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Verein hilft Menschen mit Gendefekt

Wer im afrikanischen Tansania an Albinismus leidet, wird oft verfolgt. Mit sächsischer Unterstützung soll ein Ausweg aufgezeigt werden.

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© Andreas Weihs

Von Marcus Herrmann

Nossen/Tansania. Noch 43 Tage, dann hebt der Flieger Richtung Dubai ab. Doch die arabische Metropole ist nur ein Zwischenstopp für den Nossener Stadtrat und Vorsitzenden des Vereins Brückenschlag Sachsen-Tansania, Hans-Christoph Scholtyssek. Mit drei Mitstreitern wird der 72-Jährige ins ostafrikanische Tansania reisen. Insgesamt neun Stunden Flug und das Doppelte an Fahrzeit bis zum Zielort Mbinga im Südwesten warten auf die Deutschen. Für Scholtyssek wird es das 14. Mal sein, dass er zu seinen tansanischen Freunden aufbricht. Dieses mal für knapp drei Wochen. Die Mission ist dabei schon vor der Gründung des Vereins Brückenschlag im Jahr 2010 stets gleich gewesen: Benachteiligten helfen, Bildung vor Ort fördern und die dafür nötige Infrastruktur schaffen.

Was der Verein im 11000 Kilometer entfernten Tansania geschaffen hat, kann sich schon jetzt sehen lassen. „Wir haben eine Schule in Mbinga errichtet, Werkstätten und Kitas gebaut und in der Stadt auch eine Computerschule mit 240 Geräten aus Sachsen erreichtet“, sagt Scholtyssek. Zur Aufgabe hat es sich der Verein außerdem gemacht, die Schulbedingungen im Ort Mhongozi aktiv zu verbessern. „Dank einer Förderung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ist bereits ein Schulgebäude mit zwei Klassen- und zwei Lehrerzimmern fertig“, sagt der Nossener. Im August gebe es nun eine Begehung mit der Sächsischen Jugendstiftung.

Der Brückenschlag-Verein bringt für den rund 80 000 Euro teuren Bau ein Viertel selbst auf. Dabei habe eine erfolgreiche Bewerbung beim Tag „Genial sozial“ geholfen, wodurch für das kommende Schuljahr eine Förderung erlangt werden konnte. „In einem Jahr soll alles fertig sein. Wir schauen nun vor Ort, ob alle wichtigen Kriterien eingehalten wurden und alles da ist, wie es vereinbart wurde“, erläutert Scholtyssek. Finanzieren kann sein Verein die Hilfeleistung über Spenden, Auftritte bei Großveranstaltungen oder Präsentationen. Hilfreich sind auch eigene Angebote wie Computer-Schulungen für Menschen über 50 Jahre, die regelmäßig im Büro an der Waldheimer Straße 13 stattfinden. Vor allem Englisch-Unterricht steht dabei auf dem Programm.

„Alles, was nach Abzug der Vergütung für unseren Dozenten übrig bleibt, stecken wir in die Arbeit des Vereins“, berichtet der Stadtrat, der sich kürzlich entschieden hat, für eine weitere Legislatur im Nossener Stadtparlament zu kandidieren. Am Herzen liegt ihm dabei besonders ein Gemeinschaftsprojekt mit der katholischen Diözese in Mbinga. Um das Haus des dortigen Bischofs herum sei in den vergangenen Jahren eine gute Infrastruktur entstanden. „Hier wollen wir nun eine Art Hostel für Jungen und Mädchen mit Albinismus errichten.

Denn in großen Teilen des Landes werden die Kinder geächtet oder sogar mit dem Tod bedroht, da ihre Körperteile für viel Geld verkauft werden können“, sagt Scholtyssek. Oft werden Albinos wie Aussätzige oder Verfluchte behandelt. Sie leiden seit Geburt an einer Störung der Biosynthese. Eine deutlich hellere Haut- und Haarfarbe sowie häufig eingeschränktes Sehvermögen sind die Folge. In Mbinga, so das Ziel, sollen bald schon Albinos aus dem ganzen Land in Kitas mit Einheimischen spielen und in Schulen zusammen unterrichtet werden. Integration und Inklusion stecken in weiten Teilen Afrikas noch in den Kinderschuhen. Die 22 Mitglieder des Vereins Brückenschlag wollen das Problem sukzessive anpacken.

Ähnlich schwer ist der Weg, Kindern zu helfen, deren Eltern an der Immunschwäche AIDS gestorben sind. „Auch hier sind wir aktiv, konnten bereits 54 Patenschaften für Voll- oder Halbwaisen vermitteln. Nur so können wir ihnen einen Schulbesuch ermöglichen“, freut sich Scholtyssek. Für 150 Euro jährlich ermöglichen die deutschen Paten die Bildung nach der siebten Klasse. Bei der Aktion steht die Woda, eine regierungsunabhängige Organisation vor Ort, zur Seite.

„Bisher fand bei jedem Besuch des Vereins in Tansania ein Treffen mit allen Patenkindern statt. So entstehen Kontakte, die langfristig halten.“ Langfristig wird auch das Engagement des Vereins sein, ist Scholtyssek sicher. Neue Mitglieder sind stets willkommen. Dazu dürfte inzwischen auch Bürgermeister Uwe Anke gehören. Er hatte zumindest beim Frühjahrsempfang angekündigt, den Mitgliedsantrag auszufüllen. Außerdem lobte er den Verein, der das gesellschaftliche Leben der Stadt mitpräge – unter anderem durch seine Präsenz auf dem Nossener Weihnachtsmarkt oder beim „Lauf mit Herz“.

[email protected]

Kontakt für interessierte Paten: Tel. 035242  434985