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Neukirchs kleines Kaufhaus

Einzelhändler Christfried Köhler kam auf Umwegen zu seinem Beruf. Seinen Kunden erfüllt er auch spezielle Wünsche.

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© Steffen Unger

Von Ingolf Reinsch

Neukirch. Lidl und Netto verkaufen gut platziert an der Bundesstraße in Neukirch. Christfried Köhler betreibt seinen Markt ein Stück abseits der Durchgangsstraße, am Rande des Wohngebietes Parkstraße/Lindenallee. Nur von den Bewohnern dort kann er natürlich nicht leben. Also muss sich der Einzelhändler immer wieder etwas einfallen lassen, damit Kunden zu ihm kommen. Und das gut sortierte Geschäft, seit vier Jahren Partner der Marke „nah & frisch“, bietet tatsächlich mehr als man von einem Lebensmittelmarkt erwartet.

1996 übernahm der Putzkauer die Kaufhalle im Nachbardorf als Pächter, die damals noch von der Handelskette Spar beliefert wurde. Mit den Jahren erweiterte er das Sortiment. Wonach Kunden fragten, schaffte er ran und machte so die Kaufhalle mit der Zeit zum kleinen Warenhaus. Schreib- und Spielwaren, Wolle und Kurzwaren, Strümpfe und Tücher, Haushaltswaren und Kosmetika kamen nach und nach in die Regale. Als der Drogeriemarkt Schlecker in Neukirch schloss, erweiterte Christfried Köhler das Angebot auch in diesem Bereich. Seine Kunden danken es ihm. „Es ist nah. Die Bedienung ist immer freundlich. Und ich kriege hier alles, was ich brauche“, sagt Helmut Liebenau. Katja Born kauft fast jeden Tag hier ein: „Ich habe eine große Familie, und es ist nicht so weit“, sagt die junge Frau.

Viel Regionales in den Regalen

Wünsche von Kunden führten dazu, dass in den Regalen und Auslagen auch viele regionale Erzeugnisse zu finden sind. Zum Beispiel handgefertigte Kerzen aus Burkau, Nudeln aus Wehrsdorf, Produkte der Rätze-Mühle Spittwitz, Honig aus Putzkau, Neukircher Zwieback und Schnäpse der Neukircher Spirituosenfabrik Jonas. Hinzu kommen Post-Dienstleistungen und die Annahme von Aufträgen für die Reinigung Lehmann und die Wäscherei Zierenberg in Bischofswerda. Viele Waren holt der Chef mit dem Auto selbst ran und verbindet diese Fahrten oft mit einem besonderen Service für ältere Stammkunden in Neukirch und Putzkau: Er bringt ihnen die bestellte Ware nach Hause – ohne Preisaufschlag. Gerade im Winter, wenn viele Wege und Straßen glatt sind, kommt dieser Service sehr gut an.

Christfried Köhler ist Seiteneinsteiger im Handel, auch wenn er längst den IHK-Abschluss als Einzelhändler hat. Gelernt hat er Kfz-Elektriker. Aus familiären Gründen wechselte er den Berufl. Sein erstes Geschäft war 50 Quadratmeter groß. Eingerichtet war es im Erdgeschoss eines inzwischen komplett fürs Wohnen umgebauten Hauses in Putzkau. Bis 2001 betrieb er diesen Laden – erst als Hauptstandbein, ab 1996 als Filiale. 2013 kaufte der jetzt 60-Jährige die frühere Neukircher Kaufhalle, die er zuvor gepachtet hatte, modernisierte und erweiterte sie. Fast 80 Quadratmeter Verkaufsfläche kamen hinzu – zu großen Teilen der Platz, auf denen jetzt die Industriewaren angeboten werden. Insgesamt hat der Markt reichlich 300 Quadratmeter Verkaufsfläche. Gleich am Eingang ist ein Putzkauer eingemietet: Bäckermeister Jörg Mager betreibt dort eine Filiale.

Reich wird man vom Handel nicht

Reich wird man vom Handel nicht. Rechne er am Ende eines fast zwölf Stunden langen Arbeitstages seinen Stundenlohn zusammen, habe er weniger in der Tasche als seine drei Verkäuferinnen, sagt Christfried Köhler. Man kauft es ihm ab, wenn er sagt, Liebe zum Beruf gehöre dazu, so einen Markt am Laufen zu halten. Der Putzkauer stammt aus einem christlichen Elternhaus. Die dort vermittelten Werte haben ihn geprägt. „Geld ist nicht alles im Leben“, sagt er. „Es gibt sehr reiche Menschen, die am Ende wenig haben.“

Reichtum bedeutet Christfried Köhler vor allem seine Familie. Die zieht auch im Geschäft mit. Seine Ehefrau Brigitte kümmert sich um Wolle, Kurzwaren und Kerzen – von der Bestellung bis zum Einräumen der Regale. Tochter Kathrin betreut neben ihrem Beruf als Rechtsanwältin das komplette Spielwarensortiment. „Sie hat selbst drei Kinder und weiß, was gerade gefragt ist“, sagt Christfried Köhler.

Auch wenn er das Geschäft privat betreibt und damit das wirtschaftliche Risiko allein trägt – einen Handelspartner im Hinterland zu haben, hilft ungemein – vom Einkauf bis zur Werbung. Auf der Suche nach Partnern im südlichen Landkreis Bautzen war die Dachmarke „nah & frisch“ vor vier Jahren auf ihn zugekommen.

Bis er 65 ist, möchte Christfried Köhler den Markt führen. Vielleicht auch noch ein Jahr länger. Einen Nachfolger für das Geschäft gibt es noch nicht. „Ich bin auf der Suche“, sagt der Einzelhändler.