Merken

Obercunnersdorfer Handwerk für eine Ostsee-Perle

Die Tischlerei Schneider fertigt kunstvolle Haustüren. Die vom Darß sind ganz besonders.

Teilen
Folgen
NEU!
© Matthias Weber

Von Markus van Appeldorn

Mit einem feinen Pinsel trägt Frank Rößler die letzten Farbdetails auf das Blumen-Motiv auf. Dann ist das Werk vollendet. Drei Wochen nach dem ersten Handgriff ist unter den Händen von Frank Rößler nicht einfach eine Haustüre entstanden, sondern ein Kunstwerk, eine strahlende Visitenkarte des Hausbesitzers – Oberlausitzer Handwerkskunst für die Ostsee-Küste.

Die Obercunnersdorfer Tischlerei Schneider hat sich auf solche kunstvollen Türen spezialisiert – und besetzt damit erfolgreich eine Nische im Denkmalschutz. Und das inzwischen bundesweit. „Ich führe den Betrieb mittlerweile in vierter Generation“, sagt Tischlermeister Ulrich Schneider, „mein Urgroßvater hat 1924 angefangen. Und mit meinen Söhnen Markus und Richard ist bereits die fünfte Generation im Betrieb“, sagt er. Zu der ausgeprägten Expertise für kunstvolle Haustüren kam er per Zufall. „Vor rund 20 Jahren kam eine Obercunnersdorferin zu mir, die wollte die Türe ihres Umgebindehauses genauso wieder haben, wie sie ursprünglich ausgesehen hatte“, erzählt Schneider. Und in diesem Wunsch entdeckte er eine Marktlücke. Er bereiste die gesamte Oberlausitz. „Wir haben mit der Zeit weit über Hundert Haustür-Modelle fotografiert, archiviert und Skizzen angefertigt, Proportionen aufgenommen“, sagt der Tischlermeister.

Und er studierte die Besonderheit der heimischen Haustüren. „Es gibt hier in der Oberlausitz ja viele sogenannte ,Ärmliche Häusl‘“, sagt Schneider. Auf die Haustüre aber hätten die Bewohner stets sehr viel Wert gelegt. „Wir sehen viele historische Haustüren mit zwei bis drei Farben, aufwendigen Kapitellen und Schlagleisten“, sagt Schneider. Der Tischlermeister weiß aber nicht nur sein Handwerk für den Erfolg zu nutzen, sondern auch moderne digitale Technik. „Wir haben einen starken Internetauftritt. Und der hat uns über die Landesgrenze hinausgetragen“, sagt er.

Um sich Haustüren anzuschauen, reiste Ulrich Schneider auch selbst über Ländergrenzen. „Es gibt sehr schöne Haustüren in Irland“, sagt er. In Amsterdam machte er die Erfahrung, dass in der Zeit des aufstrebenden Bürgertums und der Kaufmannschaften das Wettrüsten quasi an der Haustür stattfand. Wer hat die aufwendigsten Verzierungen, das edelste Holz, den kostbarsten Türknauf? Die Haustüren dort gleichen einem Kontoauszug des Besitzers. Und auch Hessen begeisterte ihn. „Dort gibt‘s ein riesiges Programm an Haustüren von historischen Fachwerkhäusern, oft mit vier bis fünf verschiedenen Farbtönen“, sagt Schneider. Und sein Obercunnersdorfer Handwerk war auch dort gefragt. „Es hat sich uns eine Nische aufgetan, mit unseren Türen in der Denkmalpflege mitzuwirken“, erzählt er. Viele Türen hat er dort schon hingeliefert, meistens aus französischer Eiche. Massenware gibt’s bei ihm nicht. „Wir sind eine Manufaktur, so Schneider. Jüngst hat er ein großes Eingangsportal nach Karlsruhe geliefert oder den Historischen Bahnhof in Wilkau-Hasslau im Erzgebirge mit denkmalgerechten neuen Türen bestückt.

Und dann ist da immer wieder diese eine Region in Deutschland, für deren Haustüren Ulrich Schneider so schwärmt: Der Darß an der Ostsee-Küste in Mecklenburg-Vorpommern. „Die Haustüren dort sind wundervoll, farbenfroh und mit vielen Motiven der Ostsee-Landschaft.“ Der Auftrag einer Familie aus Elmenhorst bei Rostock war ihm daher eine besondere Freude. Sie kamen mit dem Bild einer Haustür vom Darß und wollten für ihr Haus in Strandnähe zwei Türen haben.

„Eine Produktion mit intensiver Farbgebung“, erzählt Ulrich Schneider. In sieben Farben sind die beiden Kunstwerke ausgeführt. Mit aufwendig geschnitzten Fisch- und Segel-Motiven, einer aufgehenden Sonne, einem großen Blumentopf. „Ich habe das Glück, dass Werner Isenschmitt, ein sehr guter Holzbildhauer, oft für mich arbeitet“, sagt Schneider. Den Schnitzer hat es aus seiner Schweizer Heimat im Berner Oberland in die Oberlausitz gezogen. So ein Kunstwerk ist nicht nur schön anzuschauen, sondern auch massiv. Rund 100 Kilogramm wiegt eine dieser Türen. Sie sind aus Samarinda gefertigt, einem extrem harten Rotholz aus Indonesien.

„An der Ostsee müssen wir wegen der Witterung und der salzhaltigen Luft solche Hölzer verwenden“, sagt Schneider. Gerade auch in den Küstenregionen der Niederlande wie etwa in Amsterdam oder auch in Belgien würde dieses tropische Holz schon seit etlichen Generation für Haustüren verwendet. Vor allem Türen aus Fichten- oder Kiefernholz seien unter den klimatischen Bedingungen an der Küste nach rund 20 Jahren kaputt. „So eine Türe aus Samarinda hält bei regelmäßiger Pflege über Generationen, ewig“, sagt Ulrich Schneider, und: „Wir verwenden ausschließlich zertifiziertes Holz aus nachhaltiger Waldnutzung.“