Von Jan Lange
Die Klangschalen, alle unterschiedlich groß, liegen schon bereit. Oberhalb der Kopfstütze steht ein riesiger Gong, ebenso am anderen Ende der Klangliege. Dagmar Köhler greift zum Schlägel, mit dem die Instrumente angeschlagen werden. Die Klangreise kann beginnen. Nach einem bestimmten System werden die Schalen auf und um den Körper verteilt. Es handelt sich um neun beziehungsweise 13 Stück. Jede der Schalen wie auch die beiden Gongs werden nach einem festgelegten Rhythmus nacheinander angeschlagen – immer und immer wieder.
Die Schwingungen dringen tief in den Körper ein. Schon nach kurzer Zeit setzt ein Wohlgefühl ein. „Durch Schwingungen wird Wasser in Wellenbewegung versetzt“, erklärt Dagmar Köhler. „Da die Menschen zu 70 Prozent aus Wasser bestehen, setzen sich die Klänge im Körper fort und alle Zellen beginnen zu schwingen und sorgen so für einen Energiefluss“, fügt sie hinzu. Die Eckartsbergerin zählt die Vorteile der Klangtherapie auf: Der Körper entspannt, aktiviert die Selbstheilungskräfte und entgiftet sich. Die Menschen können anschließend wieder ruhiger schlafen oder sich besser konzentrieren.
Dagmar Köhler weiß, wovon sie spricht. 2009 hatte sie die Klangtherapie selbst ausprobiert, als sie krank wurde. Auf dem Weg, wieder gesund zu werden, reichte ihr die Schulmedizin nicht aus. „Dadurch wird man nur körperlich behandelt“, meint sie. Ihre Seele habe aber auch nach mehr Harmonie gesucht. Die Klangschalentherapie habe perfekt zu ihr gepasst, erklärt die Mitarbeiterin der Zittauer Stadtverwaltung. Dabei sei die erste eigene Klangreise für sie ganz furchtbar gewesen. Sie habe gezittert, geweint, gefroren, erinnert sich Dagmar Köhler daran. Aufgegeben hat sie dennoch nicht. Und sie will die eigenen, guten Erfahrungen mit dieser Therapie auch an andere Menschen weitergeben. Im vorigen Jahr hat sie sich deshalb zur Klangschalentherapeutin ausbilden lassen. Zuerst praktizierte sie in einem relativ beengten Raum zu Hause. Um aber auch mit Gruppen arbeiten zu können, musste etwas Größeres her.
Ihr Mann Thomas brachte sie schließlich auf die ehemalige Försterei in Wittgendorf. Der Installateur für Solartechnik hatte ganz in der Nähe des 170 Jahre alten Gebäudes zu tun. Die Kunden machten ihn auf die Försterei aufmerksam. Die ganze Schönheit des Objektes war auf den ersten Blick nicht zu erkennen, denn Unkraut und anderer Wildwuchs hatten alles verdeckt. Die letzte Försterin war schon vor Jahren ausgezogen. Das riesige Haus unweit des Wittgendorfer Waldes zog die Köhlers dennoch in ihren Bann. „Zum Glück haben wir eine Bank und gute Handwerker gefunden, die unser Konzept akzeptierten“, erzählt Dagmar Köhler. Insgesamt 25 Container füllten sich mit dem Schutt, den sie und ihre zahlreichen Helfer aus dem ehemaligen Forsthaus geholt hatten. Mittlerweile hat das Gebäude das „strahlende Gesicht“ früherer Zeiten zurück. „Auf dem Grundstück befindet sich die beste Trinkwasserquelle weit und breit“, berichtet Thomas Köhler. Das Wasser schmecke wunderbar weich, schwärmt er. In Wittgendorf wurde der Umbau der alten Försterei interessiert verfolgt. Als die Köhlers vor Kurzem zu einem Tag der offenen Tür ins „Klanghaus“ eingeladen hatten, kamen gut 150 Besucher. Viele waren froh, dass das markante Gebäude wieder mit Leben erfüllt wird.
Fertig sind Köhlers mit dem alten Forsthaus aber noch lange nicht. Das Untergeschoss ist noch eine Baustelle. Die Räume könnten, so ihre Vorstellungen, von einem Heilpraktiker genutzt werden. Aber auch andere Nutzer, die zum Konzept des Hauses passen, können sie sich vorstellen.
Die obere Etage ist deutlich weiter vorangeschritten. Der Blick in die Natur ist von hier besonders schön. Aus diesem Grund hat Thomas Köhler einen Balkon anbringen lassen, damit auch die Menschen, die sich von seiner Frau behandeln lassen, den Ausblick in vollen Zügen genießen können. So wird er mehr oder weniger Teil der Therapie. In dem größten Raum, der von einem Ende zum anderen gut zehn Meter misst, behandelt Dagmar Köhler nun ihre Klienten mit der Klangschalentherapie nach Walter Häfner – immer dann, wenn sie nicht im Zittauer Rathaus arbeitet. Seit ihrer Erkrankung hat sie das Arbeitspensum in der Verwaltung auf einige Stunden in der Woche zurückgefahren.
Die Klangmassage dauert eine halbe Stunde und ist die kürzeste Therapie, die Klangreise ist eineinhalb Stunden lang. In einem Vorgespräch erfährt die Therapeutin, unter welchen körperlichen oder geistig-seelischen Symptomen die Klienten leiden. „Es gibt aber manche, die sich nicht gleich öffnen“, sagt Frau Köhler. Nach der ersten Klangreise ändert sich das meist.
Im Herbst will Dagmar Köhler noch eine QiGong-Ausbildung absolvieren. Es ist nicht die letzte Idee, die sie umsetzen wird.