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Moderne Marke

Die Herrnhuter Sterne GmbH steht als Unternehmen der Brüdergemeine gut da und sucht sich neue Geschäftsfelder.

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© Matthias Weber

Von Anja Beutler

Herrnhut. Was die Besucher in Herrnhuts Sternemanufaktur am meisten fasziniert? „Dass wir wirklich ein Handwerk ausüben und es keine Maschinen in den Hallen gibt, bei denen fertige Sterne rauskommen“, sagt Jacqueline Schröpel. Die Sprecherin der Herrnhuter Sternelei – wie das Unternehmen früher liebevoll genannt wurde – weiß, dass genau diese Handarbeit einen Gutteil des Sterne-Charmes in aller Welt ausmacht. Ebenso wichtig ist die Geschichte, die dahinter steckt, und aus den bunten Kunststoff- und Papiersternen mehr als nur einen Deko-Artikel macht: Im Geometrieunterricht an einer Schule der Herrnhuter Brüdergemeine ist die Grundform – der Rhombenkuboktaeder – entstanden. Schüler bastelten in der Weihnachtszeit die Sterne und trugen den Brauch in ihre Familien. Auf dieser Basis entwickelte der Herrnhuter Pieter Hendrik Verbeek die zusammensetzbaren Sterne, die in diesem Jahr seit 120 Jahren verkauft werden.

Dieses Jubiläum feiert das Unternehmen mit Stolz – und bekommt vom Landkreis ein Geburtstagsgeschenk: Die Sternradfahrt durch den Kreis endet am 13. Mai in Herrnhut, bei den Herrnhuter Sternen natürlich. „Wir verlegen deshalb unseren traditionellen Tag der offenen Tür auf diesen 13. Mai und wollen den Gästen einiges bieten“, sagt Frau Schröpel. Bei gutem Wetter könnten so locker 6 000 Gäste bei den Herrnhuter Sternen und in der Stadt generell eintreffen – ob mit oder ohne Fahrrad.

Weiterdrehen will das Unternehmen, das Geschäftsführer Oskar Scholz nun schon seit Jahren leitet, aber auch die eigene Erfolgsgeschichte. Erfreulicherweise haben sich die Sterne als Marke weltweit einen Namen gemacht – pro Jahr werden bis zu 600 000 Stück verkauft. Zudem baut das Unternehmen seit Jahren ein stabiles Fachhändler-Netz vor allem im Ausland auf und hat wegen der guten Nachfrage an der Löbauer Straße eine neue Produktions- und Lagerhalle errichtet, die zum Teil schon genutzt wird. Dennoch wollen sich die Herrnhuter ein zweites Standbein schaffen, um für Herausforderungen gewappnet zu sein.

Diese Chance sehen sie als Tourismusanbieter: Mit den Plänen für eine Entdeckerwelt möchte sich das Unternehmen ganzjährig als Ziel für Klassenausflüge, Tagungen oder auch Familienfeiern anbieten. Der dazu geplante Neubau soll zur linken Seite der Manufaktur entstehen und die bereits vorhandenen Garagenbauten einbeziehen. „Wir haben uns entschieden, die ersten Pläne noch ein bisschen zu erweitern und in den Neubau auch Sanitäranlagen einzufügen, damit die Entdeckerwelt eigenständig genutzt werden kann“, erklärt Frau Schröpel. Im besten Fall werde der sternförmige Neubau im Spätsommer oder Herbst eingeweiht.

Einen ersten Schritt in Richtung Tourismus ist das Unternehmen schon gegangen: Gemeinsam mit dem Völkerkundemuseum bietet es Klassentagesfahrten über ein Dresdner Reisebüro an. Dabei können die Kinder nicht nur in ferne Welten abtauchen, sondern sich auch einen ganz individuellen Klassenstern basteln. Dieses Angebot ist bei ersten Tests bislang gut angekommen, bestätigt die Sprecherin. Mit solchen neuen Ideen – auch Kinderbücher mit den Herrnhuter Sternekindern Emmi und Jonas sind geplant – will das Unternehmen langfristig stabil wirtschaften.

Solche Stabilität kommt auch der Herrnhuter Brüdergemeine zugute, denn sie ist hundertprozentiger Gesellschafter der GmbH. „Die Gewinne fließen in die Arbeit der Brüdergemeine zurück“, konkretisiert Frau Schröpel die Zusammenhänge mit der weltweiten Kirche. Und natürlich prägten die Eigentumsverhältnisse auch die Unternehmenskultur, sagt sie. Aktuell arbeiten bei den Sternen 102 Angestellte. In der Hauptsaison kommen vor allem für die Verpackung der Sterne und die Weihnachtsmarkt-Stände Saisonkräfte dazu, sodass man rasch bei rund 150 Mitarbeitern ist. Ein Problem, neue Arbeitskräfte zu finden, habe man bislang nicht, sagt Frau Schröpel. Allerdings verlangt die Bastelei durchaus Geschick: Sechs bis neun Monate brauchen die Kollegen Einarbeitungszeit bei den Kunststoffsternen, bei den Papiersternen dauert es noch länger, bis man die übliche Stückzahl pro Tag fertigen kann. Das erfordert viel Übung und Geschick – was viele Gäste in der Schauwerkstatt auf den ersten Blick gar nicht vermuten.