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Ohne Alkohol durch den Tag der Sachsen

Sitzen war gestern, heute lehnt man sich im Altkreis nur noch an. Bier wird dabei aber nicht getrunken – und auch keine Wurst verzehrt. Ein lässiger Rückblick.

Von Kevin Schwarzbach
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SZ-Redakteur Kevin Schwarzbach wirft einen satirischen Blick auf die vergangene Woche.
SZ-Redakteur Kevin Schwarzbach wirft einen satirischen Blick auf die vergangene Woche. © Archiv/Lutz Weidler

Altkreis Riesa. Nur wer mit dem Trend geht, bleibt im Gespräch, liebe Leserinnen und Leser. Idealerweise ist man dem Trend sogar ein wenig voraus, um wirklich für Aufsehen zu sorgen. Ein Gefühl, das man im Altkreis Riesa bestens kennt. Denn irgendeine Innovation haben wir hier immer zu bieten.

Den neusten Coup hat die Riesaer Stadtverwaltung gelandet. Die hat jüngst drei sogenannte Anlehnbänke an Bushaltestellen im Stadtgebiet installiert. Falls Sie sich das jetzt bildlich schlecht vorstellen können: Die Dinger sehen aus wie schicke Klappstühle für die eigene Gartenparty, nur eben ohne Klappe. Denn wenn man den Leuten etwas zum Sitzen hätte bieten wollen, hätte man ja gleich eine ganze Bank gekauft. Und schließlich kennt man die Leute doch mittlerweile. Mehr als die Hälfte würde sicher vergessen, den Stuhl nach der Benutzung auch wieder richtig zuzuklappen.

Aber nein, die Stadtverwaltung will ihre Bürgerinnen und Bürger keineswegs veralbern. Die modischen Anlehnbänke sind nicht etwa aus Einrichtungsgründen angeschafft worden. Vielmehr ist an den Haltestellen Strehlaer Straße/Kirchstraße sowie an der Grenzstraße einfach kein Platz für eine richtige Bank. Aber heutzutage weiß man nun einmal enorm stilvoll mit solchen Problemen umzugehen.

Die Krux mit der Trinkersatzung

Stil ist auch das, was man in der Riesaer Innenstadt einfordert. Zumindest gewissermaßen. Denn der Stadtrat hat in seiner jüngsten Sitzung die sogenannte Trinkersatzung erneuert. Sprich: Auch in diesem Jahr wird an ausgewählten Plätzen in Riesas Innenstadt ein Alkoholverbot gelten. Genau genommen wird es sowohl am Alexander-Puschkin-Platz und auf dem Kinovorplatz als auch entlang der Hauptstraße von dienstags bis sonntags, jeweils von 12 bis 24 Uhr, verboten sein, Alkohol zu konsumieren oder mit sich zu führen.

Alkohol ist böse, das wissen wir ja alle, liebe Leserinnen und Leser. Auch wenn Herbert Grönemeyer da gern etwas anderes behauptet. Kein Wunder also, wenn die Verwaltung das Geschehen in der Innenstadt ein wenig zu regulieren versucht.

So mancher Paragrafenreiter muss bei der Trinkersatzung aber sicher aufhorchen. Ein Alkoholverbot auf der Hauptstraße? Stets von 12 bis 24 Uhr, außer montags? Wie soll man denn da noch vernünftig seine Einkäufe tätigen? Manchmal steht ja dann doch eine etwas ausgelassenere Feier auf dem Plan. Alkoholanschaffung im großen Stil inklusive. Einmal richtig rebellisch fühlen, schnellen Schrittes über die Hauptstraße eilen, die Tüte halb hinter dem Rücken versteckt, und ab nach Hause.

Viel besorgniserregender findet der Paragrafenreiter wohl den Gedanken an bevorstehende Großveranstaltungen wie den Tag der Sachsen. Soll das Bier da etwa nur zwischen 0 und 12 Uhr ausgeschenkt werden? Wobei ... Ist vielleicht gar keine so schlechte Idee: Morgens durchtanken, den ganzen Tag davon zehren. Das verhindert nebenbei unnötigen Müll in Form von zerbrochenen Bierflaschen oder zertretenen Plastikbechern. Aber ja, irgendein anderer Paragrafenreiter wird schon einen entsprechenden Absatz in der Satzung finden, der das Trinken zu besonderen Anlässen ohnehin erlaubt. Ist das Fass erst einmal geöffnet, helfen nur noch Anlehnbänke.

Wurstbude bleibt illegal

Wenigstens das Problem mit den Imbissbuden sollte zum Tag der Sachsen keine Rolle spielen. Dann wird sich der Altkreis vor Bratwürsten, Knobi-Brot und Lángos kaum retten können. Der Duft wird selbst die Menschen aus Zeithain und Nünchritz über die Elbe locken. Vielleicht kommt sogar die Nixe von Strehla den Fluss hinaufgeschwommen, um mal eine Ausfahrt mit dem Riesenrad zu machen und ganz genüsslich eine Tüte Popcorn zu verdrücken.

Dem Tag der Sachsen geht schon jetzt eine Anziehungskraft voraus, den auch die Wurstbude an der Lauchhammerstraße in Riesa gern hätte. Doch für das rote Häuschen gibt es nach wie vor keine Baugenehmigung. Grund dafür sind Unklarheiten bezüglich der Leitungsrechte. Die müsse die Verwaltung dem Gesetz nach einfordern, sagt Stadtsprecher Uwe Päsler. Weil vom Betreiber der Wurstbude aber nichts zurückkommt, bleibt der Grill bisher kalt. Und wird wohl auch sein Leben lang keine Wurst mehr sehen – zumindest in Riesa. Die Stadt hat dem Unternehmen die Auflage erteilt, das nicht genehmigte Bauwerk zu entfernen. Dabei hätte man die Würste nur rund anderthalb Kilometer so genüsslich an einer Anlehnbank essen können.

Diese Woche kann wohl kaum lässiger werden.