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Amors Verwaltung

Im Neukircher Standesamt gibt es zwei neue Gesichter und gewohnt viel Raum für individuelle Wünsche.

Von Franziska Springer
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Ricarda Rähder (l.) und Laura Heine sind seit letztem Jahr Neukirchs Expertinnen für den schönsten Tag im Leben.
Ricarda Rähder (l.) und Laura Heine sind seit letztem Jahr Neukirchs Expertinnen für den schönsten Tag im Leben. © Steffen Unger

Neukirch. Beim Betreten von Zimmer 01.B im Neukircher Gemeindeamt kommt man zunächst nicht auf den Gedanken, dass hier die Liebe wohnt. Praktisches Büromobiliar, ein Monitor, penible Ordnung am kleinen Besprechungstisch, erleuchtet von hohen Fenstern. Von der Wand aber lächeln fröhliche Paare in edler Hochzeitsgarderobe. Sie alle eint, dass sie einst hier, im Neukircher Standesamt, das Aufgebot bestellten.

Die Erfüllung typischer Verwaltungsvorschriften zur Eheschließung ist aber auch schon die einzige Festsetzung, die hier für alle Heiratswilligen gleichermaßen gilt. Darüber hinaus ist während der offiziellen Zeremonie möglich und denkbar, was die Fantasie zulässt und in die Räumlichkeiten passt. Vom Hund im Trauzimmer bis zum vielköpfigen Chor auf der Rathaustreppe – was Paare glücklich macht, hat in Neukirch Priorität. Das war bereits unter der langjährigen Standesbeamtin Petra Herzog so und hat sich nicht geändert, seit nach deren beruflicher Neuorientierung 2018, Laura Heine und Ricarda Rähder das Amt übernahmen.

Die beiden Betriebswirtinnen gingen – anders als die meisten ihrer Amtskollegen – nicht den Ausbildungsweg über die Meißener Fachhochschule, sondern studierten Public Management. Das spiele aber eine untergeordnete Rolle, finden sie. „Ein guter Standesbeamter ist kommunikativ, offen, empathisch und kreativ“, zählt Laura Heine auf. Die 25-jährige Wehrsdorferin wechselte direkt nach ihrem Abschluss im Oktober 2017 ins Gemeindeamt. Seit sie im April vergangenen Jahres die Funktion der Standesbeamtin übernahm, hat sie bereits elf Paare verheiratet.

Ihre Kollegin Ricarda Rähder komplettierte das Team im Oktober 2018. Die Neukircherin war das Pendeln zu ihrer ehemaligen Arbeitsstelle im sächsischen Wirtschaftsministerium leid, wünschte sich außerdem mehr Nähe zum Bürger. Eine der fünf Eheschließungen, die sie bisher vollzog, wird sie nie vergessen: „Frau Rähder hat meinen Mann und mich Ende Dezember getraut“, sagt Laura Heine mit verschmitztem Grinsen. „Das war aufregend“, erinnert die sich. „Man verheiratet schließlich nicht jeden Tag eine Kollegin.“

Alle Urkunden auf dem Tisch

Aber auch unabhängig von solch besonderen Terminen sind beide mit Leidenschaft um ihre Brautpaare bemüht. Besondere Sorgfalt lassen sie bei der Formulierung der Traureden walten. „Die sollten gezielt auf die Paare zugeschnitten sein“, ist Ricarda Rähder überzeugt und sieht darin einen besonderen Vorteil, „ihres“ Standesamtes: „Wo manch großes Standesamt mit tollem Ort und großem Raum punkten kann, versuchen wir, durch unsere Art und unsere individuelle Beschäftigung mit den Brautpaaren zu überzeugen.“ Die müssen zu ihrer ganz persönlichen Traurede manchmal gezwungen werden. „Aus manchen Leuten muss man die Infos rauskitzeln“, weiß Laura Heine aus Erfahrung. „Wir fragen dann Hobbys und Alter der Paare ab und wollen wissen, ob es gemeinsame Kinder gibt oder eine Patchworkfamilie entstanden ist.“

Doch Eheschließungen machen nur einen kleinen Teil der Arbeit von Laura Heine und Ricarda Rähder aus. Typischerweise gehören auch Verwaltungstätigkeiten zu ihrem Aufgabenfeld. „Wir stellen sämtliche Urkunden vom Todesfall über Kirchenaustritte bis hin zu Vaterschaftsanerkennungen aus“, zählt Heine auf. Häufig helfen sie auch bei der Ahnenforschung. „Unsere Personenstandsbücher reichen zurück bis ins Jahr 1876“, weiß die 25-Jährige. Ein spannender, aber voraussetzungsreicher Aspekt ihrer Arbeit, findet Ricarda Rähder: „Die altdeutsche Schrift mussten wir erst lernen.“

Da beide sich die Stelle der Standesbeamtin teilen, erfüllt Heine zusätzliche Aufgaben im Gewerbeamt. Rähder verwaltet die Versicherungen der Gemeinde und kümmert sich um das Amtsblatt. „Was das angeht, sind wir gespaltene Persönlichkeiten“, sagt sie lachend.