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Personelle Querelen im Einnehmerhaus

Der Kunstverein Freital hat mit Barbara Schuster eine neue Geschäftsführerin. Die Probleme sind damit nicht gelöst.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Thomas Morgenroth

Freital. Kunst ist streitbar, und sie soll es auch sein. Im Kunstverein Freital allerdings führten Diskrepanzen über den Inhalt der Ausstellungen im Einnehmerhaus zu personellen Querelen. Zu erheblichen und unerwarteten, wie Barbara Hornich, die Vorsitzende, einräumt. Weil er mit der künstlerischen Ausrichtung zunehmend unzufrieden war, aber vor allem, weil ihm nach eigener Aussage in diesen Dingen keinerlei Mitspracherecht eingeräumt worden sei, legte Hans-Jürgen Malessa im vergangenen Sommer sein Ehrenamt als Geschäftsführer nieder. Nach mehr als fünfzehn Jahren. Er trat zugleich aus dem Verein aus, und mit ihm einige andere Mitglieder.

Anlass war die Schau des Dresdner Künstlers Lutz Fleischer, der in Beuys’scher Tradition mit Fundstücken die alltäglichen Verwerfungen und Absurditäten unserer Gesellschaft kommentiert. Bissig, ironisch, aber auch mit klaren politischen Positionen. So übt er zum Beispiel mit seiner „Pegida-Milch“ Kritik an den fremdenfeindlichen Demonstrationen in Dresden.

Gegenstimmen nicht erwünscht

„Ich fand es zu riskant, eine solche Ausstellung im doch etwas rechtslastigen Freital zu veranstalten“, sagt Malessa. Der 68-jährige Dresdner hatte Angst vor Anschlägen, die zum Glück ausblieben. Dann hatte er ein massives Problem mit dem Künstler selbst, der in seiner Ausstellung seinen sechzigsten Geburtstag feierte und sich dabei nach Malessas Meinung „skandalös“ aufführte. „Ich fand sein Verhalten schädlich für den Verein, aber ich wurde im Vorstand nicht gehört“, sagt er enttäuscht.

Malessa will seine Entscheidung nicht allein an Fleischers Ausstellung festmachen. „Es rumorte schon länger“, sagt er. Das bestreitet Barbara Hornich nicht. Letztlich aber, betont sie, wähle sie mit dem Vorstand die Künstler aus, die im Einnehmerhaus ausstellen, wobei ihr vor allem der Freitaler Künstler Wolfgang Petrovsky beratend zur Seite steht. „Gegenstimmen waren aber nicht zugelassen“, sagt Malessa verbittert. „Entscheidend ist die Qualität“, meint Barbara Hornich.

Sonst will sich die Vorsitzende nicht weiter zu Malessas Vorwürfen äußern. Die 76-jährige Freitalerin, die nach schwerer Krankheit erst langsam wieder im Verein und in dem von ihr geleiteten Keramikkurs Fuß fasst, will lieber nach vorn schauen. Sie ist froh, mit Barbara Schuster eine neue Geschäftsführerin gefunden zu haben, die sich um die organisatorischen Dinge kümmert. Die 65-Jährige, die in Helbigsdorf wohnt, aber aus Freital stammt, ist dem Einnehmerhaus schon länger verbunden, insbesondere mit Ausstellungen ihres 2001 verstorbenen Bruders Andreas Küchler. Sie verwaltet den Nachlass des Malers und Grafikers, der 1982 mit Bernd Hahn, Jürgen Wenzel und Anton Paul Kammerer die Künstlergruppe B53 gründete.

Kommissarische Geschäftsführerin

Barbara Schuster selbst ist nicht künstlerisch tätig, sie ist eigentlich Lehrerin für Russisch und Geschichte, hat aber seit der Wende vor allem Englisch und Kunst unterrichtet. Zuletzt war sie Konrektorin an der Oberschule in Niederbobritzsch. Seit vergangenen Sommer ist sie im Ruhestand, nunmehr freilich wohl eher im Unruhestand im Kunstverein Freital. Als Geschäftsführerin arbeitet sie zunächst kommissarisch, bis zur turnusmäßigen Wahl des Vorstandes im Frühjahr 2018.

Dort, das ist allen Beteiligten klar, wird sich die Zukunft des rein ehrenamtlich arbeitenden Vereins, der momentan 33 Mitglieder hat, entscheiden. Zwar funktionieren die Zirkel und Kunstkurse sowie die Galerie derzeit reibungslos. Auch die Finanzierung ist dank der Zuwendungen von Stadt und Kulturraum gesichert. „Aber wir wissen, dass der Verein überaltert ist“, sagt Barbara Hornich. Im Vorstand liegt der Altersdurchschnitt bei fast 70 Jahren, bei den Mitgliedern, deren Reihen sich zunehmend durch Todesfälle lichten, sieht es kaum besser aus. Nachwuchs ist nicht in Sicht, reine Kindergruppen gibt es im Einnehmerhaus schon lange nicht mehr.

„Wir haben den Verein vor 27 Jahren gegründet und sind gemeinsam alt geworden“, resümiert die Vorsitzende. Junge und engagierte Mitstreiter zu gewinnen, sieht Barbara Schuster daher als eine ihrer vordringlichsten Aufgaben an. Gelingt der Generationenwechsel nächstes Jahr nicht, dürfte im Einnehmerhaus schon bald keiner mehr Streitgespräche über die Kunst führen. Was sehr schade wäre.

Die nächste Ausstellung im Einnehmerhaus Freital wird am 5. März, 11 Uhr, eröffnet. Zu sehen sind bis 2. April Fotografien von Jürgen Dittrich und Wolfgang Naßler.

Infos im Internet.