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Weniger Moritzburger Karpfen

Die Teichwirtschaft plant, in diesem Herbst nur 40 Tonnen der Speisefische aus den Teichen zu holen. Dafür gibt es mehrere Gründe.

Von Sven Görner
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Henry Lindner, Geschäftsführer der Teichwirtschaft Moritzburg, kontrolliert an der Hälteranlage in Bärnsdorf einjährige Karpfen. Auch eine Schleie ist mit im Netz.
Henry Lindner, Geschäftsführer der Teichwirtschaft Moritzburg, kontrolliert an der Hälteranlage in Bärnsdorf einjährige Karpfen. Auch eine Schleie ist mit im Netz. © Arvid Müller

Moritzburg/Radeburg. Kormorane und Fischotter hatten der Teichwirtschaft Moritzburg GmbH im Jahr 2020 große Verluste beschert. Am Ende blieben nur 80 Tonnen übrig. „Das war mit Abstand der schlechteste Ertrag, den wir je hatten“, sagt Geschäftsführer Henry Lindner. In den Jahren davor waren es zwischen 130 und 150 Tonnen gewesen. In sehr guten Jahren sogar 180.

Weil zur Beute der Fischräuber auch ein Großteil der Karpfen gehörte, die erst 2021 zur Verkaufsgröße heranwachsen sollten, plante der Fischwirt im Vorjahr schließlich gleich nur mit 80 Tonnen. Am Ende waren es dann sogar knapp 100.

Und womit dürfen die Anhänger des nachhaltig produzierten und gesunden Lebensmittels in diesem Jahr rechnen? Die Antwort von Henry Lindner überrascht. „Ich hoffe, dass wir im Herbst 40 Tonnen ernten können.“ Das wäre also nur die Hälfte des Allzeit-Negativ-Ertrages von vor zwei Jahren. Da stellt sich die Frage, warum die Moritzburger Teichfischer nicht mehr Karpfen produzieren wollen? Und natürlich auch eine weitere: „Wie ist das finanziell zu verkraften?

Der Geschäftsführer erklärt, dass der Betrieb künftig vor allem auf die eigene Aufzucht der sogenannten Satzfische setzen will. In der Vergangenheit wurden diese zwei Sommer alten Karpfen vor allem zugekauft, im Frühjahr in die Teiche um Moritzburg eingesetzt und dort dann bis zum Herbst auf das Verkaufsgewicht von 1,5 bis zwei Kilo gefüttert. „Das Problem dabei ist, dass diese Karpfen vom Frühjahr bis zum Sommer aufgrund ihres Gewichts noch ganz oben auf der Speiseliste der Kormorane stehen.“ Fallen diese dann in großer Zahl an den Teichen ein, ist das Risiko groß, dass es an einigen, wie im Jahr 2020, fast zu Totalausfällen kommt. Das für den Einkauf und die Fütterung ausgegebene Geld ist damit futsch.

Die sogenannten K1-Karpfen die im Vorjahr in den Teichen zur Welt kamen, wiegen derzeit um die 50 Gramm.
Die sogenannten K1-Karpfen die im Vorjahr in den Teichen zur Welt kamen, wiegen derzeit um die 50 Gramm. © Arvid Müller

„Wir haben im vergangenen Jahr besonders schöne und große Exemplare in mehreren Teichen zum Laichen eingesetzt“, sagt Henry Lindner. Das Ergebnis sei besser gewesen als erhofft. „Ich wäre froh gewesen, wenn wir so eine Tonne Mini-Karpfen produziert hätten. Am Ende waren es sogar fünf Tonnen.“ Diese sogenannten K1 - sie wiegen jeweils um die 50 Gramm - wurden nun auf mehrere Teiche verteilt und sollen bis zum Herbst auf möglichst 500-Gramm-Exemplare heranwachsen.

Etwa 100 Kilo blieben versuchsweise in der Hälteranlage auf dem Betriebsgelände in Bärnsdorf. Der Vorteil: Dort sind sie vor den Kormoranen und dem Otter sicher. Der Nachteil: Wird es wieder ein trockener und heißer Sommer, muss das Frischwasser für die Hälteranlage aus dem darüberliegenden Großteich abgezapft werden, was dann dort wieder fehlt.

Mit der erfreulich großen Zahl selbst produzierter Mini-Karpfen ist allerdings das Problem verbunden, dass dadurch auch weniger Platz für die zum Verkauf erforderlichen K2 zur Verfügung steht. „Es ist nur sinnvoll, in einem Teich entweder K1 oder K2 einzusetzen, weil wir sonst ja zweimal mit verschiedenen Netzen abfischen müssten, um alle aus dem Wasser zu bekommen. Zudem, so der Teichwirtschaft-Geschäftsführer, wurden in diesem Jahr die Karpfen „sehr dünn eingesetzt“. Was bedeutet, dass die Anzahl der Fische unter der bisher üblichen Besatzmenge liegt.

Getreidefütterung deutlich reduziert werden

So wird den gefiederten Fischräubern die Jagd auf die Karpfen erschwert. Doch es gibt noch einen anderen gewichtigen Grund: die Preisexplosion beim Futtergetreide. „Bisher kostete die Tonne 170 Euro, inzwischen liegt der Preis bei 400 Euro.“ Und das ist vermutlich noch nicht das Ende. Benötigt werden laut Henry Lindner pro Jahr 200 bis 300 Tonnen. Lagern kann der Betrieb aber nur 30. „Unser Ziel ist es, in diesem Jahr beim Zufüttern unter 50 Tonnen zu bleiben.“ Stattdessen sollen die Fische vor allem durch die Aufnahme von Naturnahrung wie Wasserflöhe, verschiedenen Larven und Schlammröhrenwürmer wachsen. „Das kann aber nur funktionieren, wenn die Teiche nicht so dicht besetzt sind.“

Geht der Plan auf, könnten bis zum Herbst aus den fünf Tonnen K1-Karpfen 50 Tonnen K2 geworden sein. Und würde dann auch im nächsten Jahr alles nach Plan laufen, könnten diese schließlich zu einer prächtigen Ernte von 150 Tonnen heranwachsen. Doch bis dahin, das weiß niemand besser als Henry Lindner, kann noch viel passieren.

Trotz der geplanten bisher geringsten Fischernte soll im Herbst das traditionelle Abfischen am Schlossteich möglich sein. Nach zwei Jahren Corona-Pause.
Trotz der geplanten bisher geringsten Fischernte soll im Herbst das traditionelle Abfischen am Schlossteich möglich sein. Nach zwei Jahren Corona-Pause. © Norbert Millauer

In diesem Jahr sollen es nun aber erst einmal, dank sechs Tonnen selbst produzierter zweijähriger Karpfen und der gleichen Menge zugekaufter Satzfische, im Herbst 40 Tonnen werden, die zum Verkauf stehen. Die Menge der Fische im Schlossteich soll dabei reichen, um nach zwei Jahren coronabedingter Pause vielleicht diesmal wieder das traditionelle Abfischen zu feiern.

Und auch im Hofladen, der ist heute zum Saisonabschluss noch einmal von 10 bis 17 Uhr geöffnet, soll ab September keine gähnende Leere herrschen. „Wir werden nicht nur wieder Seefisch, sondern bei Bedarf auch Karpfen zukaufen.“ Dank der in den vergangenen Jahren in Bärnsdorf ausgebauten Veredlung der Karpfen - ein erheblicher Teil wird bereits als Filet oder geräuchert verkauft - sollen zudem die geringeren Ertragsmengen kompensiert werden.

Neben den Karpfen wachsen in den Moritzburger Himmelsteichen übrigens auch wieder Schleie, Hechte und Welse heran. „Hier hoffen wir auf weitere 10 bis 15 Tonnen Speisefisch.“

Und natürlich wurden nach dem Erfolg erneut Karpfen zum Laichen eingesetzt. Ziel sind hier wieder fünf bis sechs Tonnen Mini-Karpfen.

Der Hofladen in Bärnsdorf hat am 27. Mai von 10 bis 17 Uhr noch einmal geöffnet. Bis September bleibt er dann geschlossen.