Von Sandro Rahrisch
Eine Seilbahn über die Elbe, ein Planetarium und jetzt auch noch eine Magnetschwebebahn: Die Wunschliste für den Dresdner Fernsehturm wird immer länger. Unterirdisch sollen die Besucher von der Bühlauer Gleisschleife erst unter den Fernsehturm gefahren werden und anschließend hoch in die Kanzel schweben. Non-stopp, versteht sich. Spinnerei? Keineswegs, sagt Verkehrsexperte Reinhard Dietze und befeuert die Pläne für eine baldige Wiedereröffnung der Wachwitzer Nadel.
Visionen für den Dresdner Fernsehturm
Immerhin, die Technik gibt es schon. Sie ist in Dresden entwickelt worden und heißt „Supertrans“. Sie besteht aus einer magnetischen Schiene und sogenannten Supraleitern, die an den Passagiergondeln befestigt werden. Supraleiter, von der Form her ähnlich einem Schuhkarton, können ein Magnetfeld einfrieren. Die Folge: Sie lassen eine Gondel wie schwerelos über der Schiene schweben – immer im gleichbleibenden Abstand. Egal, ob sie waagerecht, schräg oder sogar senkrecht unterwegs ist. „Theoretisch könnte man damit auch eine Achterbahn betreiben“, sagt Forscher Ludwig Schultz, der die Entwicklung am Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung Dresden geleitet hat. Das Einzige, was nötig ist, ist Stickstoff – quasi das Benzin der Schwebebahn. Denn die Leiter müssen auf etwa minus 180 Grad heruntergekühlt werden, damit der „fliegende Teppich“ funktioniert. Möglich wäre das aber auch mit Strom.
Die Supertrans hat ihren Preis. Allein die Magnetschienen kosten zwischen 1 000 und 3 000 Euro pro Meter. Für die Strecke von Bühlau zum Fernsehturm wären das Kosten von bis zu 4,5 Millionen Euro. Nicht inbegriffen sind die Supraleiter, für die es noch keinen Marktpreis gibt, weil sie lediglich für die Forschung gebaut und nirgendwo in Serie produziert werden. Posten Nummer drei auf der Rechnung wären die Gondeln. Sie sollen überdacht sein und sechs bis acht Personen Platz bieten. Und zu guter Letzt wäre da noch der Tunnel, der gebaut werden müsste.
Ein finanzielles Problem sieht Reinhard Dietze darin aber nicht. „Natürlich,
der Erstaufwand wäre gewaltig“. sagt er. „Aber die Europäische Union gibt doch
für alles Mögliche Geld aus, da wäre auch für den Fernsehturm was da.“ Die Seilbahn im tschechischen Usti nad Labem wäre schließlich auch zu 95 Prozent von der EU finanziert worden. Dietze und dem Vorsitzenden des Fernsehturm-Vereins, Eberhard Mittag, fallen noch viele weitere Vorteile ein. Die Schwebebahn sei nicht nur lautlos, könnte per Smartphone bedient werden und würde den Autoverkehr an der Wachwitzer Höhe stark reduzieren. „Diese Technik, sie ist einzigartig und würde hervorragend zu unseren Vorstellungen passen, am Fernsehturm ein Wissenschaftscenter zu errichten“, so Mittag. Einen Zeitplan haben die beiden Männer auch schon parat: Fünf bis zehn Jahre würde der Bau wohl dauern. „So ist die Realität, das geht nicht von heute auf morgen.“
Ihren Schwebebahn-Wunsch haben die Visionäre auch Stadt, Freistaat und Telekom mitgeteilt. Das Trio hatte sich im Juli dazu entschlossen, eine Studie über den Fernsehturm in Auftrag zu geben. Sie soll klären, ob eine Wiedereröffnung machbar ist, und falls ja, wie das am besten funktionieren könnte. Ende 2017 liegen die Ergebnisse auf dem Tisch, so der Plan der Landesregierung. An der Idee von einer Seilbahn zwischen Tolkewitz und dem Fernsehturm hält Mittag weiterhin fest. Das eine schließe das andere ja nicht aus.
››› SZ-Artikel: Neue Hoffnung für den Fernsehturm? (04.07.2016)