Zu viele Einschränkungen bei den Schulen im Kreis Meißen

Meißen. Am 4. Februar werden einige Schüler zittern und andere werden sich freuen, wenn die Halbjahresinformationen ausgeteilt werden. Eine Woche später ist das erste Schulhalbjahr dann vorbei und die Winterferien stehen vor der Tür. Soweit klingt das alles nach ganz normalem Schulalltag, aber trotz Präsenzunterricht sind viele Schüler und Schülerinnen von Lernrückständen, häuslicher Lernzeit und Unterrichtsausfall betroffen.
Eine Mutter, deren Tochter in die sechste Klasse der Oberschule Kötitz geht: „Das größte Problem seit der Pandemie ist die große Anzahl an Stundenausfällen“, sagt sie. Weil keine Vertretungslehrer da sind, fällt der Unterricht aus, wenn Lehrer krank sind. „In einigen Fächern ist es schwierig den Lernstoff des Schuljahres zu schaffen, da es oft auch an Online-Angeboten fehlt“, sagt sie.
Die Oberschule Kötitz musste nicht komplett geschlossen werden, aber einige Klassen waren in Quarantäne. Außerdem ist die Schulbesuchspflicht seit dem 22. November ausgesetzt und Eltern können ihre Kinder vom Präsenzunterricht abmelden. „In meiner Klasse gibt es einen Schüler, der zu Hause unterrichtet wird“, sagt die Schülerin. Wie viele Schüler im Landkreis derzeit freiwillig zu Hause lernen, wird nicht erfasst. „Es handelt sich nach Rückmeldung der Schulen um eine sehr begrenzte Anzahl von Schülerinnen und Schülern“, sagt Petra Nikolov vom Sächsischen Landesamt für Schule und Bildung.
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Zum Stand 15. Januar waren im Landkreis seit Schuljahresbeginn 6.106 Schülerinnen und Schüler (von insgesamt über 24.000) positiv auf das Coronavirus getestet, so das Landratsamt Meißen. Zusätzlich haben sich viele Kinder und Jugendliche als Kontaktpersonen in Quarantäne befunden. Schulschließungen sind aber die Ausnahme gewesen. „Überwiegend hat es sich im Landkreis Meißen um teilweise Schließungen von einzelnen Klassen gehandelt“, sagt die Pressesprecherin des Landratsamtes, Anja Schmiedgen-Pietsch.
Genauere Zahlen liefern die Städte Meißen und Großenhain: In Meißen waren die Triebischtal-Oberschule, die Kalkbergschule und die Arita-Grundschule in diesem Schuljahr für eine Woche komplett geschlossen. Zudem waren in allen Meißner Schulen einzelne Klassen zeitweise in Quarantäne, so die Pressestelle der Stadt Meißen. In Großenhain mussten die Erste Grundschule Großenhain und die Zweite Oberschule „Am Schacht“ komplett schließen. Die Grundschule Zabeltitz war teilweise geschlossen. Die Städte Radebeul und Riesa konnten keine Auskunft geben, da die Zahlen in der Stadtverwaltung statistisch nicht erfasst werden, hieß es.
Bereits im September letzten Jahres hat die Robert Bosch-Stiftung eine Umfrage zu den Auswirkungen der Pandemie unter Lehrkräften durchgeführt. Demnach gebe es bei jedem dritten Schüler krasse Lernrückstände. Während Gymnasien weniger betroffen seien, ist die Situation mit Fernunterricht vor allem an den Grundschulen schwierig umzusetzen. Am schlimmsten sei die Situation an den Brennpunktschulen. Hier gebe es aufgrund der schlechten Personal- und technischen Ausstattung die größten Lernrückstände, so die Ergebnisse des Schulbarometer-Spezial zur Pandemie.
Das Sächsische Landesamt für Schule und Bildung schätzt die Situation weniger dramatisch ein: Eine grundsätzliche signifikante Veränderung der schulischen Leistungen sei nicht erkennbar. „Schulartenübergreifend ist zu benennen, dass bei einigen Schülern ein Rückgang der Motivation und Konzentration zu verzeichnen ist“, sagt die stellvertretende Pressesprecherin, Petra Nikolov. Im Grundschulbereich bereite das Fach Englisch besondere Herausforderungen, da das Sprechen über einen längeren Zeitraum nicht geübt werden konnte.
Die Lehrer sind zu alt
Die Schulen bieten vielfältige Unterstützung an, so Petra Nikolov: „Angebote über LernSax, Bildung kleiner Lerngruppen und Onlinekonferenzen mit Schülern in Quarantäne.“
Michael Jung vom Sächsischen Lehrerverband sagt: „Insgesamt zeigt sich durch die Pandemie stärker, wer Schule will und wer nicht.“ Die Schüler, die unter normalen Bedingungen kaum Interesse zeigten, hätten es jetzt noch schwerer, den Anschluss zu halten. „Die meisten Schüler sind allerdings froh, in die Schule gehen zu können und haben eine positivere Lerneinstellung“, so Michael Jung.
Kritik übt er vor allem an den uneinheitlichen Quarantäneregeln. „Die Gesundheitsämter waren zum Teil völlig überfordert und teilweise nicht einmal zu erreichen“, beschreibt er die Situation vor den Weihnachtsferien. Die einheitliche Durchsetzung der Quarantäne-Regeln an allen Einrichtungen in Sachsen sei wichtig, damit sie nachvollziehbar und flexibel händelbar sind.
Die Personalsituation beschreibt Michael Jung als katastrophal: „Sie verschärft die jetzige Situation immens und in manchen Regionen herrschen nicht mehr akzeptable Zustände.“ Dazu trage auch das hohe Durchschnittsalter der sächsischen Lehrkräfte bei, die selbst angeschlagen oder erkrankt sind, so Jung. Darunter leiden die Schüler durch Ausfall der Lehrkräfte, weniger Unterricht und durch ständig fehlende Schüler sei es schwierig, einen gemeinsamen Wissensstand zu erreichen.