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Pirna nimmt Abschied von Radsport-Idol

Immo Rittmeyer schaffte es zu den Olympischen Spielen 1964 nach Tokio. Dann endete seine Karriere jäh. Nun ist der Pirnaer gestorben und wurde unter großer Anteilnahme beigesetzt.

Von Daniel Förster
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Immo Rittmeyer blieb seiner Leidenschaft, dem Radsport, auch im fortgeschrittenen Alter noch treu.
Immo Rittmeyer blieb seiner Leidenschaft, dem Radsport, auch im fortgeschrittenen Alter noch treu. © Daniel Förster

Pirna. Letztes Geleit für DDR-Radsportidol und Olympia-Pedaleur Immo Rittmeyer: Familie, enge Freunde, zahlreiche Sportkameraden und Weggefährten haben am 6. Februar von dem Pirnaer Abschied genommen. Seine Urne ist auf dem Friedhof in Pirna unter großer Anteilnahme beigesetzt worden. Rittmeyer war im Januar zwei Tage nach seinem 88. Geburtstag plötzlich verstorben.

Der ehemalige international erfolgreiche und stets bescheidene Radrennfahrer hatte 1964 mit der damals gesamtdeutschen Mannschaft an den Olympischen Spielen in Tokio teilgenommen und im Straßen-Einzelrennen den 54. Platz erreicht. Bei diesem Wettkampf zeigte Rittmeyer großen Kampfgeist, hatte jedoch Pech: Er wurde in der Endphase in einen Unfall verwickelt und stürzte.

Während andere Fahrer ihr Rennen abbrachen, kämpfte der damals 28-Jährige weiter. Er wechselte das Rad, ließ es reparieren, tauschte es später wieder zurück. Am einzigen Berg der Strecke verließ ihn jedoch die Kraft, sodass er im Hauptfeld ankam. Im olympischen 100-Kilometer-Mannschaftszeitfahren belegte er mit dem gesamtdeutschen Vierer den 14. Rang.

Rittmeyer wurde der Republikflucht verdächtigt

Den Startplatz für die Sommerspiele 1964 hatte er sich vor allem durch einen Sieg im deutsch-deutschen Ausscheidungsrennen in Gießen gesichert. Dort und in Erfurt traten je 15 Fahrer aus der DDR und der BRD gegeneinander an. Rittmeyer gewann in Gießen das erste Rennen vor sieben Fahrern vom Bund Deutscher Radfahrer (BDR). Während seiner Karriere triumphierte er außerdem bei mehreren Etappen der Österreich-Rundfahrt und dem Prolog der Bulgarien-Rundfahrt 1962 – sein bestes internationales Ergebnis. Den vierten Platz belegte er 1963 bei der DDR-Rundfahrt.

1965 musste er seine leistungssportliche Laufbahn beenden, nachdem er offenbar unverschuldet in die Kritik geraten und durch einen Fehlschluss aus seinem Sportclub delegiert worden war. Grund sei ein Vorfall bei den Olympia-Qualifikationsrennen gewesen: Einer seiner Sportkollegen hatte das Rennen in Gießen genutzt, um sich in den Westen abzusetzen.

Nach der Flucht des Sportkameraden beschuldigte man Rittmeyer, Mitwisser gewesen zu sein und verdächtigte ihn ebenfalls der Republikflucht. Dadurch sei er für den Leistungssport in der DDR „nicht mehr tragbar“ gewesen, begründete der Sportclub Wismut Karl-Marx-Stadt, wo er von 1960 bis 1965 Leistungssportler war.

Die Liebe zum Radsport entdeckte Rittmeyer schon in seiner Kindheit. Er sei damals oft mit seiner Mutter – die Eltern besaßen einen landwirtschaftlichen Hof in Herbergen bei Liebstadt – unterwegs gewesen und wollte schon als kleiner Junge gern Fahrrad fahren können. In einer Zeit voller Mangel bastelte er sich sein erstes Rad aus alten Teilen selbst zusammen. Es hatte nicht einmal Reifen, und Rittmeyer ist zuerst nur auf Felgen gefahren, bis ihm Verwandte Reifen gaben.

Mit selbstgebautem Rad zu ersten Erfolgen

Seine Karriere im Radsport begann unverhofft erfolgreich: Obwohl ihm abgeraten worden war, trat der damals 18-Jährige mit seinem klapprigen Selbstbau bei den Kreismeisterschaften gegen professionell ausgestattete Rennfahrer an. Zum Erstaunen aller gewann er zwei von drei Entscheidungsrennen, wurde Kreismeister in Pirna. Fortan trainierte er beim Sportverein Medizin Dresden, 1960 wechselte er zum Sportclub Wismut Karl-Marx-Stadt.

Nach seiner aktiven Laufbahn war Rittmeyer – der stets als ruhiger, ehrlicher und bescheidener Sportmann auftrat – weiterhin sportlich aktiv und bis zum Ende seines Lebens eng mit dem Radsport verbunden. Er nahm regelmäßig an Seniorenrennen und Radtouren teil. Mehrfach startete er bei der Transalp-Tour für Hobby-Radsportler und war Teilnehmer bei den Rad-Senioren-Weltmeisterschaften.

Ende 2012 veröffentlichte er seine Erlebnisse im Buch „Olympia 1964 mit Immo Rittmeyer“. Darin präsentierte er Erinnerungen aus über fünf Jahrzehnten Radsport, zeigte Bilder und Zeitungsausschnitte. Auch noch im fortgeschrittenen Alter führte Immo Rittmeyer an der Seite seiner Frau Erika – eine früher aktive Leichtathletin – noch ein sportliches Leben, hielt unter anderem zu den Aktiven vom 1. Radverein Pirna Kontakt.