Moritzburg: Neues wagen und Tradition bewahren

Moritzburg. Wenn die Rede auf Moritzburg kommt, denken viele Menschen wohl zuerst ans Schloss. Oder – in Verbindung damit – auch an den Aschenbrödel-Kultfilm. Doch es gibt auch nicht wenige Leute, die mit dem Ortsnamen eine andere Verbindung herstellten – zum Moritzburger Diakonenhaus. Immerhin zählt die Gemeinschaft aktuell 523 eingesegnete beziehungsweise berufenen Diakoninnen und Diakone die innerhalb und außerhalb Sachsens vor allem in den Bereichen Religions- und Gemeindepädagogik, soziale Arbeit, Kindheitspädagogik und Pflege tätig sind. Und vier wirken sogar im Ausland: in Großbritannien, Estland, Norwegen und Österreich.
Anlässlich des 150-jährigen Jubiläums kommen viele von ihnen an diesem Wochenende zum jährlich stattfindenden Gemeinschaftstag und zu weiteren Aktivitäten in Moritzburg zusammen. Dabei wird am Sonntagnachmittag auch ein „Pfad der Nächstenliebe“ eröffnet. Dieser – ein Rundweg durch Moritzburg – zeigt die Entstehung und das Wirken des Diakonenhauses seit 1872. Auf insgesamt 17 Infotafeln werden Informationen über das Leben und die Arbeit in den Einrichtungen des Diakonenhauses in den letzten 150 Jahren erzählt.
Die Geschichte begann am 1. Mai 1872 allerdings nicht in Moritzburg, sondern in Obergorbitz bei Dresden. Dort wurde unter Leitung von Emil Höhne eine Diakonen-Bildungsanstalt gegründet. Im Jahr 1899 übersiedelte die Brüderanstalt dann nach Moritzburg. Dort entstanden die noch heute genutzten Gebäude des sogenannten Mädchenhofs und – durch eine Kastanienallee verbunden – des Knabenhofs mit Schulgebäude und Kapelle.
Seit dem hat das Diakonenhaus eine bewegte Geschichte erlebt, seine Arbeit immer wieder auf die aktuell anstehenden Aufgaben ausgerichtet, Höhen und Tiefen durchlaufen. Getragen vom christlichen Glauben und orientiert am aktuellen Bedarf und fachlichen Standards kirchgemeindlicher und sozialer Arbeit hat sich das Diakonenhaus den neuen Herausforderungen der Gegenwart gestellt.
Zu Brüchen gehört, dass das gesamte Areal 1942 zwangsverkauft werden musste. Das wurde auch nach dem Krieg nicht revidiert. So mussten neue Gebäude gesucht werden, um die Arbeit fortzuführen. Diese wurden auf der Bahnhofstraße 9 gefunden und erweiterte und dienen heute noch als Brüderhaus. Im Jahr 1948 wurde aus der ehemaligen Schlossschänke dann das Johann-Sebastian-Bach-Haus, das über Jahrzehnte als Ausbildungsstätte und heute als Geschäftsstelle des Ev.-Luth. Diakonenhaus Moritzburg e. V. dient. Mit der Rückübertragung des bis 1942 genutzten Areals an das Diakonenhaus zum 1. Januar 1992 ergaben sich für dieses völlig neue Möglichkeiten und Herausforderungen. So wurde gemeinsam mit der Kirchgemeinde und der Kommune die Produktionsschule Moritzburg gGmbH gegründet, deren Angebote aktuell von einer Wohngruppe für essgestörte Jugendliche, über Beschäftigungs- und Berufsorientierungsprojekte bis hin zur Anlaufstelle für Suchtkranke, der Betreuung von Obdachlosen und einem Sozialkaufhaus reichen.
Gebaut und erweitert wurde das Seniorenzentrum „Haus Friedensort“, in dem es seit 2020 auch eine Mensa für das Evangelische Bildungszentrum gibt. Zu diesem gehören neben dem Campus Moritzburg der Ev. Hochschule Dresden u. a. auch das Philippus-Institut für berufsbegleitende Studien in Gemeindepädagogik und Diakonie.
Nachdem die Gebäude des einstigen Knabenhofs zunächst als Jugendhilfeeinrichtung und von 2001 bis 2010 als Drogenklinik für Jugendliche und junge Erwachsenen genutzt worden waren, ist dort nach Umbau und Sanierung neues Leben eingezogen. Das frühere Schulhaus wird nun wieder von der 2018 neu gegründeten Ev. Schule für Sozialwesen „Hans Georg Anniès“ als solches genutzt. Die beiden anderen dienen als Internat.
Neben einem Rückblick soll das Jubiläum des Diakonenhauses vor allem genutzt werden, um sich wieder neu auf die Zukunft auszurichten.