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Als Röhrsdorf eine Brauerei hatte

Volker Helbig ist ein fotografierender Ureinwohner. Jetzt hat er sich und seinem Dorf ein Geschenk gemacht.

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© Norbert Millauer

Von Heike Sabel

Röhrsdorfer Bier? Das kennt keiner? Es gab Zeiten, da war das anders. Weil die aber schon eine Weile her sind, hat Volker Helbig die Geschichte jetzt wieder ausgegraben und verewigt. Immerhin hatte Röhrsdorf sogar zwei Brauereien, eine richtige und eine „falsche“.

Die richtige gab es von 1880 bis in die 20er-Jahre. Als Rittergutsbrauerei Karl Güttler stand sie natürlich auf dem Gelände des Rittergutes bzw. Schlosses. Aus Erzählungen weiß Helbig, dass ein in den 60er-Jahren schon betagter Einwohner als Kind sonntags für den Vater Bier holte. Erst musste er ans Fenster des Braumeisters ein Steinchen werfen und dann ums Haus herum zum Eingang laufen.

Die Brauerei hatte sogar richtige Flaschen. Grüne, für einen halben Liter Bier. Der Stellmachermeister aus Gorknitz zeigte Helbig eine Flasche, die er beim Reinigen der Klärgrube fand. Recherchen ergaben, dass es wirklich das hiesige Röhrsdorf war, was die Schrift auf der Flasche nannte.

Die „Röhrsdorfer Biergeschichte“ schrieb Volker Helbig für das neunte Heft der Blätter zur Heimatgeschichte auf. Dort ist auch ein Foto der grünen Flasche zu sehen. „Das hat mich fast einen halben Tag gekostet“, sagt Helbig. Er fotografiert zwar seit seinem 15. Lebensjahr, aber es gibt immer wieder knifflige Herausforderungen.

Zur Geschichte von der richtigen Brauerei gehört auch die der falschen. Nach dem Abriss der alten Brauerei wurde 1960 auf diesem Standort die Betriebsberufsschule gebaut. Bei einem Frühjahrsputz kam die Steintafel „Die alte Brauerei Röhrsdorf 1912“ zutage. Ein Lehrer machte sich die Mühe, die Tafel zu restaurieren. Aber wo sollte sie angebracht werden? „Ans neue Schulgebäude konnte sie ja aus erzieherischen Gründen kaum“, sagt Helbig. Zur gleichen Zeit wurde die Remise neu verputzt – und dort fand sich ein passender Platz. So wurde die Remise zur Brauerei, und irgendwann dachten alle, dort wäre tatsächlich mal eine Brauerei gewesen.

Das ist eine der vielen Geschichten in dem neu erschienenen Heimatheft. Helbig versteht sich als Geschichten erzählender Fotograf. Auch die von den Stammtischen und dem Treff vor dem Konsum im Gebäude gegenüber dem heutigen Gemeindehaus. Da saßen immer die Männer davor und tranken ihr Bier. Oder die Geschichte vom umgekippten Apfeltransporter. Oder vom zwei Wochen zugeschneiten Röhrsdorf Anfang März 1970. Oder von Heimatforscher Karl Opp. „Der hatte ein Herz für uns Kinder, seine Wohnung war ein Museum, in dem es immer etwas Interessantes gab“, sagt Helbig. Heute führt er ein Stück Opps Werk fort, indem er aufschreibt, was es an Geschichte und Geschichten in Röhrsdorf gab und gibt.

Mit dem 140 Seiten umfassenden Heft hat Helbig jetzt sich und seinem Dorf ein Geschenk gemacht. Einen Tag vor seinem 74. Geburtstag kamen die ersten Exemplare aus der Druckerei. Zum Blütenfest wurde das Heft erstmals verkauft. Die Geschichte von der Brauerei und das Foto der grünen Flasche sind übrigens auf den Seiten 62 und 63 zu finden.

Folge 9 der Blätter zur Heimatgeschichte, 12 Euro, erhältlich im Sächsisch- Böhmischen Bauernmarkt