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Millionen für ein besseres Image

Mehr als 37 Millionen Euro will der Freistaat bis 2016 in eine Werbekampagne stecken – ein durchaus umstrittenes Projekt.

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Von Annette Binninger

Der witzige Slogan ist bis heute ein Renner. „Wir können alles. Außer Hochdeutsch.“ Die Tragik daran ist nur: Sachsen wurde der flotte Werbespruch, mit dem Baden-Württemberg seit Jahren erfolgreich für sich wirbt, Anfang der 90er-Jahre von einer Werbeagentur angeboten. Doch man lehnte ab –und die schlauen Schwaben griffen beherzt zu.

Viele Jahre und etliche Millionen später, die inzwischen in ganz unterschiedliche, aber nie aufeinander abgestimmte Kampagnen einzelner Landesunternehmen geflossen sind, holt die CDU/FDP-Landesregierung nun zum großen Wurf aus. Zwanzig Jahre nach Bestehen des Freistaats soll es möglichst bald eine Dachmarke für den Freistaat geben. Dazu hatten sich die beiden Regierungsparteien bereits in ihrem Koalitionsvertrag vor einem Jahr selbst verpflichtet. Eine „breit angelegte Imagekampagne“ soll es geben, die alle werbeträchtigen Bereiche unter einen Hut bringt – Wirtschaft, Wissenschaft, Tourismus, Kultur und Sport. Hatte Sachsens ehemaliger Regierungssprecher vor zwei Jahren noch erklärt, Sachsen brauche keine Dachmarke, zeigt sich der aktuelle Amtsinhaber begeistert von der Idee. „Was wir vorhaben, ist in dieser Form außergewöhnlich“, sagt Johann-Adolf Cohausz. „Wir wollen damit die markanten Unterschiede zwischen Außenwahrnehmung und der Realität ausgleichen.“

Es ist ein echtes Mammutprojekt, bei dem der Freistaat auch finanziell nicht kleckern, sondern klotzen will: Bereits im kommenden Doppelhaushalt 2011/2012 sind fünf Millionen Euro fest eingeplant, um die Kampagne an den Start zu bringen. Bis 2016 sind dann weitere 32 Millionen Euro vorgesehen. Zur Ergebniskontrolle soll zudem der Topf für Bevölkerungsumfragen gut gefüllt werden – eine knappe halbe Million allein für die nächsten beiden Jahre.

Noch steckt das Projekt aber in den Kinderschuhen. Der Landtag müsste dem Millionen-Projekt mit dem Beschluss des Doppelhaushaltes – voraussichtlich Mitte Dezember – erst noch zustimmen. Doch „erste konzeptionelle Vorüberlegungen“ gebe es in der Staatskanzlei bereits, heißt es. Eine „professionelle und renommierte Werbeagentur“ soll in absehbarer Zeit mithilfe einer europaweiten Ausschreibung gefunden werden.

Gescheiterte Ausschreibung

Das aber hatte es schon einmal gegeben: Vor fünf Jahren wurde ebenfalls europaweit ausgeschrieben. Mehrere Agenturen reichten ein. Dann wurde das ganze Vorhaben abrupt gestoppt. Wie viel Geld damals in den Sand gesetzt worden ist, darauf verweigert die Staatskanzlei bis heute die Antwort. Seit Jahren hält sich Sachsen nun mit Werbesprüchen wie „Ich bin ein Sächsist“, „Sachsen. Land von Welt“ oder einem schlichten „Sachsen!“ mittelprächtig am hart umkämpften Werbehimmel.

Angesichts des heftigen Sparkurses, den die Staatsregierung eingeschlagen hat, komme die geplante Imagekampagne zur Unzeit, kritisiert unterdessen die Opposition. „Die CDU/FDP-Regierung braucht doch nur deshalb eine Dachmarke, um von ihrem sozialpolitischen Kürzungswahn abzulenken“, sagt SPD-Fraktionschef Martin Dulig.

Linksfraktionschef Andre Hahn zweifelt ohnehin am Sinn des Ganzen. „Man kann nicht Tourismus, Wirtschaftsförderung, Bildung und Kultur in einen Topf werfen, auf den eine Dachmarke geklebt wird, die niemandem Nutzen bringt außer der Werbefirma, die einen Millionenauftrag an Land zieht.“ Und so hofft auch Grünen-Fraktionschefin Antje Hermenau, dass die Dachmarken-Pläne angesichts der angespannten Haushaltslage noch gekippt werden. „Die Kommunen werden sich über jede Million, die zusätzlich für Investitionen zur Verfügung steht, freuen“, findet die grüne Spitzenfrau.