Partner im RedaktionsNetzwerk Deutschland
Merken

Pakistan boykottiert die Bonn-Konferenz

Nach dem blutigen Grenzzwischenfall gewinnt das Militär wieder die Oberhand in Islamabad.

Teilen
Folgen
NEU!

Von Willi Germund, SZ-Korrespondent in Bangkok

Schlimmer hätte es kaum kommen können. Nachdem Pakistan beschlossen hat, die Bonner Afghanistan-Konferenz zu boykottieren, kann man sich das Treffen auch sparen. Da die radikalislamischen Talibanmilizen nicht eingeladen wurden, hätte nur noch Islamabad im Namen der Regierungsgegner sprechen können. Damit stecken nun alle Versuche, in Afghanistan bis zum Abzug westlicher Kampftruppen im Jahr 2014 eine halbwegs tragbare Lösung zu finden, endgültig in der Sackgasse.

Die Schlüsselfigur der Konferenz wird fehlen: die pakistanische Außenministerin Hina Rabbani Khar. Grund ist ein Nato-Angriff auf zwei pakistanische Militärposten, bei dem 24 Soldaten getötet worden sein sollen. Gestern zog die Regierung in Islamabad die Konsequenzen. „Pakistan erwartet einen Erfolg der Konferenz“, hieß es in einer Erklärung. „Aber in Anbetracht der Entwicklungen und aktuellen Umstände hat es sich dazu entschlossen, an der Konferenz nicht teilzunehmen.“

Ein halbes Jahr, nachdem Washington Islamabads Streitkräfte mit der Kommandoaktion gegen den al-Qaida-Führer Osama bin Laden düpierte, besiegelte die Nato mit ihrem Angriff das Comeback der Generäle am Indus. Damals hatten sich die Offiziere wegen ihrer Unfähigkeit blamiert, den meist gesuchten Mann der Welt in der Garnisonsstadt Abbottabad aufzuspüren. Nun gibt das Militär wieder den Ton an in Islamabad.

Offenes Bündnis mit China?

Im innenpolitischen Machtgefüge Pakistans bleibt den zivilen Politikern nur noch mehr Ohnmacht gegenüber dem Militär als sonst. Die Generäle schüren den Zorn der Pakistaner, um ihre gefährdete politische Vorherrschaft neu zu zementieren und zivile Politiker zu Statisten zu degradieren.

Geschickt nutzt Pakistan die Attacke zur Verbesserung seiner außenpolitischen Situation. Der Nachbar China, sonst ein stiller Verbündeter, schlägt sich plötzlich öffentlich auf die Seite Pakistans. In Islamabad stärkt dies den Glauben, neben der Partnerschaft mit Saudi-Arabien eine weitere strategische Alternative zum Bündnis mit den USA zu besitzen.

Am stärksten dürften die Folgen dort zu spüren sein, wo den Westen der Schuh am meisten drückt: Afghanistan. Ohne oder gegen Pakistan rollt der Nachschub nicht mehr, und alle Bemühungen um einen halbwegs haltbaren Frieden nach dem Nato-Abzug im Jahr 2014 kommen ebenfalls nicht von der Stelle. Ohne Pakistan wird es in Afghanistan keine Lösung geben. Und ohne Lösung, so ein Ex-General in Islamabad, wird nach dem Abzug das Chaos zurückkehren. (mit dpa)