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Mutmaßlicher Brandstifter vor Gericht

Der Feuerwehrmann soll ein Haus in Meißen angezündet haben. Gehen auch Brände im Wettiner Forst auf sein Konto?

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© Claudia Hübschmann

Von Jürgen Müller

Großalarm am 18. August 2011 in der Meißner Innenstadt. Der Dachstuhl eines historischen Wohnhauses auf der Neugasse 5 stand gegen 20.45 Uhr plötzlich in Flammen. Fünf Familien mussten aus dem Haus fliehen. Mit zwei Drehleitern und im Innenangriff löschten rund 70 Feuerwehrleute den Brand. Unterdessen schauten die Mieter verängstigt von der Straße aus zu ihren Wohnungen hinauf. War es Brandstiftung?

Seit gestern muss sich der Angeklagte, hier mit seinem Verteidiger Bernd Lehmann, vor dem Landgericht in Dresden verantworten. Foto: Robert Michael
Seit gestern muss sich der Angeklagte, hier mit seinem Verteidiger Bernd Lehmann, vor dem Landgericht in Dresden verantworten. Foto: Robert Michael

Es war Brandstiftung. Dessen sind sich die Ermittler sicher. Der mutmaßliche Täter, ein heute 44 Jahre alter Meißner Feuerwehrmann, muss sich seit gestern wegen schwerer Brandstiftung vor dem Landgericht Dresden verantworten. Bei dem Brand in der Neugasse entstand ein Sachschaden von 700.000 Euro. Zwei weitere Brände werden dem Angeklagten zur Last gelegt. So soll er am 10. September des gleichen Jahres eine Gartenlaube in Luga angezündet haben. Der Schaden hier: vergleichsweise geringe 50 Euro. Am 6. Oktober 2011 soll der Mann dann auch noch einen Holzstapel auf einem Lagerplatz in Korbitz angebrannt haben. Auf 4.000 Euro wurde der Schaden beziffert.

Möglicherweise gehen auf das Konto des Meißner Feuerwehrmannes noch etliche weitere Brände im Wettiner Forst. Das sagte gestern der Chef der 2011 extra gegründeten Ermittlungsgruppe. Die Brände dort zeichnen sich alle durch die gleiche Vorgehensweise aus. Die Polizisten haben aber auch die Schicht- und Dienstpläne des Angeklagten mit den Brandtagen abgeglichen. Es fällt auf, dass es immer dann brannte, wenn der Angeklagte Freizeit hatte. Diese Indizien reichen allerdings nicht für eine Anklage aus.

Anders ist das bei den drei Bränden, wegen derer er jetzt vor Gericht sitzt. Da wurde er nämlich an den Brandorten immer kurz vor Ausbruch der Brände über sein Handy geortet. Die Ermittler schickten dazu „stille SMS“ auf sein Handy. Diese Kurznachrichten bemerkt der Empfänger nicht, aber sein Standort kann festgestellt werden. Um „stille SMS“ zu schicken, muss der Netzbetreiber das Handy dazu freischalten. Dazu bedarf es eines richterlichen Beschlusses.

Kalaschnikow unterm Ehebett

Ursprünglich hatten die Ermittler mehrere Coswiger Feuerwehrleute in Verdacht, die Brände im Wettiner Forst gelegt zu haben. Beim Überprüfen der Alibis fiel einer nach dem anderen weg. Auf den jetzigen Angeklagten kam die Polizei durch Hinweise von Meißner Feuerwehrleuten. Die hatten gesehen, wie ihnen ihr Kamerad, der keinen Dienst hatte, auf dem Weg zu einem Brandeinsatz entgegenkam. Von da an wurde er überwacht. Auch eine Wohnungsdurchsuchung wurde angeordnet. Dabei gab es überraschende Funde. Neben etlichen Sportwaffen und Munition, die der Sportschütze besitzen durfte, wurden unter dem Ehebett auch ein israelisches Maschinengewehr vom Typ „Uzi“ samt Munition sowie eine Kalaschnikow mit Leuchtspurmunition sichergestellt. Auch Revolver, Pistolen, ein Gewehr, den Lauf eines Maschinengewehres, zwei Springmesser, sieben selbst gebaute Sprengvorrichtungen und Munition aus dem Zweiten Weltkrieg wurden in der Wohnung gefunden. Sportwaffen durfte der Mann besitzen, sie waren aber in der Wohnung verteilt und nicht wie vorgeschrieben im verschlossenen Waffenschrank. Im Keller fanden sich unter anderem 1,8 Kilogramm Schwarzpulver und 50 bis 100 vorgefertigte Brandsätze sowie der Sprengstoff Riodin. Deshalb muss sich der Mann auch wegen unerlaubten Waffenbesitzes und Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz verantworten.

Über den Jahreswechsel 2011/12 befand sich der mutmaßliche Brandstifter für zwei Monate in Untersuchungshaft. Dort hat er den Waffenbesitz gestanden, auch zu dem Brand in der Neugasse äußerte er sich, ohne ein Geständnis abzulegen. Mit den Bränden in Luga und Korbitz habe er nichts zu tun, hatte er gesagt. Vor Gericht will er sich zu den Tatvorwürfen überhaupt nicht äußern. Dafür spricht er über seine Leidenschaft zu Waffen. Seit seiner Kindheit sei er begeisterter Sportschütze, betreibe dieses Hobby seit 30 Jahren. Gern wäre er auch wieder Feuerwehrmann. Seit den Tatvorwürfen sei er jedoch beurlaubt worden.

Hatte er Täterwissen?

Es ist ein reiner Indizienprozess, den die 14. Große Strafkammer am Landgericht Dresden unter Vorsitz von Richterin Michaela Kessler führen muss. Zunächst hat das Gericht vier Verhandlungstage angesetzt. Heute wird das Verfahren mit dem Anhören weiterer Zeugen fortgesetzt. Geladen sind unter anderem Meißner Feuerwehrleute. Die hatten sich bei dem Brand in der Meißner Neugasse damals schon gewundert, dass ihr Kamerad als erster und einziger sehr schnell den Brandherd im Dachgeschoss fand. Hatte er also Täterwissen? Auffällig auch, dass er entgegen aller Regeln allein in das Dachgeschoss stürmte. Auch ein psychiatrischer Gutachter ist in der Verhandlung anwesend. Er soll über die Frage entscheiden, ob der Angeklagte schuldfähig ist. Alles deutet aber darauf hin, dass er für seine Taten voll einstehen muss. Das Urteil wird am Freitag erwartet.