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Ein großes Herz für die Natur

Dieter Zenker - von 1958 bis 1997 Cheftierpfleger im Wildgehege Moritzburg - ist im Alter von 89 Jahren gestorben. Ein Nachruf.

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Dieter Zenker, Moritzburger und langjähriger Cheftierpfleger des Wildgeheges, war auch ein leidenschaftlicher Falkner.
Dieter Zenker, Moritzburger und langjähriger Cheftierpfleger des Wildgeheges, war auch ein leidenschaftlicher Falkner. © Thomas Adler

Von Rüdiger Juffa *

Moritzburg. Spricht man von Moritzburg in Sachsen, so wird im Allgemeinen neben dem Barockschloss auch der altehrwürdige „Churfürstliche Thiergarten“ Erwähnung finden. Das war bereits 1680 unter Johann Georg IV. so. Blickt man aber im Besonderen auf den Nachfolger dieses Jagdgatters, das Wildgehege, so fällt dabei oft zuerst der Name Dieter Zenker.

1953 arbeitete er im Zoo Dresden und erlernte den Beruf des Tierpflegers. Als er 1958 seine Arbeit in Moritzburg aufnahm, hieß die Einrichtung anfänglich „Wildzuchtstation Moritzburg“. Dieter Zenker war hier als Cheftierpfleger bis zum Renteneintritt 1997 tätig. Außerdem betrieb er 70 Jahre lang als leidenschaftlicher Jäger und Naturschützer auch die Falknerei und Jagdhundehaltung.

In den 1960er Jahren wurde er DDR- weit durch seine Haltung von Steinadler und Wanderfalke bekannt. Ihm ist es zu verdanken, dass die Falknerei in Ostdeutschland eine starke öffentliche Wahrnehmung erfuhr. Dieter Zenker war diesbezüglich ein gefragter Fachmann und stand oft im medialen Focus.

Zusammen mit seinen Kollegen Achim Rutz und Gerd Ullmann begründete er die schon legendäre Elchhaltung im Wildgehege. Die hohe Kunst der Elchhaltung mit gesundem Nachwuchs bestätigte Dieter Zenkers Können. Über Jahrzehnte sorgte er damit in der Bevölkerung und in zoologischen Fachkreisen für reges Interesse und große Anerkennung.

Der allgegenwärtige Mangel in der DDR verlangte auch vom Cheftierpfleger pragmatische Lösungen, Futterkosten zu sparen bei gleichzeitiger Sicherung gesunder Tierbestände. Die guten persönlichen Kontakte von Dieter Zenker zu damaligen Betrieben in der Region bescherte dem Wildgehege Moritzburg erhebliche Mengen an kostenlosen Futtermitteln.

Ein bescheidener und glücklicher Mann

Dieter Zenker war ein bescheidener und glücklicher Mann, ohne große Ansprüche an das Leben. Sein Streben galt weder Vermögen noch Besitz. Er war zufrieden mit dem, was er besaß. Familie war ihm besonders wichtig. Zeitlebens betrachtete er Tiere als Gottes Geschöpfe. Dieter Zenker hatte zudem ein großes Herz für die Natur als Ganzes.

Spätestens seit der Sendung „Außenseiter - Spitzenreiter“ im DDR-Fernsehen 1973 wussten viele Tierfreunde um seine häuslichen Handaufzuchten von Europäischen Wölfen. Dieses einzigartige Wissen brachte er zusätzlich in die erfolgreiche Wolfshaltung des Wildgeheges ein, welche er übrigens schon 1970 begründete. Auch bei jungen verwaisten Luchsen, Wildkatzen, Rehkitzen, Frischlingen, Greifvögeln und Eulen hatte er mit der Handaufzucht beachtliche Erfolge. Viele dieser Tiere bildeten den Grundstock für besucherfreundliche Tierpräsentationen im Wildpark. Aktive Unterstützung fand er dabei immer durch seine Frau Monika und seine Kinder.

Mit der häuslichen Handaufzucht seiner Wolfswelpen wurde Dieter Zenker durch das Fernsehen in den 1970ern in der ganzen DDR bekannt.
Mit der häuslichen Handaufzucht seiner Wolfswelpen wurde Dieter Zenker durch das Fernsehen in den 1970ern in der ganzen DDR bekannt. © Thomas Adler

Denke ich an Dieter Zenker im Wildpark zurück, hat sich mir seine angenehme Ausstrahlung, seine herzerwärmende Tierliebe und sein großes Fachwissen eingeprägt. Vieles steht in keinem Lehrbuch, denn es basierte auf seinen genauen Tierbeobachtungen und jahrelangen Erfahrungen. Gern gab er diese wertvollen Erkenntnisse an seine Kollegen weiter. „Ein Wildpark ist immer so gut, wie seine Tierpfleger für ihn einstehen.“ Mit diesen Worten verwies Dieter Zenker oft auf seinen ganz persönlichen Anspruch, alles für eine gute Tierhaltung zu geben.

Er wusste genau, dass der Wildpark durch seine Beliebtheit in der Bevölkerung immer auch im Fokus des medialen Interesses steht. 1998 übernahm Gerd Ullmann sein großes Vermächtnis als nächstfolgender Cheftierpfleger. Die positive Erfolgsgeschichte des Moritzburger Wildgeheges wurde so nahtlos weitergeführt.

Von Beginn an dabei

Dieter Zenker war 1958 ein Mann der ersten Stunde, Urgestein und tragende Säule einer fachkompetenten und artgemäßen Wildtierhaltung. Seine Persönlichkeit trug in hohem Maße zum guten Ansehen der Einrichtung bei. Wie kaum ein anderer Mitarbeiter vermochte Dieter Zenker zudem, die Traditionen sächsischer Jagdgeschichte im Wildgehege Moritzburg zu vermitteln: Adler- und Falkenschau, Jagdhornblasen und Führungen zu Wild und Jagd waren für Dieter Zenker zusätzlicher Bestandteil seiner Berufung als Cheftierpfleger. Er verstand das Wildgehege Moritzburg als ein Element der einzigartigen Kulturlandschaft mit altehrwürdigen jagdlichen Traditionen. Für ihn war es selbstverständlich, das älteste Wildgehege Sachsens als Lernort für nachhaltige Wild- und Naturbewirtschaftung zu profilieren.

Sein „altes Kollektiv“ gedenkt Dieter Zenker in würdiger Erinnerung. Es ist uns eine besondere Ehre, mit ihm gemeinsam das Wildgehege zu einem modernen Dienstleister in der Sächsischen Forstverwaltung aufgebaut zu haben. Dank sei Dieter Zenker für sein großartiges Lebenswerk, welches er dem Wildpark und vielen Generationen von großen und kleinen Besuchern gewidmet hat.

* Der Autor war von 1986 bis 2018 Leiter des Wildgeheges Moritzburg