Moritzburger Video-Stars

Moritzburg. Noch einmal dreht Eichendorff - ein Schweres Warmblut - mit Obersattelmeister Dirk Hofmann an den Leinen eine Runde vor dem im Winterschlaf vor sich hindösenden Fasanenschlösschen am Bärnsdorfer Großteich. In einiger Entfernung zu Hengst und Kutsche bewegt sich ein junger Mann, der mit einem Gestell am Oberkörper eine Kamera schwenkt. Landstallmeisterin Kati Schöpke beobachtet das Geschehen - und ist noch nicht ganz zu frieden.
„Nicht so sehr auf die Beine, mehr nach oben“, ruft die Chefin der Sächsischen Gestütsverwaltung dem Kameramann zu. Sie möchte, dass der Hengst von seiner besten Seite gezeigt wird. „Eichendorff ist sehr schön und auch sehr brav und hat einen großen Gebrauchswert.“ Aber anders als seine Stallkollegen Valenzio und Loriot, die schon Weltmeister und Finalteilnehmer bei den jungen Fahrpferden waren, ist er nicht der große Sportler. Die Züchter mögen ihn trotzdem. „Wegen seines gleichförmigen Nachwuchses, der vor allem bei Mehrspännern wichtig ist“, sagt Kati Schöpke.
Edle Hengst in traumhafter Kulisse
Mit ihrem Zeitplan haben die Gestüts- und Filmleute an diesem Tag Glück. In der Nacht hat es etwas gefroren, so dass auch der Boden fest und nicht aufgeweicht ist. Darum ist es kein Problem, den Weg kurz zu verlassen, ohne dass die Wiese dabei Schaden nimmt.
Vor der nächsten Einstellung muss der knapp vierjährige Rappe aber erst einmal in die „Maske“. Gestütshauptwärter Falk Schütze eilt mit einem Handtuch herbei, um Speichel von Kopf und Maul zu wischen. Jetzt ist der Hengst wieder chic und der Dreh geht weiter.
Mit ein bisschen Glück konnten Pferdefreunde in den vergangenen Wochen die fein herausgeputzten Zuchthengste des Landgestüts an den schönsten Orten der Moritzburger Kulturlandschaft in Aktion erleben. Nicht nur vor der Kutsche am Fasanenschlösschen, sondern auch mit wehender Mähne auf der Mole des Leuchtturms oder im stolzen Trab vor der Kulisse des einstigen Jagdschlosses der Wettiner.
Entstanden sind dabei dank zweier Profi-Filmteams wieder mehrere Stunden Videomaterial, das die edlen Vererber aus den verschiedensten Perspektiven in Szene setzen. Sei es nun mit Totaleinstellungen oder Nahaufnahmen, mit Drohnensequenzen aus der Luft oder mit ästhetischen Zeitlupenstudien.
Im vergangenen Jahr hatte die Chefin der Sächsischen Gestütsverwaltung mit ihren Mitarbeitern coronabedingt nach einer Alternative zur traditionellen Hengstpräsentation suchen müssen. Diese findet immer im Februar zum Auftakt der neuen Decksaison statt. Im Anschluss daran werden die knapp 90 Landbeschäler - so werden die Zuchthengste der Gestütsverwaltung genannt - dann auf die Deckstationen in Sachsen und Thüringen gebracht. Oder sie kommen in Moritzburg zum Einsatz, um bei den Stuten der Züchter für Fohlen zu sorgen.
Für die Züchter aber auch die vielen anderen Pferdefreunde waren im Vorjahr schließlich zwei jeweils fast zweistündige Videopräsentationen geschaffen worden, die viel mehr boten, als das gewohnte Vorstellen der Hengste in der kleinen, kalten und dunklen Reithalle des Landgestüts. „Uns war es wichtig, in dieser Präsentation Tradition, Region und auch die Vielfalt der Pferderassen im Landgestüt miteinander zu verknüpfen“, sagt Kati Schöpke. So entstanden beispielsweise eindrucksvolle Bilder beim Holzrücken im winterlichen Wald, bei dem das existenzbedrohte Rheinisch-Deutsche Kaltblut vom Boden und auch aus der Luft begleitet wurde.
Deutliches plus bei gedeckten Stuten
Zudem wurden Blicke hinter die Kulissen des Gestüts gewährt. Etwa in die Ställe und die Geschirrkammer mit ihren Schätzen. Und schließlich kamen Reiter und Fahrer zu Wort, die sehr viel über den Charakter und die Einstellung der Hengste erzählen konnten. Für die Züchter wertvolle Zusatzinformationen. Während der Präsentationen in der Halle war dafür sonst keine Zeit, „weil die Reiter ständig von einem Pferd zum anderen hetzen müssen“, so die Landstallmeisterin.
Bei Züchtern und Pferdefreunden kam die neue Art der Präsentation gut an, wie Kati Schöpke auch aus vielen Gesprächen erfahren hat. Bereits an dem Wochenende, an dem die Videos online gestellt wurden, konnten jeweils rund Zehntausend Klicks verzeichnet werden. Inzwischen sind es über 50.000. „Mit den Online-Präsentationen haben wir auch Züchter erreicht, die vermutlich nie nach Moritzburg gekommen wären“, so die Chefin der Gestütsverwaltung. Vielleicht ist das ja mit ein Grund, dass die Zahl, der von den Moritzburger Hengsten gedeckten Stuten, nach einem Plus von 6,6 Prozent im Jahr 2020 im Vorjahr noch einmal um über zehn Prozent zugelegt hat.
Ein Wiehern aus dem Telefon
In den beiden neuen Filmen, die am 12. und 13. Februar, jeweils 16 Uhr, auf dem YouTube-Kanal der Gestütsverwaltung und auf ClipMyHorse.TV online gehen, dürfen sich die Pferdefreunde neben Porträts der elf Neuzugänge auch wieder auf Bilder und Informationen bewährter Moritzburger Landbeschäler freuen. Zudem stellen sich diesmal auch die Deckstellenleiter vor.
Eichendorff braucht noch einmal eine kurze Aufmunterung. Kati Schöpke zückt ihr Mobiltelefon und lässt lautes Wiehern erklingen. Sofort spitzt der Hengst seine Ohren und ist wieder mit voller Aufmerksamkeit bei der Sache.
Laut Drehplan sind inzwischen auf der Großen Fasanenstraße die nächsten Akteure im Anmarsch. Zehn Haflinger-Hengste - zum Großteil von Lehrlingen des Landgestüts geritten. Sie müssen aufpassen, denn der Asphalt ist an einigen Stellen tückisch glatt. Doch schließlich kommen alle sicher an der Mole mit dem Leuchtturm an.
Auch bei der Parade der kleinen „Blonden“ führt Kati Schöpke wieder aufmerksam Regie. Ihr entgeht nicht, wenn einer der Hengste etwas ausschert, die Lücke zum Vorderpferd zu groß wird, oder eine Reiterin beziehungsweise ein Reiter mit dem Kopf schüttelt, weil es nicht ganz so klappt, wie gewollt.
Präsentation Schweres Warmblut, Kaltblut und Haflinger: Samstag, 12. Februar von 16.00 – 18.00 Uhr.
Präsentation Reitpferde und Reitponys: Sonntag, 13. Februar von 16.00 – 18.00 Uhr
Auf dem YouTube Kanal der Sächsischen Gestütsverwaltung und auf ClipMyHorse.TV