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Ansturm auf neuen Billigmarkt

Thomas Philipps verkauft seit Montag in Bischofswerda. Doch nicht alle sind davon begeistert.

Von Ingolf Reinsch
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Bis auf den letzten Platz belegt war am Montagvormittag der Parkplatz vor der Schiebock-Passage.
Bis auf den letzten Platz belegt war am Montagvormittag der Parkplatz vor der Schiebock-Passage. © Steffen Unger

Bischofswerda. Ein Glas Kompott und zwei Knäuel Wolle – dafür steht die Mittvierzigerin am Montagvormittag geschätzt eine Viertelstunde in der Schlange vor der Kasse. 20 bis 30 Meter mögen es sein, in die sich die Kunden im neu eröffneten Sonderpostenmarkt Thomas Philipps einreihen müssen. Einer frotzelt und spricht in Erinnerung an die verblichene DDR von einer „sozialistischen Wartegemeinschaft“, die es nun wieder gebe. Doch keiner murrt. Wer in der Reihe steht, hat meist Zeit mitgebracht. Damit es etwas schneller geht, öffnet das Team kurzerhand eine „Notkasse“. Die Marktleiterin selbst stellt sich dahinter.

Lob für Übersicht und Präsentation

Der Ansturm war zu erwarten. Mehr als 25 Jahre lang verkaufte die Handelskette in Burkau. Jetzt ist sie nach Bischofswerda Süd umgezogen. Das halbe Erdgeschoss des Einkaufszentrums Schiebock-Passage wurde für den neuen Mieter in den vergangenen Monaten umgebaut. Philipps nutzt nach eigenen Angaben 1.400 Quadratmeter Verkaufsfläche. Der neue Markt habe Niveau, sagt Kunde Holger Pietsch – „nichts von einem Ramschladen“, wie er zunächst vermutet hatte. Marlene Schubert lobt vor allem die Übersichtlichkeit und die gute Präsentation in den Regalen. „Ich komme wieder. Aber erst, wenn der große Ansturm vorbei ist“, sagt die Neustädterin. Sie ist nicht die Einzige, die an diesem Vormittag Probleme hat, einen Parkplatz zu finden.

Mit dem Umzug stellt sich der Sonderpostenmarkt in der Region Bischofswerda neu auf. Man betrachte „Bischofswerda langfristig als den sichereren und attraktiveren Standort“, sagte Uwe Speckmann, Leiter Expansion und Objektverwaltung in der Firmenzentrale von Thomas Philipps, im Sommer der SZ. „Wir haben in Burkau einen großen Kundenstamm, von dem wir hoffen, dass er uns auch in Bischofswerda die Treue hält. Und wir sind überzeugt, am neuen Standort neue Kunden, auch aus dem Oberland und der Region Neustadt, gewinnen zu können“, so der Firmenvertreter. Mit dem Markt zogen auch dessen langjährige Leiterin und mehrere Mitarbeiter von Burkau nach Bischofswerda um.

Erstmals seit 1998 voll belegt

Mit dem neuen Großmieter ist die Schiebock-Passage erstmals seit ihrer Eröffnung im September 1998 voll vermietet. Bereits ansässige Geschäftsleute versprechen sich davon eine Belebung des Hauses. „Wir hoffen auf zusätzliche Kunden“, sagt Irina Damer, Inhaberin des russischen Spezialitätengeschäftes „Samowar“. Die ersten Neugierigen waren am Montagvormittag schon in ihrem Laden und interessierten sich zum Beispiel für russisches Konfekt, berichtet die Geschäftsfrau. Bäckermeister Jürgen Kaufer wägt ab: „Ein paar Kunden könnten schon hinzukommen“, sagt er. Doch euphorisch ist er nicht. „14 Tage – dann ist das erste Strohfeuer vorbei“, erwartet er. Eine weitere Veränderung in der Schiebock-Passage steht an: Der Dienstleistungsshop, seit rund 20 Jahren eine feste Adresse im Haus, wird zum Jahresende geschlossen. „Es gibt einige Überschneidungen im Sortiment, und wir als kleines Geschäft können unsere Produkte niemals zu den Preisen von Thomas Philipps anbieten“, sagt Inhaberin Annett Weise. Daher stehe die Schließung zum jetzigen Zeitpunkt in gewisser Weise auch im Zusammenhang mit der Eröffnung des Sonderpostenmarktes. „Es wäre aber über kurz oder lang auch ohne dieses Geschäft zur Schließung gekommen, da der Verkauf von Briefmarken, Paketversand und Kopier- und Faxservice nicht ausreichen, um schwarze Zahlen zu schreiben. Daher sind wir froh, dass es Thomas Philipps jetzt in der Passage gibt. So können die Menschen weiterhin Büromaterial, Geschenkartikel usw. in der Passage kaufen und es gibt keine leeren Geschäftsräume mehr“, sagt Annett Weise. – Offen ist, wie sich der neue Markt auf die Umsätze des benachbarten Discounters auswirken wird. Mehrere Mieter in der Passage verwiesen am Montag darauf, dass Thomas Philipps auch ein verhältnismäßig großes Sortiment an Lebensmitteln führt. Ihre Sorge: Bleibt Norma auch unter den neuen Bedingungen am Standort?

Knackpunkt: Zu wenig Parkplätze

Die Schiebock-Passage mit einer Gesamtverkaufsfläche von 4.000 Quadratmetern wurde in den 1990er-Jahren geplant und gebaut, wohl auch bedingt durch die Euphorie, die damals herrschte. Das Geschäftszentrum zu beleben, war jahrzehntelang ein zähes Unterfangen. Das vorhergehende Centermanagement sah die Rolle der Passage viele Jahre lang vor allem als Nahversorger für Bischofswerda Süd und den Ortsteil Belmsdorf. Mit Philipps gewinnt das Haus nun auch Bedeutung fürs Umland. Ist die Infrastruktur mitten in Bischofswerdas größtem Wohngebiet dem gewachsen? Zum Stau in den schmalen Straßen, wie von manchem befürchtet, kam es am Montag nicht. Allerdings reichten die Parkplätze bei weitem nicht aus. Rund 90 Fahrzeuge finden vor dem Handelszentrum Platz – für alle Mieter des Hauses. Thomas Philipps hatte aber schon allein rund 100 Einkaufswagen vor der Eröffnung am Montag bereitgestellt – die Einkaufswagen auf dem Freigelände für Gartenerzeugnisse nicht mitgerechnet. Mehrere Stellplätze sind zudem im Zuge des Umbaus weggefallen. Dieser Platz wird gebraucht für den Container, aus dem heraus jetzt der indische Imbiss verkauft. Er musste seine Räume in der Passage aufgeben, weil auch sie für den Markt gebraucht werden. Das Parkproblem braucht eine Lösung seitens des Vermieters. Bislang äußerte er sich nicht, wie diese aussehen soll.

Bunter Branchenmix

Die größten Mieter in der Schiebock-Passage sind Sonderposten Thomas Philipps, der Discounter Norma und das Sozialkaufhaus.

Mehrere kleinere Geschäft und Dienstleister kommen hinzu, darunter für russische Spezialitäten, der Dienstleistungsshop, eine Bäckereifiliale, eine Ergotherapie und ein Friseurgeschäft.

Mit der Bar Schiebocks 3 und einem indischen Bistro gibt es im bzw. am Haus auch Gastronomie.

Weitere Mieter sind der Verein Mosaika und eine Elektrofirma.

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