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„Nur Einzigartiges hat Erfolg“

Die Erlebniswelt Oskarshausen im Freitaler Real-Markt kann gelingen, meint Professor Nico Stengel. Dafür müssen aber Voraussetzungen erfüllt sein.

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Professor Nico Stengel ist Experte ür Tourismus.
Professor Nico Stengel ist Experte ür Tourismus. © Sven Ellger

Von Annett Heyse

Freital. Ein riesiger Stapel Strohballen, ein alter Kutter und Pflanzkübel auf dem Parkdeck – am ehemaligen Real in Freital-Burgk ist Oskarshausen entstanden. 

Auf der Internetseite wird mit zwölf Einkaufsständen, Manufakturen auf hundert Quadratmetern, sechs Geburtstagsbereichen und einem Restaurant geworben. Auf Eintrittspreise will Investor und Betreiber Christian Wehlan verzichten.

Kann so etwas in Freital funktionieren? Und was wollen die potenziellen Gäste? Wie viel Geld sind sie bereit, für derlei Freizeitvergnügen auszugeben? Die Sächsische Zeitung fragte Nico Stengel, Professor für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Tourismus, und Studiengang-Leiter Tourismus und Event-Management von der Fachhochschule Dresden.

Wie hoch schätzen Sie den Bedarf im Großraum Dresden nach solchen Freizeitangeboten für Familien mit Kindern ein?

Es gibt viele kleine Angebote, aber nur sehr wenige große Anlagen, in denen man einen halben Tag oder mehr verbringt. Auch in Freital selbst gibt es da längst nicht genug. Darüber hinaus ist der Bedarf längst noch nicht gedeckt. Die Zielgruppe für solche Anlagen ist in allererster Linie die Bevölkerung aus der Region Freital, Dresden Meißen und Pirna. Aber man könnte auch Touristen, vor allem Familien, erreichen. Allerdings wird kein Tourist von allein auf die Idee kommen, in Freital nach einem Freizeitangebot zu suchen. Hier muss Oskarshausen mit gut positionierter Werbung und kreativen Angebotspaketen aufwarten. So könnte man ganz sicher den einen oder anderen nach Freital locken, da bin ich mir sicher.

Welche Konzepte sind denn besonders erfolgreich?

Wer Erfolg haben möchte, braucht etwas Besonderes, Unverwechselbares. Anders formuliert: Nur wer etwas Einzigartiges bietet, und das kann auch ein Spektakel sein, kann dauerhaft erfolgreich sein. Einfach eine Kopie einer Freizeiteinrichtung hinzusetzen, die es im Umfeld von Freital schon gibt, wird nicht funktionieren. Sehr erfolgreich ist beispielsweise Karls Erdbeerdorf, das viele aus dem Ostseeurlaub kennen. Das ist eine Mischung aus altem Bauernhof, Landleben und Landwirtschaft, verbunden mit Spielplätzen, Restaurants, Laden für selbst gemachte Marmeladen, Erdbeeren, Eis bis hin zu Geschirr. Karls Erdbeerdorf wirkt bodenständig. Hier arbeitet man stark mit Erinnerungen und Gefühlen. Der Eintritt ist frei und das Geld wird im Restaurant und mit dem Verkauf von Merchandise-Artikeln verdient. Dieses Modell funktioniert gut.

Oskarshausen setzt auch auf einen freien Eintritt. Das heißt aber, man braucht viele Gäste, die ihr Geld im Restaurant oder im Laden lassen. Kann das in Freital funktionieren?

So eine Einrichtung muss sich schnell ein großes Stammpublikum aufbauen. Das geht nur über die Qualität der Angebote. Zudem braucht es eine Abwechslung, damit die Gäste mehrmals im Jahr kommen. Es muss immer wieder Veränderungen, Feste und neue Attraktionen geben, beispielsweise im Verlauf der Jahreszeiten. Der Dresdner Zoo ist dafür ein gutes Beispiel. Hier werden immer wieder neue Anreize mit neuen Gehegen, Festen oder einem Spielplatzumbau gesetzt.

Welche Wünsche und Bedürfnisse haben die Kunden von Freizeiteinrichtungen?

Die Qualität ist sehr wichtig. Es darf nichts alt, abgenutzt oder unsauber wirken. Betreiber von solchen Anlagen müssen darauf achten, dass alles gut gepflegt ist und Ordnung herrscht. Zum Beispiel müssen Spielsachen vollständig sein. Und die Atmosphäre muss durchgängig inszeniert sein. Das fängt an der Parkplatzeinfahrt an, geht beim Weg ins Gelände oder ins Gebäude weiter und muss sich durch die gesamte Anlage ziehen. Der Besucher muss das Gefühl haben, in einer anderen Welt zu sein. Alles muss aufeinander abgestimmt und mit Liebe zum Detail aufgebaut sein. Um die Besucher auch wiederholt in die Einrichtung zu locken, sollte es außerdem nicht nur Angebote für Kinder geben, sondern auch für die Eltern. Gute Konzepte bieten also für Erwachsene beispielsweise Cafés, Sitzecken zum Plaudern, Einkaufsmöglichkeiten oder vielleicht einen Arbeitsbereich an, um die E-Mails zu checken. Die Kinder wollen unterhalten werden, die Erwachsenen entspannen.

Gibt es Erkenntnisse, wie viel Geld die Menschen bereit sind, für solche Angebote auszugeben?

Dazu liegen uns noch keine gesicherten Erkenntnisse vor. Wir wissen, dass die Ausgabebereitschaft mit der Größe der Einrichtung steigt. In einem Baby-Café liegt der Schnitt bei einem Getränk, also bei drei bis vier Euro. Solche Anlagen, wie das geplante Oskarshausen, das keinen Eintritt nehmen will, braucht einen deutlich höheren Umsatz. Schließlich sollen die Investitionskosten wieder eingespielt werden und dazu die gesamten Betriebsausgaben für Technik, Unterhaltung und Personal. Ich schätzte, die Ausgabenbereitschaft für eine Verweildauer bis zu einem halben Tag liegt bei zehn Euro pro Besucher. Alles, was darüber hinausgeht, ist dann ein Tagesausflug, vergleichbar mit einem Zoobesuch. Und den macht man nicht jede Woche. Es sei denn, man besitzt eine Jahreskarte.

Das Interview führte Annett Heyse.