Neustadt. Sogar der Vorstandsvorsitzende des ASB in Neustadt, Matthias Czech, ist noch etwas ungläubig. „Darf ich Sie schon Altenpfleger nennen?“, fragt er. Er darf. Der junge Mann, der vor ihm steht, hat seine Prüfungen zum Altenpfleger erfolgreich bestanden. Jetzt fängt er im ASB-Pflegeheim in Sebnitz an. Armend Xhafiqi heißt der frisch gebackene Altenpfleger. Ein junger Mann, der ursprünglich aus dem Kosovo stammt. Und dem das gelungen ist, wovon viele seiner Landsleute träumen: einen festen Job in Deutschland zu bekommen. Und zwar ohne illegal über die Grenze zu laufen, ohne Schleuser, ohne die Angst, von der Polizei aufgegriffen zu werden.
Zu verdanken hat Armend das einem Zufall. „Einer meiner Jugendfreunde ist als Pfarrer in den Kosovo geschickt worden, um nach dem Balkankrieg das Schulsystem wieder mit aufzubauen“, erzählt Matthias Czech, der als ärztlicher Direktor an der Asklepios-ASB-Klinik in Radeberg arbeitet. Zwei Drittel der Schulen seien zerstört gewesen. Sein Jugendfreund hätte das Loyola-Gymnasium in Prizren mit aufgebaut. Eine Schule, an der Armend Xhafiqi sein Abitur gemacht hat. Der Pfarrer erzählte Matthias Czech von den vielen Problemen vor Ort. Dass es für die jungen Leute schwierig sei, nach der Schule einen Ausbildungsplatz zu bekommen, geschweige denn einen Arbeitsplatz. Die Jugendarbeitslosigkeit sei sehr hoch. Nach intensiven Gesprächen stand für den Vorstandsvorsitzenden des Neustädter Sozialverbandes fest: Wir starten eine Ausbildungsinitiative. Czech holte sich Partner mit ins Boot, darunter das Krankenhaus in Radeberg.
Erst Deutsch, dann Sächsisch gelernt
Fünf Jahre ist das inzwischen her. Damals ahnte noch niemand, wie hoch die bürokratischen Hürden sind. Der Kosovo ist kein Mitglied der Europäischen Union. Die Einreisebestimmungen sind streng. Erst nach zwei Jahren konnte Armend Xhafiqi seinen Ausbildungsvertrag unterschreiben. Zuvor wurde er zu einem Praktikum nach Neustadt eingeladen. „Erst danach wurde über eine Lehre entschieden“, sagt Alexander Penther, Geschäftsführer des ASB in Neustadt. Armend hatte überzeugt.
Er erinnert sich noch genau, wie er damals mit zwei Koffern auf dem Bahnhof in Neustadt ankam. „Mir wurde sogar eine Wohnung besorgt“, sagt Armend stolz. Er hatte als Schüler am Loyola-Gymnasium im Kosovo bereits Deutsch gelernt. Verständigung war somit kein Problem. Das war ein Vorteil. „Nur Sächsisch musste ich noch üben“, sagt er heute mit einem Augenzwinkern.
Ob Armend nach der Ausbildung zurück in seine Heimat geht oder in Deutschland bleibt, das hatte ihm sein Arbeitgeber immer freigestellt. „Für mich ist beides in Ordnung“, sagt Matthias Czech.
ASB-Modell soll Schule machen
Er hatte das Projekt nicht angeschoben, um Fachkräfte für den Sozialverband zu bekommen, sondern aus humanitären Gründen, wie er sagt. Dass der junge Mann bleiben will, freut ihn natürlich. „Jeder weiß, dass es schwierig ist, gute Pflegekräfte zu bekommen“, sagt der Chefarzt. Auch wenn der Aufwand am Anfang hoch war, für ihn gibt es bei dieser Geschichte nur Gewinner: Armend Xhafiqi, den ASB und nicht zuletzt die Bewohner und Patienten, die von einem gut ausgebildeten Pfleger versorgt werden. Für Czech ist deshalb unverständlich, dass es Behörden Firmen so schwer machen, junge Ausländer auszubilden, gerade angesichts des Fachkräftemangels.
Bei Sachsens Ministerpräsidenten stieß diese Kritik auf offene Ohren. Stanislaw Tillich (CDU) war kürzlich in der Klinik in Radeberg zu Gast. Er will auf das Problem bei der Diskussion um das Einwanderungsgesetz hinweisen. „Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass in bestimmten Berufsgruppen in Deutschland Personalmangel herrscht und entsprechend handeln.“
Beispielsweise ist darüber nachzudenken, ob bestimmte Einkommensuntergrenzen als Voraussetzung für einen Zuzug sinnvoll sind. Geht es nach Tillich, sollte das ASB-Modell Schule machen. „Hier wurden so viele Erfahrungen gesammelt. Davon müssen andere Firmen profitieren.“ Das Radeberger Krankenhaus tut das bereits. Die Klinik bildet ebenfalls junge Leute aus dem Gymnasium im Kosovo aus. (SZ)