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650 Euro für die Katz

Dass Jungtiere in einer Ausstellung verkauft werden, ist umstritten. Die Sächsische hat sich umgehört.

Von Constanze Junghanß
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Tiere direkt auf der Ausstellung verkaufen? Das ist umstritten.
Tiere direkt auf der Ausstellung verkaufen? Das ist umstritten. © Foto: Matthias Weber

Das jüngste Kätzchen ist gerade zehn Wochen alt. Der kleine Abessiner-Kater nuckelt noch an den Zitzen seiner Katzenmama. Um den Kleinen herum tönt ein „Ach wie süß!“ und „Oh wie niedlich!“. Hunderte Augenpaare gucken im Laufe des Tages in die Box, wo die Mietz und das Junge sitzen. Katzenausstellung in der Löbauer Messehalle. Die erste vor Ort mit dem Zusatz „international“. Allerdings sind gar keine Aussteller aus anderen Ländern dabei, wie Marlis Krause, Vorsitzende vom Verein Bautzener Katzenfreunde Ostsachsen, einräumt. Solche Tiere hätten eine Impfung gegen Tollwut nachweisen müssen. Das sei schwer zu bewerkstelligen. 

„International ist unsere Ausstellung, weil wir zwei Preisrichter aus den Niederlanden dabei haben“, so die Vereinsvorsitzende. Der Verein ist Veranstalter. Die Züchter lassen ihre Katzen nach einem für Laien schwer verständlichen System bewerten. Rassestandards stehen im Vordergrund. Die Mietz wird dazu auf einen der Tische platziert und begutachtet. Auf einem sitzt ein dicker Kater neben einem angeknabberten Brötchen, Bonbonpapier und einer offenen Zigarettenschachtel. Bevor er Platz nimmt, desinfiziert Jurymitglied Anna Nothoff den Tisch. „Ein sehr schönes Profil“ bescheinigt sie dem Kater. Das Tier lässt sich alles widerstandslos gefallen. Ein junges Bengal-Kätzchen am Tisch nebenan macht dagegen mit lautem Gemauze und Gefauche seinem Unmut Luft und will partout nicht still sitzen.

Derweil ist das Abessiner-Kitten mit Trinken fertig. Verkauft wird Hadil - wie das Katzenkind heißt – aber nicht bei der Ausstellung. Der Mini-Stubentiger sei bereits versprochen, sagt Besitzerin Sandra Claßner. Nur wenige Züchter der Rasse gebe es deutschlandweit, erzählt die junge Frau. Und damit „frisches Blut“ in die Linie gebracht werde, unternehmen Züchter teils einen großen Aufwand. Sandra Claßner beispielsweise ließ eins ihrer Zuchttiere extra aus Russland einfliegen.

Wenige Meter weiter dreht „Jenny vom kalten Hügel“ den Besuchern der Katzenausstellung ihr Hinterteil zu. „Die hat die Schnauze wohl von den vielen Leuten voll“, resümiert ein älterer Mann im deftigen Ton. Die Katzendame mit dem adlig klingenden Namen ist nicht die einzige Maine Coon in der Blumenhalle Löbau. 120 Tiere 17 verschiedener Rassen werden gezeigt, darunter viele Coonies. Die als „sanfte Riesen“ bezeichnete, langhaarige Katzenrasse findet immer mehr Anhänger. Bis zu zehn Kilogramm können männliche Kater auf die Waage bringen. Auf einem Verkaufsportal im Internet sind unter dem Stichwort Maine Coon allein in Sachsen aktuell 35 Einträge zu finden, darunter mehrere Würfe. Kostenpunkt: Im Schnitt ab 500 Euro aufwärts pro Katze. 

Nach SZ-Informationen ist mindestens ein Zoohändler unter den Ausstellern. Die 17 jungen Maine Coons von Martina und Markus Ronneberger sind im Transportanhänger bis in die Oberlausitz gereist. Die Tiere – die jüngsten drei Monate alt – haben eine Fahrt von fast 600 Kilometern hinter sich. Unterwegs würden sie schlafen, sagt Markus Ronneberger. „Bei der Zucht geht es nicht nur um Vermehrung“, betont der Züchter aus der Nähe von Bremen. Sondern? „Vielmehr um „Standard“ und „Qualität“, lautet die Antwort. An die Gehege haben die Ronnebergers Zettel gehängt. „Tolle Maine Coon Kitten in liebevolle Hände abzugeben“, steht da drauf. Das lässt sich so mancher Ausstellungsbesucher etwas kosten. 650 Euro wollen Justine Eichhorst und Ralf Sobanie für ein unkastriertes Jungtier hinblättern. Der Preis sei in Ordnung, findet das junge Paar. Schließlich hätten sie sich „schockverliebt“ in das sieben Monate alte Fellknäuel. Gekauft wird sofort und gleich nach der Ausstellung. 18 Uhr sollen sie wieder kommen. Mit Katzentransportkorb. Und wenn sich der Kater mit den anderen Katzen im Haushalt nicht verträgt? Das Tierheim sei dann keine Option. Die Eltern würden den Maine Coon notfalls auch nehmen, sagt Justine Eichhorst.

Auf die Frage, ob es üblich ist, Rassekatzen nach der Ausstellung an Frau oder Mann zu verschachern, weicht die Vereinsvorsitzende aus. „Ich würde das nicht so machen“, sagt Marlis Krause dann nach einer Weile. Sie würde wissen wollen, wo der Nachwuchs ihrer eigenen Tiere landet und oft auch noch lange den Kontakt mit den Käufern halten. Trotzdem sei das die Entscheidung der Züchter und nicht illegitim. Auch die Preise bestimmen die Züchter selbst. 800 Euro beispielsweise kostet bei einem Mann ein British-Kurzhaar-Kitten. In den Altbundesländern würde es mehr Geld dafür geben, meint der Züchter, der das zwölf Wochen alt Tiere ausstellt, aber wieder mit Nachhause zur Mutterkatze und den Geschwistern nimmt. „Schreiben Sie das lieber nicht in die Zeitung. Wegen des Finanzamts“, schiebt er noch hinterher. 

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