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Nato überdenkt Verhältnis zu Georgien

Schon seit Langem hatten die Georgier eingeladen. Doch bei manchen der 26 Nato-Botschafter, die in Brüssel normalerweise als Nato-Rat tagen, war die Lust zum Ausflug in den Kaukasus begrenzt. Sie fürchteten,...

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Von Dieter Ebeling, Brüssel/Tiflis

Schon seit Langem hatten die Georgier eingeladen. Doch bei manchen der 26 Nato-Botschafter, die in Brüssel normalerweise als Nato-Rat tagen, war die Lust zum Ausflug in den Kaukasus begrenzt. Sie fürchteten, der Tiflis-Trip werde die Erwartung der Gastgeber, schon bald dem Nordatlantischen Bündnis beitreten zu dürfen, nur unnötig erhöhen. Nun ist alles ganz anders: Der Einmarsch der Georgier in der abtrünnigen Region Südossetien, die nach Nato-Ansicht „unverhältnismäßige“ Reaktion der russischen Truppen darauf, ein Temperatursturz in den Beziehungen zwischen West und Ost: Plötzlich bekommt eine Reise, von der manche hofften, sie möge kaum bemerkt und rasch vergessen werden, große Bedeutung.

Vorbereitung auf Gipfel

Der prowestliche georgische Präsident Michail Saakaschwili, der mit Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer feierlich die Gründung einer „Nato-Georgien-Kommission“ besiegeln will, sieht in dem Besuch vor allem eine Demonstration der Solidarität durch das Bündnis. Und an Beteuerungen von unverbrüchlicher Freundschaft und dem Festhalten an der territorialen Unversehrtheit Georgiens wird es nicht mangeln. Vor allem jedoch geht es darum, sich für den Dezember dieses Jahres politisch warmzulaufen und in Stellung zu bringen. Dann nämlich werden die Außenminister der Nato-Staaten entscheiden, wie es mit den Beitrittswünschen Georgiens und auch der Ukraine weitergehen soll.

Beim Nato-Gipfel Anfang April in Bukarest hatte harter Widerstand von Ländern wie Deutschland, Frankreich, Spanien und den Niederlanden noch verhindert, dass Kiew und Tiflis sofort in einen „Aktionsplan für die Mitgliedschaft“ (MAP) aufgenommen wurden, der nach einigen Jahren automatisch zum Beitritt führt. Mit starker Unterstützung der USA erzwangen aber die Unterstützer der beiden Aspiranten – vor allem die baltischen und eine Reihe osteuropäischer Länder –, dass die Ukraine und Georgien als künftige Mitglieder grundsätzlich akzeptiert wurden. Im Dezember soll geprüft werden, wie weit die beiden vom „Aktionsplan“ noch entfernt sind.

Die Annahme, Saakaschwilis Kommandounternehmen in Südossetien und die russische Reaktion hätten dafür gesorgt, dass der Beitritt Georgiens auf längere Zeit kein Thema mehr für die Nato sei, könnte ein großer Irrtum sein. „Ich habe noch kein sicheres Gefühl dafür, ob unsere Position stärker oder schwächer geworden ist“, sagt ein deutscher Diplomat. Es scheine jedoch „kein größeres Drängen“ auf das Projekt MAP zu geben.

Das will die Regierung in Tiflis ändern. Russlands Vorgehen sei der Beweis dafür, dass Georgien so schnell wie möglich Mitglied der Nato werden müsse. So sehen es auch die Unterstützer Georgiens, allen voran US-Außenministerin Condoleezza Rice.

Radarsysteme installiert

Während die Nato die Beziehungen zu Russland auf Eis gelegt hat, hat sie eine neue Innigkeit mit Georgien entwickelt. So wird am heutigen Montag feierlich eine „Nato-Georgien-Kommission“ aus der Taufe gehoben. Ein Fonds entsteht, in den Nato-Länder Geld zur Entwicklung der „Verteidigungsfähigkeiten“ des kaukasischen Kleinstaats einzahlen können. Pausenlos sind Nato-Experten im Land unterwegs, um den Georgiern bei der Planung des militärischen Wiederaufbaus zu helfen, neue Radarsysteme „zur Erhöhung der Sicherheit des Luftverkehrs“ werden installiert und mit Nato-Computern verbunden. Als mustergültige Demokratie will sich Georgien den Nato-Botschaftern bei deren Visite präsentieren: Auch Kontakte mit der Opposition stehen auf dem Besuchsprogramm. (dpa)

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