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Südumfahrung Pirna: Schon wieder ruht der Tunnelbau

Seit Jahresbeginn tut sich nichts beim Röhren-Ausbau. Erneut gibt es Streit zwischen Bauherr und Baufirmen, die mit Planungen in Verzug sein sollen.

Von Thomas Möckel
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Kohlbergtunnel: Im Dezember 2022 war die Röhre final geformt, seither ruht jedoch der weitere Ausbau.
Kohlbergtunnel: Im Dezember 2022 war die Röhre final geformt, seither ruht jedoch der weitere Ausbau. © Thomas Möckel

2022 war das Jahr der Durchbrüche. Seit September 2020 hatten die Mineure die Röhre für den Autotunnel durch den Pirnaer Kohlberg getrieben. Die Passage durch das Bergmassiv ist Teil der neuen Pirnaer Südumfahrung, die die Deutsche Einheit Fernstraßenplanung- und –bau GmbH (Deges) seit August 2017 bauen lässt. Den Auftrag für das bergmännische Vorhaben hatte die Arbeitsgemeinschaft (Arge) Kohlbergtunnel bekommen, sie besteht aus den Firmen „Alfred Kunz Untertagebau“ und „Bistra Bau“.

Dass die Arbeiten wegen des mürben und brüchigen Gesteins im Kohlberg nur langsam vorwärtsgehen, stand von Vornherein fest. Segment für Segment brachen die Tunnelbauer das Gestein aus dem Berg, nach jedem Schritt mussten sie den Arbeitsbereich aufwendig sichern. Doch im Frühjahr 2022 zeigte sich dann Licht am Ende des Tunnels. Im April schafften die Mineure den ersten Durchbruch zur Kohlberg-Ostseite, im Mai den zweiten. Im Herbst war dann auch das bis zuletzt stehengebliebene Mittelstück abgetragen und die Tunnelröhre in ihrem endgültigen Querschnitt ausgeformt.

In diesem Jahr, so war geplant, sollte der Innenausbau des Tunnels laufen, dabei formen die Tunnelbauer unter anderem die finale Innenschale, eine 50 Zentimeter starke Schicht Sichtbeton, die schrittweise von einem Schalwagen aus gegossen wird. Hinzu kommen noch diverse Nebenanlagen sowie ein Betriebsgebäude vor dem Tunnel-Westportal. Nach der Pause über den Jahreswechsel 2022/2023 sollten diese Arbeiten eigentlich beginnen. Eigentlich. Denn zum wiederholten Mal tut sich am Tunnel derzeit vor allem eines: nämlich nichts. „Im Tunnel“, konstatiert Ulrich Gawlas, Bauoberleiter der Südumfahrung, „gibt es zurzeit keinerlei Bau-Aktivitäten.“

Mit der Planung im Verzug

Abseits der Röhre wird hingegen gearbeitet. Nach Aussage von Gunnar Wolf, Tunnelbau-Projektleiter von der Firma „Alfred Kunz Untertagebau“, seien beispielsweise einige Arbeiter in den Werkstätten damit beschäftigt, Geräte und Anlagen zu warten. Auch die Kollegen in den Büros seien nicht untätig. „Wir planen gerade wie die Weltmeister“, sagt Wolf, „aber das sind Arbeiten, die man draußen nicht sieht.“ Darüber hinaus gebe es einen gewissen Dissens mit dem Bauherrn. Deges und Tunnelbau-Arge hätten unterschiedliche Vorstellungen von einigen nicht näher bezeichneten Dingen, was es jetzt zunächst zu klären gelte. So bestätigt auch er die damit einhergehende Folge: Am Tunnel selbst wird momentan nicht gearbeitet.

Entsprechend konsterniert reagiert die Deges. Dem Grunde nach stehe nichts im Wege, sagt Deges-Sprecher Lutz Günther, die Arbeiten zur Fertigstellung des Kohlbergtunnels fortzusetzen. Allerdings sei die Arge mit ihrer Ausführungsplanung – für die sie als Auftragnehmer zuständig ist – im Verzug. Nach der Weihnachtspause habe die Arge deshalb die Bauarbeiten zum Jahreswechsel nicht wieder aufgenommen. Derzeit prüfe die Deges, wie sich die eingestellten Arbeiten in vertraglicher Hinsicht auswirken.

Ob damit dann einschneidende Konsequenzen – beispielsweise jene, dass die Deges möglicherweise den Vertrag mit der Tunnelbau-Arge kündigt und die Restleistungen am Tunnel neu ausschreibt – einhergehen, steht noch nicht fest. Derzeit drängt die Deges zunächst darauf, dass die Bauarbeiten baldmöglichst fortgeführt werden. Konkrete Entscheidungen im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit der Arge habe die Deges noch nicht getroffen.

Geht es erst im Juli weiter?

Es ist nicht die erste Zwangspause dieser Art. Die Tunnelbau-Arge hatte Mitte Juli 2021 die Vortriebsarbeiten schon einmal eingestellt, drei Monate dauerte dieser Stillstand damals. Hinter den Kulissen stritten die Baufirmen mit der Deges, es ging um angeblich nicht beglichene Rechnungen in Millionenhöhe. Die Deges hatte die Vorwürfe stets zurückgewiesen. Die Deges, so teilte sie seinerzeit mit, habe bisher ausnahmslos alle vertraglich berechtigten Ansprüche, die seitens des Auftragnehmers mit den entsprechenden Abschlagszahlungen geltend gemacht wurden, nach sorgfältiger Prüfung der Unterlagen beglichen.

Hinzu kam, dass damals die Vortriebstechnologie noch einmal überarbeitet und an veränderte geologische Bedingungen angepasst werden musste. Auch Corona und eine nicht fledermaustaugliche Beleuchtung am Tunnelportal warfen die Arbeiten zurück, insgesamt hinken die Arbeiten am Tunnel mehr als ein Jahr dem ursprünglichen Zeitplan hinterher.

Wann die Arge den Tunnelausbau fortsetzt, steht noch nicht fest, nach Informationen von Sächsiche.de könnte das möglicherweise erst im Juli der Fall sein. Die vorübergehend eingestellten Arbeiten am Kohlbergtunnel wirken sich laut der Deges nach aktuellem Stand nicht auf die Gesamtbauzeit der Südumfahrung aus.

Der zeitkritische Faktor im Gesamtprojekt sei die Brücke über das Gottleubatal. Die Arbeiten an dem 916 Meter langen Bauwerk sind mittlerweile drei Jahre in Verzug, die Brücke soll im Laufe des Jahres 2026 fertig werden. Das bedeutet für den Tunnel: Bis dahin ist noch ausreichend Zeit, die Röhre final auszubauen. Ob der gesamte Südumfahrungsbau wegen des erneuten Baustopps am Tunnel noch teurer werde, lasse sich laut der Deges derzeit nicht beziffern.