Merken

Nichts geht mehr auf der S 36

Zwischen Leisnig und dem Kreuz Hartha ist die Strecke voll gesperrt. Anwohner und Firmen haben daran zu knabbern.

Teilen
Folgen
NEU!

Von Tina Soltysiak

Zwischen Hartha und Leisnig gibt es wohl kaum ein Thema, das die Gemüter so erhitzt hat, wie die Sanierung und teilweise Neutrassierung der Staatsstraße 36. Generell hat die Bevölkerung für das Grundanliegen Verständnis. Doch die Informationspolitik, die das zuständige Landesamt für Straßenbau und Verkehr, kurz Lasuv, als Bauherr teilweise an den Tag gelegt hat, konnten die Bürger nur schwerlich nachvollziehen.

Amt schickt Autofahrer auf dreimal so lange Umleitung

Besonders in Aufregung versetzt hat die Autofahrer die offizielle Umleitung. Sie ist gleich dreimal so lang, wie die eigentliche Verbindung zwischen Leisnig und dem Kreuz Hartha. Lasuv-Sprecherin Isabel Siebert teilte mit, dass der Umweg von Hartha aus entlang der Bundesstraße 175, über die Bundesstraße 169 und die Staatsstraße 34 nach Leisnig führt. Autos und Laster legen dann 30 statt zehn Kilometer zurück. Gerade zu Beginn der Streckensperrung, die seit Mitte April gilt, haben sich die wenigsten Kraftfahrer daran gehalten. Das hatte Harthas Bürgermeister Gerald Herbst (CDU) geahnt. Beim symbolischen Spatenstich am 31. März sagte er: „Ich hoffe auf den Ausfall der Navigationsgeräte, damit vor allem die Lkw-Fahrer die ausgeschilderte Umleitung benutzen.“

Ortskundige fahren die Nebenstraßen kaputt und gefährden Anwohner

Mit der Idylle in Kieselbach, Neudörfchen, Wendishain und Queckhain ist es seit der Vollsperrung vorbei. Ortskundige suchten und suchen sich nach wie vor kürzere Schleichwege. In Kieselbach fürchten Eltern um ihre Kinder, da der Schulweg ein Stück der Straße entlangführt. Zudem hatten die Anwohner Schwierigkeiten, aus ihren Grundstücken zu fahren. An die Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 Kilometern pro Stunde haben sich nur die wenigsten Kraftfahrer gehalten. Bürgermeister Gerald Herbst hatte Anfang September gezählt, wie viele Fahrzeuge ihm auf dem Abschnitt zwischen Kieselbach und dem Questenberg entgegenkommen. In den zehn Minuten, die er für die Fahrt benötigte, waren es 42 Fahrzeuge. Dabei war nicht einmal Hauptverkehrszeit.

Eine Zeit lang war die S 36 zwischen Minkwitz-Siedlung und dem Ortsteingang Leisnig noch freigegeben. Allerdings nur für Anwohner, Baustellen- und Einsatzfahrzeuge sowie den Busverkehr. Die Abkürzung wurde von einigen Kraftfahrern ausgenutzt. Sie fuhren durch Wendishain und Queckhain. „Die Häuser bekommen Risse, die Straßen werden kaputt gefahren“, sagte Ruth Peisz aus Queckhain. Die Wege sind schmal. Wenn sich zwei Fahrzeuge mit überhöhter Geschwindigkeit begegnen – das sei laut Familie Peisz häufiger vorgekommen – , sei es manches Mal fast zu einem Unfall gekommen.

Dass ortskundige Anwohner ihnen bekannte Abkürzungen als Schleichwege nutzen, könne seitens des Lasuv nicht unterbunden werden. „Sie sind wie das übrige Netz für den öffentlichen Verkehr uneingeschränkt gewidmet“, so Lasuv-Sprecher Peter Welp. Aus diesem Grund ist wohl nicht zu erwarten, dass das Landesamt die Kosten für die Instandsetzung der kaputten Ortsstraßen übernimmt.

Ob das geplante Bauende Herbst 2015 gehalten werden kann, ist fraglich

Die Strecke zwischen Gersdorf-Pfarrhäuser und Minkwitz-Siedlung ist fertig. Ob auch die übrigen Bauabschnitte planmäßig fertiggestellt werden können, sei fraglich. Diese Meinung vertritt unter anderem der Leisniger Bauamtsleiter Thomas Schröder: „Dass der Abschnitt zwischen Minkwitz-Siedlung und Leisnig bis Ende März 2015 fertig wird, ist utopisch, wenn ein strenger Winter kommt.“

Baustopp stößt auf Unverständnis

Noch ist das Wetter so gut, dass weiterhin gebaut werden könnte. Doch seit dem 19. Dezember ruht die Baustelle. „Der Baubetrieb hat in der Zeit vom 22. Dezember bis 6. Januar planmäßig Betriebsferien“, so Isabel Siebert. Vor allem die in Minkwitz ansässigen Unternehmer haben wenig Verständnis dafür, dass die Straße zwischen der Siedlung und Leisnig schon jetzt abgefräst worden ist. Die Straße werde über die Feiertage und den Jahreswechsel nicht freigegeben. Es sei vorgesehen, die Arbeiten bereits Anfang Januar wieder aufzunehmen, teilte die Lasuv-Sprecherin mit.

Auf der Umleitung wird 2015 ebenfalls gebaut

Das war ein Paukenschlag: Ab Frühjahr soll zu allem Übel auch auf der Bundesstraße 175 in Döbeln von der Zschopaubrücke bis zur Ortsumgehung Masten gebaut werden. Das ist mitten auf der offiziellen Umleitung, die für die S 36-Vollsperrung eingerichtet ist. Das Lasuv wolle alles dafür tun, um eine Vollsperrung auf der B 175 zu vermeiden. „Zur Minimierung der Behinderung sind eine Behelfsfahrbahn, eine halbseitige Bauweise und bewusst kurz eingeteilte Bauabschnitte denkbar“, so Pressesprecherin Isabel Siebert. Dass die Bauarbeiten parallel laufen, sei unvermeidbar gewesen, da der Ausbau des Knotenpunktes in Döbeln „sowohl fachlich als auch aus der Region dringend gefordert“ worden sei, ergänzte Isabel Siebert.

Neue Rad- und Gehwege stimmen versöhnlich

Die S 36 wird auf einer Länge von etwa 6,1 Kilometern grundhaft ausgebaut. Dadurch werden enge Kurven, fehlende Geh- und Radwege sowie die bisher unzureichende Trassierung behoben. Dabei erfolgt der Ausbau auf einer Fahrbahnbreite von sieben Metern. Außerdem wird zwischen dem Abzweig Wallbacher Straße und dem Stadtbad Leisnig ein kombinierter Geh- und Radweg gebaut.

Die Gesamtkosten für den Straßenbau belaufen sich auf rund 9,2 Millionen Euro. Die Maßnahme wird zu 75 Prozent mit Geld aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (Efre) gefördert. Leisnig und Hartha beteiligen sich am Bau mit der Finanzierung von Gehwegen, der Straßenbeleuchtung sowie der Bushaltestellen.