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Pflanzen, die vor Unheil schützen

Heilpraktikerin Angelika Ende erklärt im Lindenhof, wie man einen Kräuterbuschen bindet. Dazu gibt es viele Geschichten.

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© Dietmar Thomas

Von Helene Krause

Auterwitz. Sieben Frauen haben sich im Lindenhof Auterwitz um Heilpraktikerin Angelika Ende versammelt. Alle möchten sich einen Kräuterbuschen binden. Doch bevor es losgeht, erklärt die Heilpraktikerin, welche Kräuter in das Gesteck gehören. Das ist regional unterschiedlich. Genommen werden nur Heilkräuter und auch nur die, die in der Umgebung wachsen. Zur Zierde können allerdings auch Rosen, Dahlien, Ebereschen oder andere Pflanzen eingebunden werden. Die Anzahl der Kräuter und wie viele Stängel man davon nimmt, muss durch drei teilbar sein. Deshalb kommen beispielsweise in einen Strauß drei, sechs, neun oder zwölf Kräuter und davon immer drei, sechs, neun oder zwölf Stängel. Die Pflanzen dürfen nicht mit dem Messer oder der Schere abgeschnitten werden. „Sine ferro = ohne Eisen“ heißt das Gebot. Deshalb reißt man die Stängel mit der Hand ab und das unbedingt mit der linken. Zuallererst wird die Königskerze gepflückt. Diese ist der Mittelpunkt des Kräuterbuschens. Weil in Auterwitz nicht genügend Königskerzen wachsen, hat Angelika Ende diese Pflanze mitgebracht und bereitgelegt.

Dann geht sie mit den Frauen in den Kräutergarten. Der ist nach dem Vorbild der Kräutergärten alter Klöster angelegt. Das bedeutet, dass die Beete mit Buchsbaum eingefasst sind. Hier pflücken die Frauen zuerst Oregano. Davon gibt es Pflanzen in drei Farben. Weiter geht es mit Beifuß, Ziest, Salbei und Eisenkraut. Zu jeder Pflanzenart erklärt Angelika Ende die Heilwirkung und gibt bei dieser und jener Pflanze gleich noch ein Märchen oder eine Legende zum Besten. Salbei hilft bei Halsentzündungen, Beifuß ist für die Fettverdauung gut und Mönchpfeffer und Verbene, die zum Eisenkraut gehören, wurden in alter Zeit für Zaubereien verwendet. Das Eisenkraut wurde den Schmieden zugeordnet, weil sie Eisen in Form bringen. Sie sollen eng mit den Göttern verbunden gewesen sein. Und die Wegwarte, die ebenfalls in einen Kräuterbuschen gehört, erhielt ihren Namen durch eine Fee.

Nachdem alle genügend Pflanzen für ihren Kräuterbuschen gesammelt haben, geht es zurück in den Lindenhof. Dort werden beim Backhaus die Kräuter einzeln ausgelegt und danach mit Draht um die Königskerze gebunden. Gebunden wird von unten nach oben, das heißt, die längsten Stiele kommen in die Mitte des Straußes. Die Zierblüten gehören an den Rand. Wer möchte, kann zu Hause noch ein Schleifenband um den Stiel seines Kräuterbuschens binden. Dann wird er kopfüber an einer trockenen Stelle zum Trocknen gehängt. „Keinesfalls soll man den Strauß in ein Glas mit Wasser stellen“, mahnt Angelika Ende.

Die Kräuterbuschen werden zum Festtag Maria Aufnahme in den Himmel (15.  August) in der Kirche geweiht und sollen, zu Hause aufgestellt, Haus und Hof schützen. Bauern geben auch ihren Tieren davon zu fressen, damit diese geschützt sind. Alles, was mit dem Kräuterbuschen in Berührung kam, sollte nach altem Glauben eine besondere Kraft haben und Unheil in Haus und Stall abhalten.

Renate Berner aus Flöha interessiert sich sehr für Kräuter und bekam ebenso wie Ulrike Zwinzscher aus Freiberg einen Gutschein für die Veranstaltung geschenkt. Die Freibergerin ist mit ihrer Schwiegermutter Lucia Budde nach Auterwitz gekommen. Kräuterinteressiert ist auch Gisela Schmitt aus Meißen. „Ich möchte dazulernen“, erklärt sie. Rosmarin, Thymian und Minze hat sie schon zu Hause. „Die verwende ich zum Kochen“, sagt sie.