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150000 kamen zur Beerdigung des Königs

Friedrich August III. war Sachsens letzter König. Er galt als volkstümlichster Wettiner. Was machte ihn dazu? Ein neues SZ-Buch spürt seinem Leben nach.

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Von Hans Eggert undRainer Kubatzki

Einen solchen Auflauf hatten die Dresdner nie gesehen. Als am 22. Februar 1932 der Sarg mit dem Leichnam des letzten sächsischen Königs aus Breslau kommend pünktlich 10 Uhr auf dem Dresdner Hauptbahnhof eintraf und von dort durch die Innenstadt zur Hofkirche geleitet wurde, säumten gering geschätzt 150000 Trauernde und Schaulustige den Weg.

Die Polizei kam in Bedrängnis – auch am nächsten Tag: In den Stunden der Beisetzung fanden sich rund um die Hofkirche wieder über 150000 ein. Für Ehrengeleit, Trauerwache und Ehrensalut sorgte die Reichswehr: Friedrich August wurde, bei allem Pomp, nicht als Landesherr zu Grabe getragen, sondern als das, was er seit 1912 auch noch war – preußischer Generalfeldmarschall.

Eine politisch heikle Angelegenheit war das dennoch. Die republikanischen Flaggen auf Halbmast – die Regierung entschied sich für dieses Zeichen der Achtung. Der Ministerpräsident als Trauerredner – das kam dann doch nicht in Frage. Dennoch geriet der Landtag in heftige Auseinandersetzungen um das Engagement des „offiziellen“ Sachsen während der Beisetzung.

Abschied vom Landesvater

Was das Volk nicht sonderlich berührte. Denn das sah im Verstorbenen längst eine „Inkarnation des Sachsentums“ (so der Schriftsteller Hans Reimann). Seine Marotten lieferten in jeder Lebenslage treffende Geschichten, in peinlichen Situationen sowieso, aber auch in angenehmen. Reimann: „Wir wollten ihn so haben; und er war im Großen und Ganzen so, wie wir ihn haben wollten.“

Als Friedrich August starb, lag die Weimarer Republik im Todeskampf. Das stärkte die Sehnsüchte nach der „guten alten“ Sachsenzeit: der Abschied vom Landesvater als Abschied von den verklärten Sicherheiten der Monarchie. Schon ein Jahr später halfen viele der Trauernden Hitler in den Sattel – in der Hoffnung, das Vaterland könne so vor der „roten Gefahr“ gerettet werden. Das Erwachen kam spät, zu spät.

Söhne im Nazi-Gefängnis

Anderthalb Jahre nach der „Machtergreifung“ saß Ernst Heinrich, der Sohn des letzten Königs, im sächsischen KZ Hohnstein, sein Bruder Friedrich Christian würde am Ende der Hitlerei mehrmals im Gefängnis landen.

Und Kronprinz Georg, der Jesuiten-Pater, dachte daran, Deutschland zu verlassen. Er wusste nun, niedergeschrieben am 20. Mai 1935, einen neuen, nachhaltigen Trost: „Papa ging in die Ewigkeit im richtigen Augenblick. Es ist ihm viel erspart geblieben. Man kann Gott nur danken.“

Nächste Folge: Streit ums Erbe.