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Nazi- und DDR-Zeit ausgeblendet

Zum Tag der Sachsen sind im Festumzug weder Russen noch Wehrmacht oder NVA zu sehen – aber die Husaren.

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© Brühl

Von Birgit Ulbricht

Sie wissen es noch nicht, aber sie werden beim Tag der Sachsen alle nicht dabei sein: die Militärtechnik-Freunde Sachsen, die AG-Militärhistorik Zeithain und viele andere Gruppen aus ganz Sachsen, die mit Fahrzeugen und Uniformen eine Zeit in Bildern verkörpern, die nicht mehr gewollt ist. Ende Juni wird das Großenhainer Projektbüro die Briefe herausschicken. Darin werden die Vereine nachlesen können, dass „alles zu unterlassen ist, was Krieg und Diktatur verherrlicht“. „Präsentationen, die dazu geeignet sind, dem Ansehen des Tages der Sachsen in der Öffentlichkeit Schaden zuzufügen, nicht zuzulassen sind.“ Das Kuratorium Tag der Sachsen hat sich daher darauf verständigt, „zum Festumzug keinerlei militärische Fahrzeuge und uniformierte Personen der Epochen 1933 bis 1989 zuzulassen“.

Das Ganze ist für Jörg Withulz vom Projektbüro Tag der Sachsen in Großenhain so heiß, wie er selbst sagt, dass er keinerlei Fragen dazu beantwortet und auf Kuratoriumsvorsitzenden Dr. Matthias Rößler in Dresden verweist. Der ist zugleich Landtagspräsident und zitiert die Präambel der sächsischen Verfassung, die genau diese Verherrlichung der nationalsozialistischen wie kommunistischen Gewaltherrschaft verbietet. Eine Regelung, die im Übrigen bereits seit 13. Oktober 2012 gilt – doch zum letzten Tag der Sachsen in Schwarzenberg blieb das Verbot eher im Hintergrund, weil Schwarzenberg keine geprägte Garnisonsstadt wie Großenhain ist. Auslöser des Ausblendens der Zeit von 1933 bis 1989 war der Tag der Sachsen 2012 in Freiberg.

Reiner Baudis von der IG-Militärtechnik Sachsen sagt: „Wir haben, wie von der Stadt bestellt, unsere Umzugsbilder präsentiert, aber weder irgendwelche verfassungsfeindlichen Symbole gezeigt noch hatten wir Waffen mit.“ Der kulturpolitische Sprecher der Partei Die Linke, Volker Külow, machte allerdings einen „Nazi-Skandal“ aus, mehrere Medien berichteten entsprechend. Schließlich ermittelte sogar die Chemnitzer Staatsanwaltschaft, die der IG in einer Gerichtsverhandlung bescheinigte, dass „die technische Darstellung der Restauratorenarbeit absolut gesetzeskonform stattfand“.

Trotzdem war die mediale Diskussion derart imageschädigend für Sachsen, dass man im Kuratorium die Konsequenzen zog. Das räumt Matthias Rößler durchaus ein. „Im MDR wird der gesamte Festumzug gezeigt und stellen Sie sich vor, welche Empfindungen solche Motive dann auslösen können“, so Rößler und setzt nach, „wir mussten uns klar positionieren, und in der Präambel der sächsischen Verfassung ist das klar geregelt.“ Auf die Frage, ob die bekannten Großenhainer Husaren letztlich nicht ebenso ein autoritäres System, nämlich das der Kaiserzeit, verkörpern, antwortet Rößler, man beziehe sich ausdrücklich auf die nationalsozialistische und kommunistische Diktatur. Die Zeit zuvor sei damit nicht zu vergleichen. Außerdem habe man Schweden-Lager, Ulanen, Husaren, die könne man nicht alle ausschließen. Die Frage ist nun, ob Symbole wie das FDJ-Hemd eigentlich statthaft sind, schließlich verherrlichte die Jugendorganisation die „Diktatur DDR“.

„Falls dazu Anträge bei der Ausrichterstadt gestellt werden, wird die Stadt diese prüfen“, sagt Simone Schröder-Kalbas, Leiterin der Geschäftsstelle „Tag der Sachsen“ in Dresden salomonisch.

Schon der CDU-Politiker Günter Nooke forderte rechtliche Schritte gegen das Zeigen von DDR-Symbolen in Ostalgieshows. 1998 wies der Generalstaatsanwalt von Sachsen das Landeskriminalamt sogar an, dass in jedem Fall der öffentlichen Verwendung des FDJ-Symbols polizeiliche Ermittlungen durchzuführen sind. 2010 wurden in Leipzig gegen sechs Teilnehmer eines Ostermarsches, die FDJ-Hemden trugen, Ermittlungen wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen eingeleitet – und später eingestellt.