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„Pfefferspray ist kein Allheilmittel“

Gerade Ältere haben Angst vor Straftaten, weiß Olaf Pantel. Der Riesaer Polizist hilft Senioren, sich davor zu schützen.

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© Sebastian Schultz

Von Stefan Lehmann

Riesa. Zuallererst muss Olaf Pantel mit einem Vorurteil aufräumen. Verglichen mit den 90er-Jahren sei die Kriminalität heute auf einem niedrigen Niveau. „Und wir hier in Riesa müssen uns in Bezug auf Kriminalität nicht die großen Sorgen machen.“ In den Großstädten sei in dieser Hinsicht schon mehr los. Trotzdem steht der Bürgerpolizist an diesem Tag vor einer Gruppe Riesaer Senioren und spricht darüber, wie sie sich vor Straftaten schützen können.

Seit fast 30 Jahren ist Pantel Polizist beim Polizeirevier. Vor allem im ländlichen Raum ist er unterwegs, um Präventionsarbeit zu leisten. Denn einzelne Fälle kommen eben auch in Riesa immer wieder vor, wie er den Senioren in der Geschäftsstelle des Arbeiter-Samariter-Bundes erklärt. Erst kürzlich wurde einer Seniorin am Elberadweg in Riesa eine Handtasche vom Fahrrad gerissen, sodass sie stürzte. Die Angst vor Straftaten ist offenbar gestiegen, das stellt auch Pantel fest – obwohl die reinen Zahlen dazu keinen Grund geben. „Auf eine geraubte Handtasche kommen 20 geklaute Portemonnaies“, betont Pantel. Trotzdem halte er nicht viel davon, nur aus der Statistik zu zitieren. „Wenn Sie nächste Woche überfallen werden, dann nützen Ihnen diese Zahlen gar nichts.“

Dabei helfen laut Pantel schon einfache Verhaltensweisen, das Risiko zu minimieren. Vieles sei gesunder Menschenverstand. „Etwa, dass man nicht gerade 23 Uhr nachts alleine Geld abheben geht.“ Oder, dass man sich vergewissert, dass man beim Abheben unbeobachtet ist. „Ich sehe immer wieder gerade junge Leute, die nach dem Abheben richtig offensichtlich ihr Geld zählen.“ Solche Sorglosigkeit stachle manchen Täter überhaupt erst an. Zusätzlich sollte jedermann auf Nummer sicher gehen für den Fall, dass doch einmal die Brieftasche weg ist. „Wir erleben immer wieder das Phänomen, dass die Pin-Nummer gemeinsam mit der EC-Karte aufbewahrt wird.“ Diebe hätten dann leichtes Spiel. „Es nützt auch nichts, irgendwelche Zahlen an einem Kalender anzukreuzen.“ Längst kennen die Täter solche Methoden. „Generell sollten Sie sich auch die Frage stellen: Muss ich alle Ausweise bei mir tragen?“ Meist reiche der Personalausweis und etwas Geld ja aus. Wenn die EC-Karte weg ist, sollte der erste Griff zum Telefon gehen. „Die Karte sollte schnell über die Nummer 116116 gesperrt werden.“ Die stehe auch immer an den Geldautomaten. Eile sei geboten: „Es dauert oft nur Minuten, bis die Täter Geld abheben.“

Von einem Pfefferspray zum Selbstschutz hält Pantel wenig. „Wie Sie das halten, das ist letztlich Ihre Sache.“ Aus dem Polizeialltag wisse er aber, dass Pfefferspray und Reizgas keine Allheilmittel sind. „Betrunkene und Leute, die Rauschgift genommen haben, hält ein Pfefferspray oft nicht ab. Die werden dann nur fuchsig.“ Im Zweifel löse eine Waffe nur noch mehr Gewalt aus. Zumal die Hemmschwelle bei Straftätern geringer liege als früher. Außerdem sei die Anwendung des Sprays nicht ganz einfach. „Woher kommt der Wind? Wie weit ist der Angreifer weg?“ Diese Faktoren müsse man bedenken. Und wer sich überraschend die Tasche wegreißen lässt, habe auch ein Problem. „Meist ist das Spray nämlich da drin.“ Eine bessere Alternative sei ein sogenannter Schrillalarm, der nicht nur für den Täter unangenehm ist, sondern auch mögliche Helfer alarmiert. Eine Zuhörerin hat an diesem Tag so einen Alarm dabei. Die gibt es zum Beispiel in einem Waffengeschäft am Riesapark, sagt sie.

Neben Diebstahl und Raub sind es vor allem Betrugsdelikte, vor denen Pantel warnt. In der Riesaer Region sei das derzeit selten der Fall. Trotzdem rät der Polizist zu gesundem Misstrauen: So würden Kriminalbeamte nie von Haus zu Haus gehen, um Falschgeld einzuziehen. Und der Enkeltrick, bei dem angebliche Verwandte telefonisch um Geld bitten, sei uralt – aber immer noch ab und an erfolgreich. Wichtig sei es, in jedem Fall die Polizei zu rufen, wenn der Verdacht eines Betrugs im Raum steht. „Viele Senioren schämen sich hinterher“, sagt Pantel. „Aber jeder von uns kann mal einen schwachen Moment erwischen.“

Grundsätzlich mahnt Pantel, sich nicht verrückt zu machen. „Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie Opfer einer Straftat werden, ist deutlich geringer, als dass es Ihre Kinder oder Enkel betrifft.“ Der Grund ist einfach: Ältere Menschen hielten sich seltener an gefährlichen Orten auf.