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Pirna verliert seine einzige Diskothek

Im Piroyal stieg am Samstagabend die letzte Party – Ü30. Das Aus kommt überraschend, denn der Partytempel lief nicht schlecht.

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© Daniel Förster

Daniel Förster

Partygänger sind wehmütig, Stammgäste sammeln fleißig Protestunterschriften, aber es ist beschlossene Sache: Pirnas Clubdiskothek Piroyal – die einzige Disko in der Kreisstadt – macht dicht. Am Sonnabendabend stieg in dem Lokal an der Feldschlößchenkreuzung die letzte Sause. Das Unternehmerpaar Claudia und Marcus Galle verabschiedete seine Gäste dort mit einer Ü30-Party.

„Die über 30-Jährigen waren in all den Jahren unser dankbarstes Publikum“, sagt Marcus Galle. Die Party hat Kultstatus erlangt. Deshalb gab es zum Abschied auch eine finale Auflage. DJ me.rio alias Mario Eichler aus Graupa ließ in bewährter Weise die Tanzwütigen noch einmal so richtig ausflippen. „Es ist nicht so, dass es besonders schlecht läuft“, erklärt Marcus Galle das Ende des Piroyal. „Aber wir schaffen es einfach nicht mehr. Wie wollen auch ein bisschen Familienleben haben und unsere mittlerweile über ein Jahr alte Tochter heranwachsen sehen.“ Gemeinsam mit seiner Frau betreibt er noch das Restaurant Escobar im historischen Teufelserker in der Pirnaer Altstadt sowie die Schloßschänke und das Schlosscafé am Schloss Sonnenstein. Außerdem haben die beiden eine Plakatierfirma und sind Caterer.

Hoffnung nach dem Ende der Mufa

„An Wochenenden habe ich so gut wie nie ein Auge zugemacht“, sagt Marcus Galle. Er selbst stand während der Partys immer hinter dem Tresen und war für die Gäste da. Und das schon allein deswegen, weil er seiner eigenen Arbeit am meisten vertraut und sich nicht vordergründig auf andere verlassen will. „Wenn am Sonntag die Diskopartys zu Ende waren, habe ich bis morgens um acht aufgeräumt, alte Plakate in der Stadt abgenommen und neue für die nächste Veranstaltung aufgehängt. Zwei Stunden später begann dann der Brunch in der Escobar“, sagt der 29-Jährige Familienvater. „Auf Dauer kann ich das so nicht mehr vereinbaren. Und schon gar nicht mit einem kleinen Kind zu Hause.“

Gut zu erreichen, abseits von Wohnhäusern und mit einem Parkplatz direkt vor der Tür war das Piroyal über sechs Jahre lang Adresse für Feierlustige in der Kreisstadt. Am 11. Oktober 2008 vibrierten dort zum ersten Mal die Wände im Takt der Bässe, zunächst einige Jahre sogar auf zwei Ebenen. Nun geht eine Ära zu Ende. Das Lokal erlebte mehr als 400 durchtanzte Partynächte und Veranstaltungen. Viele national bekannte und angesagte Discjockeys legten hier auf. Sogar Akteure aus Frankreich drehten ihre Scheiben auf dem Plattenteller. Auch Livebands spielten.

Die Eröffnung des Piroyal vor sechs Jahren hatte in Pirna eine mehr als zehnjährige Disko-Durststrecke beendet. Denn im Januar 1998 wurde Pirnas Großdisko Musikfabrik (Mufa) in Copitz durch einen Brandanschlag zerstört. Ein Wiederaufbau scheiterte, und in der Stadt konnte sich danach nie wieder eine so große Disko etablieren. Die Mufa hatte Publikum bis weit über die Grenzen der Stadt hinaus rekrutiert. Dresdner, Meißner, Dippoldiswalder, Kamenzer und Sebnitzer Jugendliche waren regelmäßig Gäste dort.

Schlosscafé hat Vorrang

Wenn am Sonntag, der letzte Gast gegangen ist, bleiben nun auch die Boxen im Piroyal stumm. Einen Nachfolger für das gepachtete Objekt haben die Galles nicht gefunden. „Wir haben mit mehreren Unternehmern, die uns denkbar schienen, gesprochen. Leider ohne Erfolg“, sagt Marcus Galle, der am Montag seinen 30. Geburtstag feiert. Das 2008 eingebaute Mobiliar steht zum Verkauf.

Fortan wollen die Galles als Gastronomen und Gastwirte sich noch mehr auf das Schlosscafé und die Cafeteria des Schlosses Sonnenstein konzentrieren und dort ihre Kräfte investieren. Das zum Landratsamt gehörende Restaurant, das oberhalb der Schlossterrasse einen Blick auf die historische Altstadt, das Elbtal und bei guter Sicht bis nach Dresden bietet, hatten sie genau vor einem Jahr in Pacht übernommen.

Die Nachfrage für Veranstaltungen in dem Saal mit seiner riesigen Glasfassade zur Stadt und zum Schlosshof sei in den vergangenen Monaten gestiegen, berichtet Galle. Inzwischen würde es sich herumsprechen, dass es sich im Ambiente des Schlosses gut feiern lässt. „Im vergangenen Jahr haben wir dort allein fünf Hochzeiten ausgerichtet. Alle waren super zufrieden“, so Galle. Und vor vier Tagen gab es dort erstmals eine Silvester-Gala-Party. Die gesetztere Jugend feierte auf dem Balkon über der Altstadt ins neue Jahr.