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Pfaffroda hat Angst vorm Erdgas-Ausblasen

Die Gemeinde stellt Eilantrag zum Einstellen des Opal-Probebetriebes im Windpark Dörnthal.

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Von Brigitte Pfüller

Wenige Stunden, nachdem der Beitrag „Noch ist der Konflikt nicht aus dem Park“ über die Auseinandersetzung zwischen der Unger Erneuerbare Energien GmbH & Co. KG und dem Energieriesen Wingas über die Verlegung der Gasleitung OPAL im Windpark Dörnthal erschien, kam in der DA-Redaktion eine E-Mail der Landesdirektion Chemnitz an. Darin hieß es: „In Ihren Artikel hat sich eine falsche Tatsachenbehauptung eingeschlichen. Der Satz: ,Außerdem wurde im Gegensatz zum Planfeststellungsbeschluss eine oberirdische Gas-Ausblasstation für Havariefälle errichtet.‘ ist unzutreffend. Zum einen handelt es sich dabei um eine im wesentlichen unterirdische Absperrstation und zum anderen war diese Absperrstation von Anfang an Bestandteil der Planunterlagen und damit auch des in Rede stehenden Planfeststellungsbeschlusses. Wir bitten, dies zeitnah zu korrigieren.“

Da Windmüller Dirk Unger sich ja gerade vor dem Sächsischen Oberverwaltungsgericht (OVG) in Bautzen dagegen wehrt, dass die Opal-Trasse zwischen den Windmühlen durchführt und dass im Windpark Gas ausgeblasen werden soll, wurde er nochmals befragt: „Ich halte die Behauptung der Landesdirektion für sehr befremdlich. Damit würden der Öffentlichkeit wesentliche Informationen zur tatsächlich errichteten Station vorenthalten“, schrieb er. Die Behörde könne sich auch nicht darauf stützen, dass sie die Station als unterirdische Absperrstation bezeichne. Genau dadurch seien die tatsächlichen Auswirkungen der Station im Planfestellungsverfahren nicht zu erkennen gewesen. In der Umweltverträglichkeitsstudie sei die streitgegenständliche Station, die tatsächlich auch oberirdisch ist (siehe Foto) nicht einmal beschrieben.

Diese Argumente wurden der Landesdirektion vorgelegt. Darauf kam eine Mail von dort: „Unser Wunsch war es nicht, dass Sie eine presserechtliche Gegendarstellung veröffentlichen. Vielmehr wollten wir nur sicher stellen, dass bei weiteren Veröffentlichungen bisher nicht beachtete Aspekte berücksichtigt werden. Die Benutzung des Begriffs Ausblasstation – von Herrn Unger in freier Wortschöpfung erstmals benutzt – hat zu einer begrifflichen Verwässerung des Sachverhaltes geführt. Das Ausblasen gibt einen Vorgang wieder, der im Rahmen der Absperrfunktion möglich ist, aber nicht den primären Zweck darstellt und nur selten aktuell wird.“

Inzwischen hat sich im Erzgebirge wieder eine neue Situation ergeben. Die Gemeinde Pfaffroda, hat sich mit einem neuen Eilantrag an das Sächsische Oberverwaltungsgericht gewandt. Darin fordert der Rechtsanwalt Dr. Helmut Loibl im für die Gemeinde, dass „die planfestgestellte Erdgasfernleitung sowie die Absperr- und Ausblasstation auf Grundstück Flurnummer 1101/1 der Gemarkung Dörnthal nicht in Betrieb gehen darf .... bzw. schnellstmöglich der bereits begonnene Betrieb sowohl der Erdgasfernleitung, als auch der Ausblasstation, zu der noch nicht einmal Unterlagen über deren Gefährdungspotenzial oder Umweltauswirkungen vorliegen, einzustellen sei.“ Denn die Gemeinde hat Angst vor den Gefahren. Sie fürchtet, dass Gas-Ausblasungen zur Explosion führen könnten, die nicht nur den Windpark schädigen, sondern auch die nahe gelegene Wohnbebauung.

Explosionen befürchtet

Neben vorliegenden neuer Tatsachen ergab den zündenden Funke für den neuen Eilantrag die aktuelle Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichtes Niedersachsen, das einen teilweisen Baustopp für die gleich große Ferngasleitung, die Norddeutsche Erdgasleitung (NEL), anordnete. Dahinter stecken 110 Landwirte sowie eine Gemeinde, deren Einwände bei der Planfeststellung nicht gehört wurden. Möglicherweise müssen jetzt die Engieriesen Eon Ruhrgas GmbH und die Wingas GmbH & Co KG die NEL-Trasse teilweise neu planen bzw. verändern. Dass sich die Richter für einen so drastischen Schritt entschieden, kam vor allem durch Sicherheitsbedenken. Hier sollte die Leitung bis auf 30 bzw. 50 Meter an Wohnhäuser herangehen. Dies sei für eine Gasleitung mit solch gigantischen 1,40 Meter Durchmesser unakzeptabel, mindestens notwendig sind 350 Meter Sicherheitsabstand, begründeten die Richter. Der Genehmigungsbehörde – das wäre im Fall der Wingas-Opal-Erdgasleitung die Landesdirektion Chemnitz – schrieb das Gericht ins Stammbuch, es habe die Sicherheitslage falsch eingeschätzt. Die Behörde habe versäumt, Trassenalternativen umfassend zu prüfen. „Gasleitungen gelten im Vergleich zu dem Transport gasförmiger Stoffe per LKW, Schiff oder Bahn zwar als ein sicheres Transportmittel. Pipelineunfälle kommen aber doch immer wieder vor, häufig mit verheerenden Folgen. Aus der Pipeline austretendes Gas kann eine Wolke bilden, die sich bei Entzündung explosionsartig entlädt“, warnt das Niedersächsische OVG.

Irgendwie erinnert das alles sehr an die Auseinandersetzung zwischen den Windparkbetreibern und Wingas im Erzgebirge. Auch hier hatte die Genehmigungsgbehörde im Planfestellungsverfahren nicht auf die Einwände der Unger Erneuerbare Energien GmbH & Co. KG und der umliegenden Gemeinden reagiert, sodass der Streit ebenfalls vor Gericht landete. Und je nachdem wie die sächsischen Richter entscheiden, könnte es möglicherweise in Anlehnung an das norddeutsche Urteil auch dazu kommen, dass Wingas den Trassenverlauf ändern bzw. die Absperrstation mit Ausblasfunktion aus dem Windpark heraus und weg von den Kommunen bringen muss.