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Nummer acht ist zurück

Rückkehr. René Bräunlich, Ex-Irakgeisel, ist wieder auf dem Fußballrasen und dankt für die Anteilnahme.

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Von Thomas Schade

René Bräunlich, eine der beiden Ex-Irakgeiseln, hat für das Match extra den Urlaub unterbrochen. Er hat Freundin Sindy und Söhnchen sowie seinen Kollegen Thomas Nitzschke an der Ostsee gelassen und ist zu seinem Fußballverein SV Grün-Weiß Miltitz gefahren. Für den läuft er gestern Nachmittag auf, in angestammter Position im offensiven Mittelfeld gegen den FC Sachsen Leipzig.

Dabei geht es in den 90 Minuten keineswegs um den Sieg. Der Kreisklasseverein im Leipziger Nordwesten feiert die Rückkehr seines jetzt berühmtesten Spielers auf den Rasen. Ein paar Hundert Zuschauer, so viel wie selten, sind gekommen, um den Mann zu unterstützen, um den sie 99 Tage gebangt hatten. Mit den Worten „Klasse, dass Du wieder da bist, auf geht´s“ erhält René Bräunlich aus der Hand seines Trainers Michael Herrn das aktuelle Vereinstrikot. Der 32-jährige Anlagenbauer hat einige Mühe, mit dem Medienrummel fertig zu werden. „Ich bin froh, wieder dabei zu sein“, sagt er und dankt mit wenigen Worten allen, „die an unserem Schicksal Anteil genommen haben“.

Wieder in der Normalität

Vier Monate nach der Befreiung aus irakischer Geiselhaft ist René Bräunlich damit zweifellos einen Schritt weitergekommen auf dem Weg zurück in die Normalität. Vielen Zuschauern sind noch die Bilder in Erinnerung, als die Mannschaftskameraden am 12. Februar an gleicher Stelle auf den schneebedeckten Rasen aufgelaufen waren, um sich ihrerseits mit einer Videobotschaft an die Entführer zu wenden und die Freilassung der Geiseln zu fordern.

Zu dieser Zeit waren die beiden Mitarbeiter der Firma Cryotech aus Bennewitz bei Leipzig bereits den 20. Tag verschleppt. Vor einer Kamera des MDR verlasen Trainer Michael Herrn und Spielführer Gunnar Laske den dramatischen Appell an die Barmherzigkeit der Islamisten. Was damals keiner wusste: Erst am 2. Mai sollte das Geiseldrama enden – nach vielen Mahnwachen vor der Leipziger Nicolaikirche.

Dort trafen sich auch Spieler und Trainer der beiden Vereine, die sich nun gegenüberstehen. Eine Nachwuchsmannschaft des FC Sachsen übergab bei einer der Mahnwachen spontan ihren eben gewonnenen Bezirksmeisterpokal an Nicolaipfarrer Christian Führer. Sie wollten ihre Trophäe erst wiederhaben, wenn die Geiseln frei seien, sagten die kleinen Kicker damals. So sei es „Ehrensache“, die symbolische Rückkehr der Männer mitzugestalten, sagt Hans-Jörg Leitzke, Trainer des Amateuroberligisten Sachsen Leipzig. Mit der „vollen Kapelle“ sei er deshalb auch gekommen, nicht um den Kreisklasseverein in Grund und Boden zu spielen, sondern um den Zuschauern ein attraktives Spiel zu bieten – es endet zehn zu null für die Leutzscher.

Unter den Zuschauern sind auch zahlreiche Mitarbeiter von Cryotech. Schon drei Wochen nach ihrer Befreiung seien erst Bräunlich und wenig später auch Nitzschke zur Arbeit gekommen, so Geschäftsführer Peter Bienert. Sie seien in „einer stabilen Verfassung“ und mittlerweile wieder unentbehrlich.

Der Irakauftrag der beiden sei mit großen Mühen via Internet und mit Videoschaltkonferenzen erfolgreich beendet worden. „Zum Glück hatten die beiden das Wichtigste schon getan“, sagt Bienert.