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Öko-Strom aus der Ostrauer Mühle

Ein kleines Wasserkraftwerk produziert Energie für den Zeltplatz – und bietet zum Kirnitzschtalfest ungeahnten Schutz.

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© Steffen Unger

Von Thomas Möckel

Ostrau. Es ist ordentlich angeheizt im Kirnitzschtal am Sonnabendmittag, die Sonne brennt auf die schattenlosen Plätze, feuchte Schwüle legt sich wie ein bleiernes Tuch über den Zeltplatz Ostrauer Mühle. Die Menschen scheint es kaum zu stören, unaufhörlich schiebt sich der Besucherstrom ins Tal, per Bahn, mit dem Fahrrad, zu Fuß, viele wollen das Kirnitzschtalfest mitfeiern. Allerdings lockt das Wetter auch unangenehme Gäste an. Schwüle, Schweiß und Wärme bilden eine unglückliche Melange, auf jedem Quadratzentimeter freier Haut lassen sich kleine schwarze Gewitterfliegen nieder, dass es nur so krabbelt.

Katrin Raabe (l.), Flora Bretschneider (r.) und die kleine Diana bemalen in der Felsenmühle eine Raupe.
Katrin Raabe (l.), Flora Bretschneider (r.) und die kleine Diana bemalen in der Felsenmühle eine Raupe. © Steffen Unger
Hannes Türke aus Freital schaut sich im Kirnitzschtalbahn-Depot Modellbahnen an. Er ist Straßenbahnfan und arbeitete 40 Jahre bei den Dresdner Verkehrsbetrieben.
Hannes Türke aus Freital schaut sich im Kirnitzschtalbahn-Depot Modellbahnen an. Er ist Straßenbahnfan und arbeitete 40 Jahre bei den Dresdner Verkehrsbetrieben. © Steffen Unger
Manfred Heerlein (r.), Chef der Schauanlage Neumannmühle, erklärt Familie Regel aus der Nähe von Sömmerda sowie Markus und Hannah aus Schöna die Technik der Mühle.
Manfred Heerlein (r.), Chef der Schauanlage Neumannmühle, erklärt Familie Regel aus der Nähe von Sömmerda sowie Markus und Hannah aus Schöna die Technik der Mühle. © Steffen Unger
Matthias Hentzschel (l.) ist an der Ostrauer Mühle in den 40 Grad warmen mittelalterlichen Badezuber gestiegen, Bader-Lehrling Matthias Tisat schöpft ihm Wasser übers Haupt.
Matthias Hentzschel (l.) ist an der Ostrauer Mühle in den 40 Grad warmen mittelalterlichen Badezuber gestiegen, Bader-Lehrling Matthias Tisat schöpft ihm Wasser übers Haupt. © Steffen Unger

Kurz nach Mittag wartet ein Trupp technisch Interessierter vor dem Wasserkraftwerk Ostrauer Mühle, sie wollen einerseits für einen Moment lang Fliegen und Hitze entfliehen, sie wollen aber auch Wissenswertes über die kleine Ökostrom-Anlage erfahren. Franz Hasse, früher einmal Inhaber des Zeltplatzes „Ostrauer Mühle“, bevor er ihn vor etlichen Jahren an seinen Sohn übergab, zeigt zuerst die ausgeklügelte Technik, die draußen zu sehen ist. Einmal eingeschaltet, schiebt sich ein breiter Besen unaufhörlich über den Rechen, der Laub und anderen Schmutz von der Turbine fernhält. Der Besen schöpft alles in eine extra Rinne, von dort aus wird es in einen Seitenarm gespült und fließt hinter dem Kraftwerk wieder in die Kirnitzsch. Hasse darf Laub und Schmutz ausnahmsweise wieder in den Fluss einleiten, hinter ihm kommt keiner mehr flussabwärts, den das beeinträchtigen würde.

Seit 1668, erzählt Hasse, gibt es die Ostrauer Mühle, errichtet einst auf des Königs Geheiß, weil der enorme Windbruch nach einem Sturm in einer Sägemühle noch zu brauchbarem Bauholz verarbeitet werden sollte. Lange lief die Wasserkraftanlage, zu DDR-Zeiten allerdings war die Turbine kaputt. Erst nach der Wende belebte Hasse das Kraftwerk mithilfe tschechischer Fachleute wieder.

Tief unten im kleinen Anbau surrt das Hauptaggregat, viel ist nicht zu sehen außer einem gelben Gehäuse. Drinnen dreht sich die Durchströmturbine, die mit dem wechselnden Wasserstand der Kirnitzsch besonders gut klar kommt. Das Ökokraftwerk hat eine Leistung von 40 Kilowatt, es produziert im Jahr etwa 220 000 Kilowattstunden, etwa hundertmal so viel, wie ein durchschnittlicher Haushalt im Jahr verbraucht. Etwa die Hälfte von der erzeugten Energie benötigt Hasse, um Strom für den Campingplatz zu liefern, den Rest speist er ins öffentliche Netz.

In einem Raum unten im Keller erklärt Hasse die Steuer-Elektronik. Die Gäste hören hier besonders lange zu, es ist kühl und fliegenfrei. Einst drehte sich in dem Keller das hölzerne Mühlrad, bevor es durch eine Turbine ersetzt wurde. Als die Zuhörer, um einiges Wissen reicher, wieder in den schwülen Sommernachmittag steigen, sind die Fliegen weniger geworden, die Besucher strömen aber noch immer in großer Zahl ins Kirnitzschtal.