Wie die Baubranche durch die Krise kommt

Der kräftige Wintereinbruch hat aktuell für Stillstand auf den meisten Baustellen gesorgt. Bis dahin jedoch ist die Baubranche offenbar ganz gut durch die Corona-Krise gekommen. "Was dafür allerdings für ein Aufwand nötig ist, das sieht kaum einer", sagt Gunter Arnold, der Chef der Kreishandwerkerschaft Südsachsen.
Natürlich sei man froh, dass auf den Baustellen bisher weiter gearbeitet werden konnte. "Da sind Handwerksbetriebe, die auf ein Ladengeschäft angewiesen sind wie etwa Firmen der Friseurinnung, ganz anders betroffen", sagt Arnold. Dennoch ist auch das Leben der Baufirmen nicht sorgenfrei.
Homeschooling statt Baustelle
Die Auftragslage sei zwar gut, aber es gäbe natürlich trotzdem Einschränkungen. Baubetriebe müssten wie alle anderen auch Hygienemaßnahmen planen und Schutzmasken oder Desinfektionsmittel bereitstellen. "Am problematischsten ist aber, dass die Kinderbetreuung nicht gesichert ist", sagt Arnold. Zwar arbeiten auf dem Bau überwiegend Männer und die Mütter übernehmen oft zuerst die Betreuung zu Hause. Je länger die Schließung der Kitas und der Grundschulen dauere, umso öfter nehmen dann auch die Väter die dafür vorgesehenen Kranktage in Anspruch.
Um Eltern zu unterstützen, hatten Bundestag und Bundesrat im Januar beschlossen, die Zahl der Kinderkrankentage zu verdoppeln. Statt 10 gibt es nun 20 Arbeitstage pro Elternteil pro Kind, für Alleinerziehende statt 20 nun 40 Tage pro Kind. Entscheidend dabei ist, dass der Anspruch nicht nur wie üblich bei Krankheit des Kindes gilt, sondern auch, wenn Kitas und Schulen geschlossen oder nur eingeschränkt geöffnet sind und Eltern keine andere Betreuungsmöglichkeit haben.
Im tiefsten Winter stehen viele Baustellen still. So wie es aber wieder wärmer wird, werden alle Beschäftigten gebraucht, um Aufträge zu erledigen und Umsätze zu erzielen. Dann ist es ein enormer wirtschaftlicher Hemmschuh, wenn Bauarbeiter im Homeschooling gebunden wären statt auf der eigentlichen Arbeitsstelle.

Corona-Bürokratie belastet die Baubranche
Ähnlich ist das, wenn Beschäftigte in Quarantäne müssen. Dann hat das Unternehmen nicht nur den Ausfall zu kompensieren. "Arbeitgeber müssen erst mal in Vorleistung gehen", sagt Antje Reichel, die Geschäftsführerin der Kreishandwerkerschaft Südsachsen. Dass der Arbeitsausfall erstattet wird, ist gut. Der zusätzliche Organisationsaufwand bleibt aber beim Arbeitgeber.
Das gilt auch, wenn beispielsweise Auftraggeber von den Bauarbeitern, die in ihre Firmen kommen, Selbsterklärungen fordern oder sogar Tests. "Das lässt sich alles regeln, ist für die Firmen aber ein Mehraufwand", sagt Arnold. Das war auch nicht kalkulierbar. Zumal die Angebotspreise und der Zuschlag oft schon vor der Corona-Zeit erfolgt waren.
Unternehmen, die Beschäftigte aus Tschechien in ihrer Belegschaft haben, müssen für diese Corona-Tests nachweisen. "Zwar werden von den tatsächlichen Kosten zehn Euro staatlicherseits erstattet, doch auch das ist wieder mit Aufwand verbunden", sagt Reichel.

Risiko der Arbeitslosigkeit gesunken
Dass die Baubranche im Landkreis relativ gut durch die Corona-Krise kommt, macht auch ein Blick auf die Beschäftigungszahlen und die Arbeitslosenstatistik deutlich. Von April 2020 bis Januar 2021 hat die Arbeitsagentur zwar 442 Personen, die auf dem Bau beschäftigt waren, neu als arbeitslos registriert. Das sind jedoch mehr als zehn Prozent weniger als im gleichen Zeitraum ein Jahr zuvor.
Besser schnitten in der Corona-Zeit nur die Bereiche Erziehung und Unterricht (minus 25,3 Prozent Arbeitslosmeldungen), Energie-, Wasserversorgung und Entsorgungswirtschaft (minus 13,8 %), Metall- und Elektroindustrie (minus 13,6 %) und das Gastgewerbe (minus 13,8 %). Letzteres dürfte allerdings darauf zurückzuführen sein, dass es wegen der Corona-Pandemie Sonderregelungen für die Kurzarbeit gibt und kaum alternative Beschäftigungsmöglichkeiten.
Im Januar 2021 waren 169 freie Arbeitsstellen im Baugewerbe im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge bei der Arbeitsagentur gemeldet.
Die Bruttozuwachsrate der Arbeitslosigkeit im Baugewerbe lag 2019 in Deutschland bei durchschnittlich 0,71 Prozent. Für das Jahr 2020 hat die Arbeitsagentur jetzt einen Wert von 0,59 Prozent ermittelt. Nur bei Zeitarbeit und Handel/Kfz wurde das Risiko, arbeitslos zu werden, noch geringer bewertet. Beim Handel sorgen vor allem Discounter und Online-Portale für die guten Zahlen.
Berufsschulen lange geschlossen
Für die Zukunft sorgen sich Antje Reichel und Gunter Arnold insbesondere um zwei Dinge. So fragen sie sich, wie Kommunen, Freistaat und Bund angesichts der horrenden Corona-Ausgaben die gegenwärtige Investitionstätigkeit aufrecht erhalten können. "Wenn dort gespart würde, wäre das für die Baubranche fatal", sagt Arnold. Auch eine Erhöhung der Steuerlast dürfe es nicht geben.
Zum anderen macht sich in der Handwerkerschaft die Sorge breit, dass die lange Schließung der Berufsschulen zur Folge hat, dass weniger Lehrlinge einen Abschluss schaffen und Nachwuchs in einzelnen Branchen fehlt. Abschlussklassen an Gymnasien oder Oberschulen durften bereits im Januar wieder Präsenz-Unterricht wahrnehmen, Berufsschüler erst jetzt wieder.
Saisonbedingte Kurzarbeit
Jetzt erhöhen die Bauarbeiter erst mal die Zahl der Kurzarbeiter. Müssen aufgrund der Witterungsbedingungen bestimmte Arbeiten auf Baustellen pausieren oder aufgeschoben werden, können Firmen für ihre Beschäftigten Saison-Kurzarbeitergeld beantragen, das sogenannte Schlechtwettergeld. Das ist bis 31. März möglich.
Coronabedingt hatten zuletzt hauptsächlich Betriebe der Gastronomie und Hotellerie sowie aus dem Einzelhandel und dem Verarbeitenden Gewerbe Kurzarbeit für ihre Beschäftigten angemeldet. Im April 2020 wurde für mehr als 15.000 Beschäftigte im Landkreis Kurzarbeit abgerechnet. Wie viele es jetzt sind, ist noch unklar. Die Firmen haben drei Monate Zeit für die genaue Abrechnung.
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