Von Kay Haufe
Dresden. Welch ein Gewimmel! Was tagsüber nicht immer klappt, funktioniert zur Langen Nacht der Dresdner Museen: Die Besucher kommen in Scharen. Im Mathematisch-Physikalischen Salon des Zwingers wird der Platz knapp, als ein Experte die Himmelswelt in gerade mal sieben Minuten erklärt. Dicht umlagert ist die goldglänzende Planetenuhr August des Starken. Fünf Jahre hat ihre Fertigung in Hessen gedauert, bevor sie 1568 nach Dresden kam. Und August konnte ordentlich angeben damit. Nur drei weitere solcher Technik-Prachtstücke der Renaissance gab es noch in Paris, Wien und Kassel.
Die Museumsnacht in Dresden
Gold hin oder her, deutlich cooler fand Paul Lütkemeier eine Sonnenuhr der Sammlung, die er selbst bedienen konnte. „Hier sehe ich richtig, wie das mit dem Licht funktioniert“, sagt der Achtjährige, der mit seinen Eltern aus Siebenlehn angereist war. Glänzend ging es bei ihm weiter: in der Rüstkammer des Zwingers, wo Ritterrüstungen bestaunt wurden.
Deutlich farbenfroher präsentierten sich die Schätze des Landhauses, wo nicht nur die Sonderschau zum Kulturpalast viele Freunde fand, sondern auch die Werke der Städtischen Galerie. Einige Besucher kamen zunächst gar nicht ins Haus, abgefangen von der Band im Festzelt. Wer dann doch den Blick wagte, fand sich vor einem überdimensionalen DDR-Emblem mit Hammer, Zirkel und Ehrenkranz wieder, das jedoch schnell unter einer schwarzen Plane verschwand.
Nicht verhüllt, sondern nackt und offen zeigten sich die Gesichter in der aktuellen Ausstellung des Hygiene-Museums. In ihr können sich die Besucher auf Spurensuche begeben. Was nicht schwer ist, angesichts von Gesichtern, die uns überall anschauen. Von Plakaten und Gemälden, in Zeitschriften oder als Selfies im Internet. Wie verändert diese mediale Allgegenwart unser Verhältnis zum Gesicht selbst, fragen die Macher der Schau. Und kommen mit ihren Angeboten erstaunlich gut an bei den Besuchern, auch wenn die Zeiger der Uhr schon weit nach 22 Uhr zeigen. „Irgendwie stand das Hygiene-Museum nie bei mir auf dem Plan“, sagt Juliane Meier, die in Dresden studiert. „Doch die Angebote zur Museumsnacht fand ich so gut, dass ich heute hier bin. Großes Kino, weit weg von langweilig und angestaubt“, sagt sie. Vor allem der Teil zur Mimik fasziniert sie. Wie es uns gelingt, im Mienenspiel des Gegenübers etwas über seine Gefühle herauszulesen. Oder ihn dabei missverstehen. Künftig könnten Computerprogramme helfen, die Feinheit der Mimik zu entziffern. Ob wir das wirklich wollen?
Daumen hoch für die Verkehrsbetriebe, die Sonderbusse fuhren ließen, damit die teilweise weiten Wege zwischen den Museen schnell bewältigt waren. So war es kein Problem zum Militärhistorischen Museum zu gelangen, das sich zwischen 22 und 22.40 Uhr von einer ganz neuen Seite zeigte. Bilder unter dem Titel „Gewalt in Bewegung“ wurden auf die Hauptfassade westlich der Keilspitze projiziert, begleitet von der Musik von Alienata. Dicht umlagert auch die Wunderwaffen, mit denen das nationalsozialistische Deutschland versuchte, den Zweiten Weltkrieg zu seinen Gunsten zu entscheiden. Ein Absacker.