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Volksbank Pirna holt nächste Wohnungsgenossenschaft unter ihr Dach

Das Geldinstitut will mit der Wohnungsgenossenschaft Pirna-Copitz fusionieren. Wie es dazu kam und wie beide Seiten davon profitieren.

Von Domokos Szabó
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Die Copitzer GWG-Chefin Ramona Hübsch und Pirnas Volksbank-Chef Hauke Haensel reichen sich die Hand. Ihre Häuser planen eine Fusion - und das sogar rückwirkend.
Die Copitzer GWG-Chefin Ramona Hübsch und Pirnas Volksbank-Chef Hauke Haensel reichen sich die Hand. Ihre Häuser planen eine Fusion - und das sogar rückwirkend. © Daniel Förster

Als die Volksbank Pirna Anfang 2022 mit der Gemeinnützigen Wohnungsgenossenschaft Sebnitz fusionierte, war das ein deutschlandweit fast einmaliger Vorgang. Für eine derartige Verbindung von Bank und Bau gab es bis dato nur ein Beispiel, im Altenburger Land.

Schon vor dieser Fusion gehörten der Volksbank Pirna 150 Wohnungen unter anderem in Pirna, Heidenau und Dresden. Mit dem Geschäft steigerte das Geldinstitut seinen Bestand auf 611 Wohneinheiten - und rettete damit die chronisch klamme Genossenschaft vor der Zerschlagung. Nach der Übernahme startete ein millionenschweres Sanierungsprogramm, die Mieter bekamen Garantien. Die Genossenschaft ist heute eine Niederlassung der Volksbank.

Genossenschaftshäuser an der August-Bebel-Straße in Pirna-Copitz. Künftig soll die GWG ein Teil der Volksbank Pirna werden.
Genossenschaftshäuser an der August-Bebel-Straße in Pirna-Copitz. Künftig soll die GWG ein Teil der Volksbank Pirna werden. © Norbert Millauer

Nun soll eine weitere Wohnungsgenossenschaft in der Volksbank aufgehen. Ausgangspunkt und Hintergründe sind aber diesmal anders. Die SZ beantwortet die wichtigsten Fragen rund um die geplante Verschmelzung der Volksbank Pirna mit der GWG Pirna-Copitz.

Was ist die GWG Pirna-Copitz?

Die GWG Copitz ist eine eingetragene Genossenschaft mit 356 Mitgliedern. Insgesamt verfügt die GWG über 276 Wohnungen, 62 Garagen und eine Gartensparte mit 33 Parzellen. Viele Häuser der Genossenschaft entstanden vor dem Zweiten Weltkrieg, und zwar 1914 und zwischen 1919 und 1931. Manche Gebäude stammen aus dem Jahr 1959. Standorte sind die August-Bebel-Straße, die Beyerstraße, die Äußere Kohlbergstraße, die Gerhart-Hauptmann-Straße, der Postweg und die Wirthstraße. Die Häuser wurden nach 1990 saniert, dem Vernehmen nach gibt es kaum Leerstand. Mittlerweile laste aber ein Investitionsstau von 1,1 Millionen Euro auf der GWG, so Volksbank-Chef Hauke Haensel. Die Miete liegt bei durchschnittlich 5,18 Euro je Quadratmeter.

Warum soll die GWG ihre Eigenständigkeit aufgeben?

Um in die Häuser zu investieren, bräuchte die Genossenschaft Kredite. Die kosten aber derzeit deutlich mehr als etwa noch vor zwei Jahren. Aus eigener Kraft kann die GWG nötige Sanierungen nicht stemmen. Ob für die Abzahlung von Krediten oder für eine Investitionsrücklage - deutlich höhere Mieten wären so oder so nötig, aber eine denkbar unpopuläre Maßnahme. Das ist aber nicht alles.

So müssen Hauseigentümer deutschlandweit auch noch Geld einplanen, um Heizungen zu modernisieren und damit von fossilen Energieträgern unabhängiger zu werden. „Wenn das Gebäudeenergiegesetz greift - spätestens dann wäre die Luft aus“, sagt Volksbankchef Haensel mit Blick auf die GWG. Nicht zuletzt haben die Copitzer noch ein Nachfolgeproblem an der Spitze des Hauses. Ihre frühere Chefin, Ramona Hübsch, kam aus dem Ruhestand zurück, um die Geschäfte weiterzuführen. Den Posten müsste die GWG demnächst neu besetzen.

Wie kam die Idee der Fusion zustande?

Nach SZ-Informationen suchte die Volksbank nach der Fusion mit den Sebnitzern nicht gezielt nach einer neuen Übernahmegelegenheit. Der Kontakt sei durch Mitglieder bzw. Mitarbeiter eher zufällig zustande gekommen. Nach anfänglicher Skepsis ging es dann aber ganz schnell. Auf beiden Seiten seien die Vorteile erkannt worden. Die Aufsichtsräte beider Häuser haben sich inzwischen positiv zu einer Fusion positioniert. Auch den Verband Sächsischer Wohnungsgenossenschaften habe man überzeugen können.

Wie profitieren die Copitzer Genossenschafter?

Der wichtigste Vorteil für die Genossenschaft liegt auf der Hand: Der Weg für Modernisierungen wäre mit dem Zusammenschluss frei. Vertraglich festgelegt werden soll, dass in den nächsten fünf Jahren mindestens 2,5 Millionen Euro investiert werden. Hinzu kommen noch frei werdende Mittel nach der Ablösung aller GWG-Kredite durch die Volksbank.

Genossenschaftliches Wohnen mit einer Sozialcharta bleibt zudem erhalten. Die Volksbank schließt ferner Kündigungen aus und garantiert bis 2026 gleichbleibende Mieten, zumindest wenn sich die Wohnverhältnisse nicht ändern. Der Name „Gemeinnützige Wohnungsgenossenschaft eG Pirna-Copitz“ wird weitergeführt, die GWG wird eine Niederlassung der Volksbank Pirna.

Auch profitieren die Genossenschafter von jährlichen Dividenden. Die gab es bei der Volksbank in den vergangenen Jahren immer. Fazit: Für die Copitzer ist die Fusion nicht die Rettung in letzter Not, sondern eine strategische Entscheidung zur Zukunftssicherung.

Was passiert mit den Anteilen der Copitzer?

Für jeden GWG-Anteil im Wert von 160 Euro gibt es den Plänen nach zwei Volksbank-Anteile à 60 Euro und 40 Euro zurück. Man kann aber auch 20 Euro drauflegen und bekommt dann drei VB-Anteile. Bei einer Fusion haben die Mitglieder auch ein Sonderkündigungsrecht - in Sebnitz jedenfalls hat davon niemand Gebrauch gemacht.

Was bringt die Fusion der Volksbank?

Als die Sebnitzer GWG in der Volksbank aufging, war die Situation noch eine andere. Banken hatten viel Geld übrig, so viel, dass sie nicht alles als Kredit ausreichen konnten. Wer die Scheine bei der Zentralbank parkte, musste dafür Strafzinsen zahlen. Also war es schon allein deshalb sinnvoll, das Geld zu investieren.

Heute können Banken wieder mit Krediten verdienen, Strafzinsen sind Geschichte. Aber, so Volksbank-Vorstand Hauke Haensel, mit den Immobilien mache man sich ein Stück weit unabhängiger vom Zinsgeschäft. Außerdem sehe sich die Volksbank dem Genossenschaftsgedanken verpflichtet. Da Genossenschaften nicht profitorientiert sind, haben sie so automatisch eine Basis für niedrigere Mieten. Zusammen mit den GWG-Wohnungen hätte die Volksbank - jüngste Zukäufe in Sebnitz eingerechnet - 1.003 Wohnungen.

Wie lautet der Fahrplan zur Fusion?

Am Mittwochabend wurden die GWG-Mitglieder nach SZ-Informationen intern über die Pläne informiert. Bei dieser Runde ging es darum, welche Alternativen die GWG sonst hätte (Fusion mit einer anderen Wohnungsgenossenschaft, fremde Betriebsführung, Verkauf der Immobilien). Die Gremien warben dabei für die Fusion mit der Volksbank.

In der Folge sind nun zwei GWG-Mitgliederversammlungen vorgesehen. Da bei einer ersten Zusammenkunft am 1. August eine Beschlussfähigkeit nicht als realistisch eingeschätzt wird, orientiert man sich auf eine zweite Versammlung am 22. August. Dann müsste nicht mehr eine Mehrheit der Mitglieder anwesend sein, um Entscheidungen zu treffen.

Die reguläre Volksbank-Vertreterversammlung findet am 23. August statt. Hier wird die Fusion eines von vielen Themen sein. Sie kommt nur zustande, wenn sie von beiden Seiten beschlossen wird. Angestrebt wird eine Fusion rückwirkend zum 1. Januar 2023.