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An die Kochtöpfe!

Jeden Abend kocht ein Team für 30 Gäste. Darunter sollen nicht nur langjährige Görlitzer sein.

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© nikolaischmidt.de

Von Jenny Thümmler

In diesem Jahr wird es auf dem Christkindelmarkt nicht nur nach Bratwurst und Glühwein duften, sondern auch nach Lammcurry. Apfelmus. Und Eintopf. In der „Altstadtkrone“ findet eine ganz besondere Aktion statt: Görlitzer kochen für Görlitzer und ihre Gäste. Keine Chefköche, sondern Otto Normalkoch. Alle stellen sich an den Herd, um für 30 Leute zu kochen, viele zum allerersten Mal. Eine Herausforderung für den guten Zweck. Denn die Abende sind auch für die Flüchtlinge gedacht, die nach und nach in Görlitz ankommen und hier Anschluss finden sollen.

Initiiert hat das Ganze Axel Krüger gemeinsam mit dem Team vom Kulturservice, der den Christkindelmarkt veranstaltet. Ursprünglich als einmalige Kochaktion geplant, haben sich immer mehr Görlitzer gefunden, die auch in den Töpfen rühren wollen. Jetzt sind 14 Teams zusammen, für 14 Christkindelmarktabende. „Und für die restlichen drei finden wir auch noch Leute“, sagt Organisator Krüger. „Da bin ich bei dieser Resonanz sehr optimistisch.“

An jedem Abend des Marktes greift ein anderes Team zu den Kochtöpfen. Darunter sind viele prominente Görlitzer wie Museumsdirektor Markus Bauer, Stadtführer Matthias Lietzmann, Autor Claus Böhm, Kulturhauptstadtkopf Matthias Schneider und Oberärztin Peggy Hoche, aber auch Familien und Vereine wie Förderkreis der Synagoge, Diakonie, Rotes Kreuz. Und es sind Flüchtlinge dabei. Gäste der Stadt, die erst seit wenigen Tagen oder Wochen hier leben. Eine Familie aus Syrien wird gleich am ersten Abend ein Mahl zaubern. Axel Krüger ist begeistert. „Wir haben gesagt, sie sollen nichts Großes kochen, eine Kleinigkeit aus ihrer Kultur. Aber sie halten sich nicht daran. Sie werden richtig auffahren.“ Flüchtlinge, die von Nehmern zu Gebern werden. Das ZDF hat sich schon angekündigt, um einen Beitrag zu drehen.

Jeden Tag gibt es ein Gericht, das die Köche selbst auswählen. Viele kochen international. „Wir machen ein indisches Hähnchencurry“, kündigt Neurochirurgin Peggy Hoche an, selbst Halbinderin. Mit Lakshmy Menon aus Südindien und drei weiteren Frauen wird sie vielleicht in einen Spaß-Wettstreit mit Claus Böhm treten, der indisches Lammcurry plant. Dazu eine Kürbissuppe von Familie Schlitt, vielleicht ein Dessert, fertig ist ein weiteres Menü. Ein paar Katastrophenschützer des DRK wollen Käsenockerln machen. „Die Idee zu dieser Aktion gefällt uns super“, sagt Oliver Vetter vom DRK, „zumal wir als DRK ohnehin viel mit den Flüchtlingen zu tun haben.“

Wer mitisst, entscheiden in erster Linie die Köche selbst. Sie laden Freunde und Bekannte ein. Die „Altstadtkrone“ ist nicht groß, nur 30 Plätze. Und ein paar Stühle sollen ja noch frei bleiben. Für die neuen Gäste der Stadt, die sich unter die Görlitzer mischen sollen. Für das Menü fließt von jedem ein Obolus in eine Kasse, die am Ende ans Willkommensbündnis gespendet wird. „Traumatisierte Menschen so in unserer Stadt willkommen zu heißen, ist eine wunderbare Idee“, sagt Ärztin Peggy Hoche, die sich spontan als Köchin gewinnen ließ. „Akzeptanz fördern statt Ignoranz.“