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass das Unternehmen Darlehen vom Land erhalten hat. Sie bewegen sich in zweistelliger Millionenhöhe und man verhandle gerade mit dem Freistaat, wie mit den Geldern umgegangen werden soll, so Blaschke. Zuletzt hatte man vereinbart, dass sie bis 2030 zurückgezahlt werden sollten.