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Aggressiver Virus bei Kaninchen

Die China-Seuche bereitet zurzeit vielen Kaninchenzüchtern Sorgen. In Putzkau hat sie schon ganze Bestände vernichtet.

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© Rocci Klein

Von Nicole Preuß

Der Tod kommt in kürzester Zeit. Morgens kann das Kaninchen noch fröhlich fressen und abends schon leblos auf der Seite liegen. Der Putzkauer Züchter Hans-Jürgen Köhler hat in den vergangenen Wochen mehr als 60 seiner Tiere auf diese Art verloren. Die China-Seuche grassiert in der Region und hat besonders Putzkau, aber auch Frankenthal und andere Gemeinden im Griff. „Das macht keinen Spaß mehr. Jeden Tag geht man immer mit einem flauen Gefühl zum Stall und fragt sich, was lebt denn jetzt noch?“ Einige Kaninchenhalter haben schon alle ihre Tiere verloren. Hans-Jürgen Köhler leitet den Kaninchenzuchtverein Putzkau mit 25 Mitgliedern. „Wir haben so gut wie keine Tiere mehr und deshalb dieses Jahr auch unsere Ausstellung abgesagt“, sagt Hans-Jürgen Köhler. Zum ersten Mal seit 1988.

Damals kam die China-Seuche gerade erst auf und der Kreisverband verbot aus Vorsicht alle Schauen in der Region. Die Ausstellung in diesem Jahr wäre die 25. Wesenitztalschau des Rassekaninchenzüchtervereins S615 Putzkau gewesen. „Wir können das aber nicht verantworten“, sagt Hans-Jürgen Köhler. Es geht schließlich auch um die Züchter, die aus anderen Regionen kommen, um in Putzkau auszustellen. Ihre Tiere könnten sich leicht das Virus eingefangen. Denn die Chinaseuche gilt als sehr aggressiv.

Das Veterinäramt des Landkreises stößt jedes Jahr wieder auf das Thema. Die Mitarbeiter zählen zwar die erkrankten Tiere nicht, denn die Krankheit ist anders als die Vogelgrippe nicht meldepflichtig. Das Amt weiß allerdings, dass auch in diesem Jahr wieder einige Regionen betroffen sind. Das Virus, das die Blutgefäße zerstört, ist ein Calicivirus. Die entsprechende Krankheit, die in Fachkreisen RHD (Rabbit Haemorrhagic Disease) genannt wird, trat in den 1980er-Jahren erstmals in China auf und bekam daher ihren Namen. Viele Züchter ließen ihre Tiere bereits in der Vergangenheit zumindest gegen die klassische Form impfen. Das war bei Ausstellungen sogar Pflicht. Doch gerade in anderen Hobbybeständen verzichtete man auch oft darauf, weil die Impfung relativ teuer ist.

Dazu kommt, dass es zurzeit gar nicht mehr reicht, die Tiere nur gegen eine Form der Krankheit zu schützen. 2010 trat zum ersten Mal RHD-2 auf, das auch schon zwei Wochen alte Kaninchen befallen kann. „Beide Varianten können zu plötzlichen Todesfällen innerhalb von zwölf bis 36 Stunden führen“, heißt es aus dem Veterinäramt des Kreises. Die Tiere bekommen in der Regel plötzlich Fieber, hocken apathisch im Stall oder wollen nicht mehr fressen. Manche ringen nach Luft oder krampfen. Mehr als 80 Prozent der Kaninchen sterben, wenn sie sich infiziert haben.

Klassische Impfung hilft nicht

Der Frankenthaler Züchter Uwe Hentschel blieb in diesem Jahr ebenfalls nicht davon verschont. „Bei mir sind fast alle Kaninchen weg“, sagt er. Zehn hat er noch. Doch wie lange, weiß er nicht. Denn das Virus kann den Erfahrungen nach mal eine Pause einlegen und dann wieder zuschlagen. Ein weiterer Züchter des Rassezüchtervereins in Frankenthal hat ebenfalls Probleme mit der China-Seuche. „Und wo das herkommt, weiß keiner“, sagt Uwe Hentschel. Seine Tiere sind gegen die klassische RHD geimpft. „Doch die Impfung half nicht mehr“, sagt er. Vermutlich hatten sich seine Tiere mit RHD-2 angesteckt. „Die neue Impfung kostet aber deutlich mehr, das muss man sich dann schon überlegen.“ Er hat die Ställe nun desinfiziert. Doch eine Garantie, dass es seine Tiere damit nicht mehr trifft, hat er nicht. „Die Fachleute empfehlen ja, dass man neue Tiere erst mal nicht in die alten Ställe sperrt, doch so viele Ställe hat man doch gar nicht“, sagt er.

Das Veterinäramt des Kreises setzt in der Hauptsache trotzdem weiter auf Impfungen. Sie seien das einzige Mittel, das effektiv gegen die immer wiederkehrenden Wellen der China-Seuche helfe. Eine Alternative ist, die gesunden Kaninchen vor Insekten abzuschirmen. „Ausstellungen, Börsen und dergleichen sollte man im Interesse der eigenen Tiere lieber meiden“, sagt Kreissprecherin Frances Lein. Und wenn, dann sei es wichtig, nach dem Besuch und vor dem Gang zum eigenen Kaninchenstall, die Hände zu waschen. „Ebenso sollte eine Keimverschleppung durch Futterreste und Tränkflaschen vermieden werden.“

Einzelne tote Kaninchen können im eigenen Garten vergraben werden. „Eine größere Menge Falltiere ist über die Tierkörperbeseitigungsanlage Lenz zu entsorgen, um die Weiterverbreitung der Seuche einzudämmen“, sagt die Vertreterin des Landratsamtes. Das Amt geht sogar soweit, dass es empfiehlt, alte, schwer zu reinigende Holzställe zu verbrennen, wenn die Seuche zugeschlagen hat. Die Putzkauer Züchter hoffen, dass die verbliebenen Kaninchen es über den Winter schaffen werden. „Alle Züchter in Putzkau waren irgendwie betroffen“, sagt Hans-Jürgen Köhler. „Wir können nur hoffen, dass es nun vorbei ist.“