Am Freitag öffnet im Dippser Schloss eine Ausstellung zum Altbergbau. Sie bietet faszinierende Einblicke.
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Von Regine Schlesinger
Mit einem Knacks zerbrach der Stiel der Kratze. Der Bergmann seufzte, aber hier war ohnehin nichts mehr für ihn zu holen. Er ließ das kaputte Werkzeug liegen. Holz für Neues gab es oben genug. Im flackernden Licht seiner Lampe kroch er zurück zum Schacht, um seinen Weg nach oben anzutreten. Die Kratze blieb im Dunkeln zurück. Da lag sie, während Jahrhundert um Jahrhundert verging. Über ihr wichen Holzhäuser solchen aus Stein, wuchs eine Stadt mit Kirchen, Schloss und Rathaus, brannte ab, wurde wieder aufgebaut, wüteten Pest, Hungersnöte und Kriege, lösten Autos die Pferdefuhrwerke und elektrisches Licht die Kerzen ab. Die Bergwerke gerieten in Vergessenheit. Bis 2002 ein Jahrhunderthochwasser das Erdreich in Bewegung versetzte und Bergleute für Sicherungsarbeiten unter Tage gingen. Dabei stießen sie auf ein verzweigtes System aus Schächten und Stollen – und auch auf die Kratze, rund 800 Jahre, nachdem der Bergmann sie aus der Hand legte. In dieser Zeit ist das schlichte Werkzeug zum Schatz geworden. Und nicht nur das – auch viele andere, europaweit einmalige Bergbaufunde. Wissenschaftler arbeiten daran, ihnen ihre Geheimnisse zu entlocken. Ab Freitag ist ein Teil der Funde in der Ausstellung „Silberrausch und Berggeschrey“ in der Osterzgebirgsgalerie im Dippser Schloss zu sehen, auch die Kratze. Was würde wohl ihr einstiger Besitzer dazu sagen?