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Pizza für zwei Mark fünfzig

Jahrelang betrieb Francesco Cappai die Pizzeria am Durchgang zur Goethestraße. Der Brand war ein Schock für ihn.

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© privat

Von Stefan Lehmann

Riesa. Die Nachricht vom Feuer an ihrem ehemaligen Arbeitsplatz erreicht Silke Cappai über das Internet. Auf Facebook teilt ein Freund den Bericht über den Brand in der früheren Pizzeria La Dolce Vita. „Wir waren geschockt“, sagt Cappai. Mit einem Mal seien da die Erinnerungen hochgekommen. „Mein Mann ist immer noch traurig.“

Mit der Pizzeria verbinden Francesco und Silke Cappai viele gute Erinnerungen. „Mein Mann kam in den 90er Jahren aus Braunschweig nach Riesa“, erzählt Cappai. 1992 eröffnete der gebürtige Sarde die Pizzeria am Durchgang zwischen Haupt- und Goethestraße. Einige alte Fotos zeigen, wie es in dem kleinen Lokal damals aussah: Helle Fliesen, runde Stehtische, eine große Theke, hinter der Francesco Cappai in einer Schüssel den Pizzateig knetete, weil er in den ersten Tagen noch keine Maschine dafür hatte. Und der Laden lief gut, sagt seine Frau. Das bestätigen auch einige Reaktionen ehemaliger Gäste. „Da hat man noch was bekommen für sein Geld“, schreibt einer, der eigenem Bekunden zufolge als Achtjähriger häufig in der Pizzeria zu Gast war. „Nach dem Brand haben wir noch einmal viele Reaktionen bekommen“, so Silke Cappai. Jemand habe sich beispielsweise noch an den Preis für eine Pizza Margherita erinnern können – 2,50 D-Mark. Andere hätten einfach nur geschrieben, es sei dort immer lecker gewesen. Für die früheren Betreiber und Mitarbeiter sei das noch einmal eine schöne Anerkennung gewesen, freut sich Silke Cappai. „An viele Stammgäste kann sich Francesco heute noch erinnern“, sagt sie.

Nach zehn Jahren war Schluss

Obwohl das Pizzageschäft brummte, die Pizzeria auch viele Stammkunden zählte: Nach zehn Jahren war Schluss für Francesco Cappai. Nicht, weil das Geld nicht reichte – sondern wegen eines Streits mit dem Vermieter. „Es gab an einer Stelle in der Pizzeria ein Leck“, erinnert sich Silke Cappai. Um das Nässeproblem zu lösen, hätte wohl eine kleine Reparatur genügt – doch Betreiber und Hauseigentümer konnten sich nicht einigen, wer den Schaden beseitigen sollte. Schon aus Hygienegründen hätte die Pizzeria nicht weiter arbeiten können. Doch so weit kam es nicht einmal. Der damalige Vermieter stellte Francesco Cappai vor vollendete Tatsachen: „Er wechselte von einem Tag auf den anderen den Schlüssel – und wir waren quasi gezwungen, rauszugehen.“

In den Jahren danach mussten die beiden mit ansehen, wie der Eigentümer wechselte und das Grundstück zusehends verwahrloste. Nur der italienische Schriftzug „La dolce vita“ ist noch immer an der Fassade zu lesen. „Wir sind ja immer noch ab und an in Riesa“, sagt Silke Cappai. „Und wie das jetzt dort aussieht ...“ Riesa sei doch sowieso schon sehr trist, solche Ecken trügen sicher nicht dazu bei, das zu verbessern. Sie und ihr Mann fänden es schade, dass seit 2002 keine neue Gastronomie in die ehemalige Pizzeria eingezogen sei. Wie es nach dem Feuer Ende Januar mit dem Haus weitergehen soll, ist unklar. Zumindest gesichert werden muss das Grundstück, sagt Stadtsprecher Uwe Päsler. Denn wenn ein möglicherweise einsturzgefährdetes Gebäude ungehindert zugänglich ist, müsse der Eigentümer Maßnahmen einleiten, beispielsweise Fenster- und Türöffnungen verschließen oder das Grundstück einzäunen. „Das gab es an der Kaserne Heinrich--Heine-Straße und jetzt auch in der ehemaligen Pizzeria“, so Päsler. Der Fall sei bereits geklärt, die Kosten trage in derartigen Fällen immer der Eigentümer.

Cappai bäckt jetzt Pizzen in Dresden

Pizzabäcker Francesco Cappai hat indes mit Riesa nichts mehr am Hut. Nachdem das La Dolce Vita schließen musste, arbeitete er noch kurz in der Pizzeria Piccolo an der Hauptstraße mit. Auch mit dem Eiscafé Roma, das er mit aufgebaut habe, hat er nichts mehr zu tun. Mittlerweile könne er wegen eines Unfalls nicht mehr voll arbeiten. Er und seine Frau Silke leben und arbeiten mittlerweile in Dresden – natürlich in einem italienischen Restaurant. Wie das Feuer in der alten Pizzeria gewütet hat, haben sie sich noch nicht angesehen. „Das werden wir wohl demnächst auch einmal tun“, sagt Silke Cappai, „obwohl ich glaube, dass das meinem Mann die Tränen in die Augen treiben wird.“

Eine Rückkehr nach Riesa steht aber nicht auf dem Plan, sagt sie. Es sei nicht mehr genug los in der Stadt, jetzt eine Gastronomie zu eröffnen ziemlich risikoreich. Francesco Cappai hält trotzdem dagegen: „Wenn ich die Pizzeria so zurück bekäme, wie sie früher einmal war, dann würde ich sofort Ja sagen.“