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Politik muss nicht alt sein - diese vier aus SOE beweisen es

Sie sind jung und haben eine klare Meinung. Wofür sich diese politisch aktiven Menschen aus dem Landkreis SOE engagieren.

Von Simon Lehnerer
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Bundestagsabgeordneter Fabian Funke vor dem Reichstagsgebäude in Berlin.
Bundestagsabgeordneter Fabian Funke vor dem Reichstagsgebäude in Berlin. © Wahlkreisbüro Fabian Funke

Junge Gesichter sind in der Politik eher selten, auch wenn es in den vergangenen Jahren stetig mehr geworden sind. Seit der Bundestagswahl 2021 sitzen so viele Menschen unter 30 im deutschen Parlament wie nie zuvor. Doch wie sieht es damit im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge aus? Die SZ hat mit vier jungen Menschen aus der Region gesprochen, die Politik machen.

Fabian Funke, Mitglied des Bundestags (SPD)

"Ich hatte schon immer Interesse an Politik. Statt nur darauf zu schauen, wollte ich selbst aktiv werden", sagt Fabian Funke. Der 25-jährige Pirnaer sitzt seit 2021 für die SPD im Bundestag. Er ist Mitglied im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe und im Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union, sowie als stellvertretendes Mitglied im Auswärtigen Ausschuss.

Funke trat 2017 der SPD bei, wurde bereits ein Jahr später Teil des Kreisvorstands im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge und schließlich 2021 zum Vorsitzenden der Jusos in Sachsen gewählt. Als er auf Platz 7 der sächsischen Landesliste im Herbst 2021 in den Bundestag einziehen durfte, fühlte er sich wirklich geehrt. "Ich empfand große Demut als Vertreter aller Bürger, aber auch als Vertreter meines Wahlkreises an bedeutenden Entscheidungen mitwirken zu können", sagt Funke.

Als wichtiges Thema seiner Politik nennt er Gerechtigkeit. Dazu zählen Entwicklungsgerechtigkeit, Geschlechtergerechtigkeit aber auch internationale Gerechtigkeit. "Viele besitzen wenig und in Deutschland haben nicht alle Menschen die gleichen Chancen. Frauen verdienen immer noch weniger, bei gleicher Arbeit. Wir haben eine soziale Verantwortung", so Funke.

Ist Funke gerade nicht in der Hauptstadt, versucht er im Landkreis SOE unterwegs zu sein um dringenden Anliegen vor Ort nachzugehen. "Mir ist der regelmäßige Austausch mit den Bürgern in meinem Wahlkreis sehr wichtig. So kann ich deren Fragen von hier nach Berlin tragen", erklärt Funke. Er möchte zeigen, dass auch junge Menschen etwas bewegen können und betont, es sei "essenziell, mehr Angebote und Beteiligungsformate für Jugendliche und junge Erwachsene zu schaffen, die sich für Politik interessieren."

Paul Löser, Stadtrat in Sebnitz (Bündnis 90/Die Grünen)

"Kommunalpolitik ist bei uns im Landkreis nicht gerade divers. Junge Menschen brauchen Gehör und müssen einbezogen werden!", sagt Paul Löser. Der 22-Jährige sitzt seit 2019 für Bündnis 90/Die Grünen im Sebnitzer Stadtrat - als einziger Vertreter seiner Partei. Diskutieren und Mitentscheiden wollte Löser schon zu Schulzeiten. "Ich war damals in der Debattier-AG und hab mich dann im Schülerrat so langsam politisiert. Danach war ich zwei Jahre Schülersprecher", so der Sebnitzer. Als dann die Fridays for Future-Bewegung Fahrt aufnahm, war er sofort dabei, denn Naturschutz und die Folgen der Klimakrise sind damals wie heute wichtige Themen für ihn. "Neben dem Klimaschutz versuche ich auch die politische Teilhabe der Jugendlichen in Sebnitz voranzubringen", so Löser. Dabei konnte er schon Erfolge verzeichnen. So etablierte der 22-Jährige einen Jugendstammtisch, an dem sich Jugendliche aus der Stadt treffen und diskutieren können.

Paul Löser sitzt als einziges Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen im Sebnitzer Stadtrat.
Paul Löser sitzt als einziges Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen im Sebnitzer Stadtrat. © Paul Löser

"Wichtige Angelegenheiten kann ich dann vom Stammtisch aus an den Stadtrat weitergeben. Außerdem finden regelmäßige Austauschrunden zwischen den Jugendlichen und dem OB Ronald Kretzschmar (parteilos) statt", sagt Löser. Auch wenn dies ein guter erster Schritt ist, eine Schnittstelle zwischen Jugend und Politik zu schaffen, wünscht er sich, dass politische Themen in der Schule noch deutlich mehr behandelt werden und die Schüler den Freiraum bekommen, sich politisch zu bilden, damit sie sich später vielleicht auch eher engagieren.

Außerdem soll seine Heimatstadt insgesamt wieder attraktiver für junge Leute werden. "Wir haben hier in Loch in der Gesellschaft, weil so viele Menschen, die zwischen 20 und 30 sind, wegziehen", sagt er. Das liege auch an den geringen Freizeitangeboten und der schlechten Mobilität im ländlichen Raum. Löser selbst kann sich jedoch sehr gut vorstellen, auch in Zukunft in Sebnitz zu bleiben. "Es ist einfach toll, die Natur vor der Haustür zu haben. In der Corona-Zeit, als alles geschlossen war, habe ich das nochmal besonders zu schätzen gelernt", sagt er.

Mareen Hoppe, Stadträtin in Dohna (Die Linke)

"Ich denke, es ist gut, dass ich als junger Mensch mitunter eine andere Perspektive auf viele Dinge habe und diese in den Stadtratssitzungen auch so ansprechen kann", sagt Mareen Hoppe. Die 25-Jährige sitzt seit 2019 im Dohnaer Stadtrat, ist dort Mitglied des Sozialausschusses und des Gemeinschaftsausschusses und schließt zudem gerade ihr Masterstudium der Physik ab. Erste Erfahrungen in der Jugendpolitik sammelte Hoppe schon 2014 - denn sie war seit seiner Gründung mehrere Jahre als Vertreterin der Jugendfeuerwehr im Jugendbeirat in Heidenau aktiv.

Mareen Hoppe sitzt seit 2019 für Die Linke im Dohnaer Stadtrat.
Mareen Hoppe sitzt seit 2019 für Die Linke im Dohnaer Stadtrat. © Mareen Hoppe

Ihr Interesse für Politik ist von ihrem Elternhaus geprägt. "Mit meiner Mutter diskutiere ich häufig über das aktuelle Weltgeschehen, mein Vater war jahrelang als berufener Bürger im Technischen Ausschuss und setzt sich sehr für die Belange der Freiwilligen Feuerwehr ein. Sein Engagement und meine Arbeit im Jugendbeirat motivierten mich, mich für den Stadtrat zur Wahl zu stellen vor allem, um die Interessen der Jugendlichen zu vertreten", so Hoppe.

Wichtige Themen sind für sie Soziale Gerechtigkeit, Völkerverständigung, Chancengleichheit, Gleichstellung, aber auch Wissenschafts- und Wirtschaftsförderung. Regional betrachtet hat für Hoppe die Förderung von Angeboten und Treffpunkten, der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, die Schaffung sozialen Wohnraums, die Einbindung aller Generationen in Dohna und die Bewahrung der Geschichte der Stadt besonders viel Bedeutung. "Außerdem wünsche ich mir mehr Dialog und Kompromissbereitschaft bei streitbaren Themen, speziell in Dohna bezüglich des Industriepark Oberelbe (IPO) und eine gesunde Diskussionskultur mit mehr Akzeptanz und Verständnis für unterschiedliche Meinungen", sagt die Stadträtin.

Hoppe hofft gerade auf kommunaler Ebene auf eine größere Beteiligung von jungen Menschen. "Da Politik in aller Regel von der älteren Generation gelebt wird, sind die Themen der Jüngeren oft nicht präsent. Deshalb ist es wichtig, dass junge Leute bereit sind, sich in politischen Gremien zu engagieren. In meiner Schulzeit hätte ich mir mehr politische Bildung gewünscht, zum Beispiel zum Thema Strukturen der Kommunalpolitik, um dort vermittelt zu bekommen, wie junge Menschen ihre Heimat einfach mitgestalten können. Gremien - wie der Jugendbeirat in Heidenau - motivieren Jugendliche, sich einzubringen und ihre Probleme anzusprechen", so die 25-Jährige.

Johannes Darmstadt, Bauausschuss der Stadt Freital (CDU)

"Die Politikverdrossenheit ist bei jungen Menschen in meinem Umfeld deutlich zu spüren. Viele von ihnen haben das Gefühl, sowieso nichts bewirken zu können", sagt Johannes Darmstadt. Der 24-Jährige hat seit 2020 eine beratende Funktion ohne aktives Stimmrecht im Freitaler Bauausschuss. Bei der nächsten Stadtratswahl möchte er jedoch erneut antreten und hofft den Sprung in den Stadtrat der Kreisstadt zu schaffen.

Johannes Darmstadt bei einem Ausflug in der Sächsischen Schweiz.
Johannes Darmstadt bei einem Ausflug in der Sächsischen Schweiz. © Johannes Darmstadt

Der Freitaler studiert Bauingenieurswesen in Dresden und möchte auch später in diesem Beruf arbeiten - die Politik abschreiben will er aber nicht. Mit 16 trat er in die CDU ein, wobei seine Eltern als Parteimitglieder einen kleinen Einfluss hatten. Darmstadt sieht sich in Zukunft in der Kommunalpolitik, denn die Stadtentwicklung und die Jugendarbeit in Freital stehen für ihn im Vordergrund. "In letzter Zeit haben für mich auch die Themen Klima- und Umweltschutz enorm an Bedeutung gewonnen", sagt der 24-Jährige.

In seiner Freizeit ist er oft und gern in der Sächsischen Schweiz unterwegs. Der Nationalpark ist auch einer der Gründe, warum er seine Heimat so sehr schätzt - nur das "rechte Image" des Landkreises stört ihn. Darmstadt wünscht sich, dass in der Politik offener gezeigt wird, dass auch wirklich etwas verändert werden kann, wenn man den festen Willen hat. "Ich denke, für viele wirkt die Politik so willkürlich. In Berlin wird etwas entschieden und wir beugen uns. Aber die Menschen sehnen sich auch hier nach einem Mitspracherecht", so der Freitaler - und genau dieses Mitspracherecht möchte er vertreten.