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Abschied vom Jagdrevier

24 Jahre war Wolfgang Ehrlich Jagdvorsteher und für über 1 000 Hektar Land verantwortlich. In diesem machen es sich Mink und Waschbär gemütlich.

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Von Marcus Herrmann

Einen Strauß Blumen und viel Beifall gibt es für Wolfgang Ehrlich bei der Jagdversammlung der Gemeinden Rudelsdorf, Gebersbach, Knobelsdorf und Heyda im Knobelsdorfer Gasthof. 18 Jäger und Landpächter würdigen den 79-Jährigen für 24 Jahre gute Arbeit als Vorsitzender der Jagdgenossenschaft Gebersbach-Knobelsdorf. Ehrlich hört altersbedingt auf. Auch seine Gesundheit möchte er nicht strapazieren. Es sei ein schöner letzter Abend gewesen, sagt der Rudelsdorfer. Wie immer habe er sich vor allem um den Finanzbericht für das letzte Jahr gekümmert. „2014 haben unsere fünf Jäger jeweils 1 943 Euro pro Jahr für ihr gepachtetes Land entrichtet. Mit dem eingenommenen Geld kann ich zum Beispiel Wildschäden beseitigen“, erklärt Wolfgang Ehrlich. Was übrig bleibe, würde alle paar Jahre an die insgesamt über 100 Mitglieder ausgezahlt. „Im nächsten Jahr soll es wieder soweit sein. Es sieht so aus, dass wir dann jedem zehn Euro wiedergeben können“, meint er.

Doch das wird nach seinem Rücktritt nicht mehr Ehrlichs Sorge sein. Er wolle sich jetzt um seinen großen Hof in Rudelsdorf mit Hühnern und Schafen kümmern und seine Frau Christa bei der Gartenarbeit und dem Ernten des eigens angebauten Gemüses unterstützen. Die Arbeit als Jagdvorsteher habe ihm Spaß gemacht. „Doch es war stets mit viel bürokratischer Arbeit verbunden. Man steht in dieser Position ständig mit Behörden des Landkreises und dem Landwirtschafts- und Umweltministerium in Schriftkontakt. Dafür fühle ich mich mit 79 Jahren nicht mehr berufen“, gibt Ehrlich zu. Den Staffelstab des Vorsitzenden reicht er allerdings innerhalb der Familie weiter. Seine Tochter Birgit Döring ist die neue Vorsitzende. Sie betreibt seit 2003 auf dem großen Vierseitenhof an der Otzdorfer Straße den Landwirtschaftsbetrieb Döring. Bis vor zwei Jahren haben auch Wolfgang Ehrlich und seine Frau noch häufig mit angepackt. „Doch jetzt treten wir kürzer und überlassen das Geschäft unserer Tochter“, erzählt Ehrlich.

Ein Leben für die Landwirtschaft

Schon sein ganzes Leben lang ist er in der Landwirtschaft tätig. Von 1950 bis 1960 arbeitete er in der Privatlandwirtschaft, danach fast 20 Jahre in der LPG Gebersbach. 1972 legte er außerdem sein Diplom als Leiter für Viehwirtschaft ab, das er durch den Besuch einer Abendschule abschloss. In den 1980er Jahren habe er sich dann bis zur Wende auf die Produktion von Pflanzen spezialisiert und sei lange Zeit als Abteilungsleiter bei der Harthaer Pflanzenproduktion tätig gewesen sowie einige Jahre in der LPG Tierproduktion Gersdorf. Mit seiner Frau Christa hat er außerdem bis 2003 eine Pension im Obergeschoss seines Anwesens geführt und hier Gäste oder Verwandte beherbergt.

Jäger war Ehrlich aber nie. „Das ist für meine Tätigkeit nicht wichtig. Mit den Jahren habe ich mir das Wissen angeeignet, das ein Jagdvorsteher braucht. 1991 habe ich als solcher angefangen“, sagt Ehrlich. Parallel dazu vergrößerte er durch Landzukäufe das Grundeigentum seiner Familie von einst 107 auf heute 255 Hektar. 148 davon sind Pachtfläche, die Ehrlich derzeit selber verpachtet. In seiner Funktion als Jagdvorsteher war er bis zuletzt für insgesamt knapp 1 200 Hektar – davon 28 Hektar Wald, der Rest Feld – verantwortlich. Diese Zahl sei seit 20 Jahren konstant, sagt Ehrlich. Kontinuität und gegenseitiges Vertrauen unter den Landbesitzern und Jägern hätten dazu beigetragen, dass sich nichts zum Negativen verändert habe. Darauf sei er stolz, meint Wolfgang Ehrlich.

Einzig die Wildbestände seien zurückgegangen. Es gebe auch keine Mufflons mehr zwischen Gebersbach und Heyda wie noch vor wenigen Jahren. „Trotzdem haben wir immer noch Füchse, Marder, Rehe und Wildschweine, deren Zahlen zuletzt konstant geblieben sind“, erklärt der Ruheständler. Und einige Tierarten – so seine Beobachtungen – sind in das Jagdgebiet eingewandert, etwa der Mink und vor allem Waschbären. Die Bestände der kleinen Säuger nicht zu sehr anwachsen zu lassen, sei eine der Herausforderungen für die Zukunft, meint Ehrlich. „Doch darauf schaue ich jetzt höchstens noch mit einem halben Auge. Ich weiß meine Nachfolge in guten Händen und freue mich jetzt auf viel Zeit für ausgedehnte Spaziergänge.“