Merken

Mieter protestieren wegen nasser Wohnung

In der Lindenstraße 1a in Zittau regnet es hinein. Mit den Folgen wollen die Bewohner nicht länger leben.

Teilen
Folgen
NEU!
© Rafael Sampedro

Von Jan Lange

Zittau. Das kleine Zimmer mit Blick auf die Lindenstraße ist leer geräumt. Nur ein paar Werbeprospekte liegen auf dem rot-orangenen Teppichboden. Henry Herrmann breitet ein riesiges Banner aus. Auf dem steht in Großbuchstaben „Wir leben noch“ und „Die Zeit läuft!“. Auch eine Uhr hat der 53-Jährige darauf gemalt. Sie soll deutlich machen, dass es fünf vor zwölf ist. Der frühere Maler protestiert damit gegen die schlechten Wohnzustände. Ein großes Stück Tapete hängt von der Decke herab. Darunter kommt ein Loch zum Vorschein.

In der Decke gibt es ein größeres Loch.
In der Decke gibt es ein größeres Loch. © Rafael Sampedro
Genau so wie im Dach
Genau so wie im Dach © Rafael Sampedro

Im Juni sei die Decke heruntergekommen, sagt Herrmann. Obwohl er den Schaden sofort an die Hausverwaltung gemeldet habe, sei bis heute nichts passiert. Cornelia Marter, die zuständige Hausverwalterin, widerspricht dieser Aussage. Sie habe durchaus einen Handwerker in die Wohnung geschickt, der die Decke reparieren sollte. Nach einem Disput mit den Mietern habe dieser den Auftrag abgelehnt. Einen anderen Handwerker zu finden, sei in Zittau gar nicht so einfach, sagt Frau Marter. Und so klafft weiter das Loch in der Decke.

Nicht nur dort. Das gesamte Dach müsse dringend erneuert werden, kritisiert Henry Herrmann. Wenn nicht bald etwas gemacht werde, bricht es zusammen, meint der 53-Jährige. Als Beweis zeigt er auf die zahlreichen Löcher im Dach. Hier kann ungehindert Regen eindringen. Die Holzbalken sind bereits an vielen Stellen entsprechend morsch.

Es seien regelmäßig Reparaturen ausgeführt worden, erklärt wiederum die Hausverwalterin. Die selbst für einen Laien deutlich zu erkennenden Löcher zeigen aber ein anderes Bild. Ein altes Dach bekomme man nie ganz zu, meint dazu Frau Marter. Es handele sich um eine riesige Fläche, da das Haus aus drei Gebäudeteilen besteht. Eine Erneuerung des kompletten Daches würde laut Frau Marter zwischen 50000 und 60000 Euro kosten. „Diese Summe zahlt man nicht aus der Portokasse“, meint die Verwalterin. Das Geld sei nicht da.

Erst im März zog Henry Herrmann in die Drei-Raum-Wohnung in der Lindenstraße 1a. Er teilt sie sich mit einem Bekannten, der lieber ungenannt bleiben will. Die Hausverwaltung sei, sagt Frau Marter, nicht begeistert gewesen, dass die beiden Herren in die oberste Wohnung ziehen wollten. „Der hintere Teil sollte eigentlich geschlossen werden, da sonst keiner mehr dort wohnt“, erklärt Frau Marter weiter.

Herrmann und sein Mitbewohner fühlen sich von der Hausverwaltung hintergangen. Der Schaden sei bereits vor der Unterzeichnung des Mietvertrages bekannt gewesen, sind sich die beiden sicher. Ein Wasserfleck an der Zimmerdecke sei heruntergespielt worden. Cornelia Marter widerspricht auch dem vehement. Der Schaden habe sich erst im Nachgang herausgestellt, sagt sie. Dass es so schlimm um die Decke bestellt ist, habe man nicht gewusst. „Viele haben auf dem Dachboden Schüsseln stehen“, beschwichtigt die Hausverwalterin die Situation.

Vor Jahren haben Herrmann und sein Bekannter sich bereits die Wohnung eine Etage tiefer geteilt. Auch damals habe es Probleme gegeben. Nach einem Wasserschaden zog Herrmann aus der unteren Wohnung aus und ging nach München. Sein Bekannter wechselte in die Dachgeschosswohnung im Nachbarhaus Lindenstraße 1b. Im Frühjahr zog er wieder mit seinem alten WG-Partner zusammen, nachdem dieser nach Zittau zurückgekehrt war. „Am liebsten wäre es uns, wenn sie ausziehen“, sagt Frau Marter.

Schon wieder umziehen sei nicht möglich, sagt der 53-Jährige. Der Umzug von München habe ihn viel gekostet. Die Hälfte seiner Sachen lagern noch in der bayerischen Landeshauptstadt. Bisher hatte er noch nicht genug Geld, um alles nach Zittau zu holen. In seinem Beruf arbeitet er momentan nicht, und sein Mitbewohner lebt ebenfalls von Hartz IV.

Aufgrund der schlechten Wohnsituation fordern sie vom Eigentümer, der NKF Grundstücks GbR, eine Minderung der Miete. Die wurde einem von ihnen inzwischen auch gewährt. Henry Herrmann zahlt derzeit nur die Nebenkosten von zwei Euro pro Quadratmeter.

Gleichzeitig fordern sie für die Zeit der Dach- und Deckensanierung eine Ersatzwohnung. Die sei ihnen im Mittelhaus auch angeboten worden, sagt Frau Marter. Jedoch wurden die beiden Ein-Raum-Wohnungen abgelehnt. Den beiden Bewohnern könne auch gekündigt werden, meint die Hausverwalterin. Eine baldige Dachsanierung hält sie dagegen für unrealistisch. Zum einen wegen der gekürzten Miete, zum anderen wegen der schwierigen Suche nach Handwerkern.

Kurzzeitig hat Henry Herrmann das Banner an den Fenstern befestigt. Auch wenn es nun wieder eingeholt ist, der Protest soll weitergehen.